Anlagekonzepte Megatrends mit Restrisiko

Anleger können mit Indexfonds auf Spezialthemen wie Robotik, den demografischen Wandel oder Innovationen im Gesundheitswesen setzen. Doch was auf den ersten Blick sinnvoll scheint, macht für Privatinvestoren wenig Sinn.

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Sich auf einzelne Branchen zu beschränken ist aus Sicht von Experten nicht sinnvoll. Quelle: Getty Images

Köln Vier neue börsengehandelte Indexfonds (ETFs) hat die Blackrock-Tochter iShares im September aufgelegt. Sie investieren mit unterschiedlichen Themen in Aktien. Mit dem ersten ETF können Anleger auf den demografischen Wandel setzen. Der zugrunde liegende Index enthält Aktien von Unternehmen, die von den Bedürfnissen einer alternden Bevölkerung profitieren können. Dazu zählen Firmen aus der Pharmabranche, spezialisierte Konsumgüterkonzerne und Unternehmen, die in der Seniorenbetreuung tätig sind.

Der zweite ETF setzt auf Innovationen im Gesundheitswesen, der dritte investiert in Aktien von Firmen, die von der Digitalisierung profitieren sollen. Mit dem vierten Neuling können Anleger auf Automatisierung und Robotik setzen. "Die ETFs nutzen Chancen, die sich aus langfristigen strukturellen Trends ergeben können", sagt iShares-Produktentwickler Tom Fekete.

Demografischer Wandel, Digitalisierung, Automatisierung - Investmentgesellschaften haben diese Entwicklungen als Megatrends identifiziert. Der Begriff wurde in den 1980er-Jahren von Zukunftsforscher John Naisbitt geprägt. Megatrends sind nach seiner Definition nachhaltige Entwicklungen, die viele Länder oder Branchen erfassen und alle Bereiche der Gesellschaft beeinflussen. Auf den ersten Blick scheint es sinnvoll, sich an solchen Trends zu beteiligen. Anlageexperten raten trotzdem von einem Investment in Themenfonds ab.

Für Privatanleger sei es nicht sinnvoll, sich beim Investieren auf einzelne Branchen zu beschränken, sagen sie. Genau das tun die meisten Megatrend-ETFs. Indexfonds, die vom demografischen Wandel profitieren sollen, legen ein starkes Gewicht auf Pharma-Titel. ETFs, die auf Robotik setzen, investieren in Aktien von Firmen aus diesem Bereich. Branchen-Investments sind riskant, weil bei schlechten Nachrichten oft die Kurse aller Konzerne fallen. Themen-ETFs vernachlässigen also die Diversifikation.


Oft nicht klar, wie sich ein Trend entwickelt

Außerdem lässt sich schwer sagen, welche Trends sich durchsetzen. Nur weil ein ETF-Anbieter einen Megatrend erkennt, heißt das nicht, dass es einer ist. So galt etwa Logistik als Zukunftsbranche. Die Idee: Weil immer mehr im Internet bestellt und per Post ausgeliefert wird, sind Logistik-Dienstleister attraktiv. Das Kalkül ging nicht auf.

Auch ist nicht immer klar, in welche Richtung sich ein Trend entwickelt. Viele aktiv verwaltete Fonds, die von der Digitalisierung profitieren sollen, sind in den 90er-Jahren als Telekommunikationsfonds gestartet. Heute finden sich neben Aktien von Vodafone oder AT&T auch Facebook-Anteilsscheine in den Portfolios.

Auch in Technologiefonds hat sich der Siegeszug des Internets bemerkbar gemacht. Aktive Fondsmanager können auf solche Entwicklungen leicht reagieren, ETFs nur schwer. Entwickelt sich ein Trend anders als gedacht, muss der zugrunde liegende Index gewechselt werden oder der Index neu zusammengestellt werden.

Ungeachtet der Schwierigkeiten bieten ETF-Gesellschaften inzwischen gerne Produkte an, die sich auf einzelne Trends, Themen oder Branchen fokussieren. Die Produkte lassen sich gut vermarkten. Bei der Deutsche-Bank-Tochter DB X-Trackers können Anleger ETFs kaufen, die die Entwicklung von Aktien aus der chinesischen Gesundheits-, Finanz-, Energie- oder Immobilienbranche nachbilden. Beim französischen Anbieter Amundi können Anleger gezielt in Immobilien- oder Luxusgüterindizes investieren.

Der französische ETF-Anbieter Lyxor bietet einen Indexfonds an, mit dem Anleger in die Wasserindustrie investieren können. Er bildet den Index SGI World Water ab, der Aktien von Firmen enthält, die im Bereich Wasserkraft tätig sind oder Dienstleistungen rund ums Wasser anbieten. Zu den Top-Werten im Index gehören der Versorger American Water Works, der Sanitär- und Rohrleitungskonzern Geberit und das Abwasserunternehmen Veolia.


Scharia-konforme ETFs für gläubige Muslime

Weil der ETF synthetisch aufgebaut ist, seine Performance also über Tauschgeschäfte erwirtschaftet, hat er andere Aktien im Portfolio als der Index. Zu den größten Positionen im Fonds zählen Anteilsscheine von Daimler, der Allianz, dem Rückversicherer Münchener Rück und Adidas.

Sinnvoll sind Themen-ETFs aber etwa für gläubige Muslime, die nach islamischen Vorschriften investieren. Viele Indexfondsgesellschaften bieten Scharia-konforme ETFs an. In den Indizes, die die Fonds nachbauen, sind kaum Finanzaktien vertreten. Grund: Fast alle Banken machen Zinsgeschäfte, und diese sind nach strenger islamischer Regelauslegung verboten. In einem Scharia-ETF von iShares haben Finanzwerte ein Gewicht von unter einem Prozent. Energie-, Konsumgüter- und IT-Aktien sind dagegen stark vertreten.

Wer bei der Anlage ein günstiges Rendite-Risiko-Profil anstrebt, sollte auf Themen-ETFs verzichten - oder sie höchstens als Beimischung einsetzen. Unter Rendite- und Diversifizierungsgesichtspunkten sind thematische Investments nicht sonderlich sinnvoll. Anleger müssen keine Angst haben, etwas zu verpassen: Sollte ein Investmentthema tatsächlich zum Megatrend werden, finden sich die großen Spieler früher oder später auch in den breiten Marktindizes wieder.

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