Bram Cohen » Der US-Programmierer verändert mit seiner Erfindung das Film- und Fernsehgeschäft.
Die Welt verändern wollte der 30-jährige Bram Cohen nicht. Schon gar nicht ein eigenes Unternehmen gründen. Nur das Rätsel knacken, wie man große Datenmengen rasch, billig und elegant über das Internet verteilt. Die Lösung des Programmierers aus San Francisco ist so populär, dass sie momentan ein Viertel des gesamten Internetverkehrs erzeugt und rund 50 Millionen Nutzer weltweit mit Spielfilmen, Fernsehserien, Spielen und Software versorgt.
Cohens Kreation Bittorrent zerlegt große Dateien wie beispielsweise abendfüllende Spielfilme in kleine Programmhäppchen. Danach werden die Fragmente wie ein Schwarm über das Internet verteilt und auf den Computern der Bittorrent-Nutzer geparkt. Und je mehr Inhalte ein Nutzer selber anbietet, desto schneller kann er andere Sachen herunterladen. „Das unterminiert das Fernsehlizenzgeschäft, DVD-Verkäufe und Werbung“, warnt Sanford-Bernstein-Analyst Craig Moffett. Die Verluste Hollywoods durch illegale Internetkopien von Spielfilmen werden in diesem Jahr auf rund eine Milliarde Dollar geschätzt. Bittorrent-Erfinder Cohen müsste für die mächtige US-Film und -Fernsehbranche eigentlich Feind Nummer eins sein. Doch die hat den als etwas sonderlich bekannten Eigenbrötler bisher verschont. Denn Cohen warnt ausdrücklich vor dem Herunterladen urheberrechtlich geschützten Materials. Zudem wird sein Programm zunehmend für legale Zwecke eingesetzt. Unternehmen wie Sun, Linspire und Red Hat nutzen Bittorrent, um Software an ihre Kunden zu verteilen. Der US-Wagnisfinanzierer David Chao hält Bittorrent für so attraktiv, dass er kürzlich 8,75 Millionen Dollar in das Unternehmen investiert hat. Er will den Service Medienunternehmen als attraktiven Vertriebskanal anbieten und über Gebühren und Werbeeinnahmen finanzieren. In Hollywood reift die Erkenntnis, dass man lieber eigene Verteilnetze auf der Basis von Bittorrent aufsetzen und vermarkten sollte, bevor es andere tun – und zwar nicht nur Piraten, sondern auch Google, Yahoo oder Microsoft, die Medienunternehmen dann ihre Standards diktieren könnten.
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