Adolf Merckle und die Finanzkrise Ratio-arm auch bei den Hohenzollern

Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Unternehmers Adolf Merckle haben auch Auswirkungen auf einen blaublütigen Maschinenbaukonzern, die Firma Zollern aus Sigmaringen.

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ARCHIV - Der Unternehmer Adolf Quelle: dpa

Adolf Merckle braucht etwas, von dem man bisher glaubte, dass er es säckeweise hat: Geld.

Merckle benötigt laut Agentur Bloomberg akut einen Kredit in Höhe von 1,1 Milliarden Euro. Die Verhandlungen gestalten sich bisher schwierig, Federführung im Merckle-Kreditgeschäft soll auch die Royal Bank of Scotland haben, so schreibt das Handelsblatt.

Und diese Bank ist in der Finanzkrise selber mächtig in die Klemme geraten – auch eine Landesbürgschaft scheint in weite Ferne gerückt, Merckle soll mit VW-Aktien auf sinkende Kurse spekuliert haben.

Doch die Aktien gingen in die andere Richtung, und der mächtige Teilhaber der Arzneimittelunternehmen Ratiopharm und Phoenix sowie dem Baustoffriesen Heidelberg Cement hat sich verzockt. Zockern greift man im bescheidenen Schwabenland ungern unter die Arme.

In Branchenkreisen wird bezweifelt, ob die misslungenen Kursgeschäfte der einzige Grund sind für die Schieflage von Merckles Vermögensverwaltung VEM. Es gibt wohl auch handfestere Gründe, so wird gemunkelt.

Allein den Zementhersteller Heidelberg Cement, an dem die VEM 80 Prozent hält, drücken Schulden in Höhe von zwölf Milliarden Euro. Der Zukauf des britischen Konkurrenten Hanson war viel zu teuer geraten, das Unternehmen wird von internen Schwierigkeiten geschüttelt.

Merckle hat sich an Hanson offenbar verschluckt. Das zuzugeben, klingt nicht dem Finanzstrudel, in den sogar die sonst so schlauen Hedgefonds geraten sind – der vielleicht noch nach einem Kavaliersunglück im kapitalistischen Spielcasono aussehen, also auch irgendwie ehrenwert wirken könnte.

Bei Hanson sind dagegen echte unternehmerische Fehler gemacht worden, handwerkliches Missgeschick machen Merckle nun „ratio-arm“, wie ein Schwabe spöttelt. Alles sieht nach einem Notverkauf seiner Unternehmensanteile aus.

Darunter befindet sich auch ein so seltenes Stück wie das Unternehmen Zollern, das mit seinem zackigen Logo wie eine Krone aussieht.

Tatsächlich stammt es auch aus blaublütigem Besitz, aus dem Haus Hohenzoller-Sigaringen, einer Nebenlinie der Hohenzollern, die den letzten deutschen, wenig ruhmreichen Kaiser gestellt haben.

Umso besser laufen die Geschäfte bei Zollern.

50 Prozent an Zollern hält Erbprinz Karl Friedrich von Hohenzollern, der im Nebenberuf ein begnadeter Saxophonist ist.Die andere Hälfte hält Merckle, dessen ältester Sohn Ludwig dem Zollern-Beirat angehört und bisher maßgeblichen Einfluss auf das operative Geschäft geltend gemacht hat. Bisher mit großem Erfolg.

Das Unternehmen – 530 Millionen Euro Umsatz, 33 Millionen Euro Gewinn, 1200 Mitarbeiter – ist auch von der Automobilkrise betroffen.

Zollern stellt Turboladerräder her - das sind kleine Abgasturbinen, die die Leistung von Automotoren erhöhen. Diese werden jetzt weniger im sigmaringischen Laucherthal bestellt, dem Sitz von Zollern.

Aber die Technologieschmiede der Hohenzollern liefert auch Großturbinen für Kraftwerke, und die werden zur Zeit weltweit nachgefragt. Auch als Gleitlagerhersteller ist Zollern erfolgreich, sie werden für die MAN-Schiffsdieselmotoren geliefert. Und jedes zweite Schiff auf der Welt pflügt mit einem MAN-Zweitakter durch die Wellen. Bei Präzisionsgetrieben für Satellitentechnik hat Zollern einen Weltmarktanteil von 20 Prozent. Und auch die besonders leichte Pumpe für die Bordtoilette des Airbus kommen aus der Region südlich von Stuttgart.

Bisher war es ein offenes Geheimnis, dass Merckle Zollern gern vollständig übernommen hätte. Zu gut liefen die Geschäfte dort. Seit 1989 ist Merckle bei Zollern beteiligt, er stützte damals die kapitalklammen Fürsten, die auf der Burg Sigmaringen wohnen.

Doch nun hat sich das Blatt schlagartig gewendet: Während die Hohenzollern mittlerweile gut betucht sind, sie entnehmen jährlich 25 Prozent des Gewinns, ist plötzlich Merckle der Arme, der sich schneller als dem Erprinzen lieb ist, von seiner hochherrschaftlichen Beteiligung trennen könnte.

Wer dann bei Zollern einziehen könnte, ist offen. Ein Hedgefonds vielleicht, der eine Chance wittert, wieder Fuß zu fassen – und dass bei einer Perle des deutschen Mittelstands? Die Geschichte von Zollern ist über 300 Jahre alt.

Sie würde das Kurzfristdenken von Heuschrecken auch noch überdauern.

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