Aktien und Anleihen Börse 2010: Was hält, was fällt

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Tabelle: Prognose für Dax-Werte

Billiges Geld der Notenbanken und staatliche Konjunkturprogramme wie die Abwrackprämie und milliardenteure Infrastrukturprojekte retteten die Konjunktur vor dem Absturz ins Bodenlose. Aber viele staatliche Programme laufen 2010 aus – oder ihre Wirkung wird nachlassen. „Die Konjunktur wird relativ schwach wachsen, etwa um zwei Prozent, die Frage ist, ob sich daraus steigende Unternehmensgewinne und Umsätze ableiten lassen“, sagt Analyst Tammo Greetfeld von UniCredit. 2009 haben viele Unternehmen mehr Gewinn ausgewiesen als befürchtet; meist aber nur, weil sie Kosten gespart haben. Demgegenüber blieben Umsätze und Auftragseingänge sogar hinter den ohnehin schwachen Erwartungen zurück – in manchen Branchen sind sie zweistellig eingebrochen –, insgesamt keine guten Aussichten fürs kommende Jahr.

Trotzdem rechnen die Analysten im Durchschnitt etwa für die 50 Unternehmen im Euro Stoxx 2010 schon wieder mit gut 80 Prozent mehr Gewinn als 2009. „Die Gewinnschätzungen sind in der Tendenz zu hoch; sie dürften im Laufe des Jahres nach unten korrigiert werden“, sagt Teun Draaisma, Chefstratege Europa von Morgan Stanley; er erwartet 2010 eine Korrektur, wenn auch nicht bis auf die alten Tiefststände vom März 2009.

Rekordjagd bei Anleihen passé

Trotz der durchwachsenen kurzfristigen Aussichten sind Aktien mit hoher, stabiler Dividende aber langfristig attraktiv, so die Aktie der Deutschen Telekom mit aktuell mehr als sieben Prozent Dividendenrendite. Mit Fresenius Medical Care oder K+S kaufen sich Anleger in solide Unternehmen ein, die von langfristigen Trends wie Nahrungsmittelknappheit oder Alterung der Bevölkerung profitieren dürften. „Wer solche Papiere kauft, hat unter Chance/Risiko-Gesichtspunkten nicht das schlechteste Langfrist-Investment, zumal, wenn auch noch die Dividende stimmt, er muss aber zwischenzeitliche Rückschläge im zweistelligen Prozentbereich notfalls verkraften“, sagt Christoph Riniker, Stratege bei Julius Bär.

Alternativen zur Aktie sehen dagegen immer weniger verlockend aus. 2009 war seit einer Generation das beste Jahr für Zinspapiere. Mit den Bonds sicherer Schuldner waren leicht zweistellige Erträge zu erzielen, einige Anleihen finanzschwacher Unternehmen verdoppelten sich sogar. Wer sich etwa im Dezember 2008 eine neue Metro-Anleihe mit Laufzeit bis 2013 zulegte, sitzt auf einem Plus inklusive Zins von 30 Prozent. Vor Jahresfrist rentierte eine Metro-Anleihe mit knapp neun, heute mit nur noch 3,4 Prozent. „Der Markt ist – was weitere Kursavancen betrifft – ziemlich ausgereizt“, sagt Eugen Keller, Rentenstratege vom Bankhaus Metzler.

Auch bei Staatsanleihen erwarten Experten keine weiteren Kursgewinne, die die Renditen weiter drücken würden. „Wir denken, dass die aktuelle Verzinsung von 3,1 Prozent das Tief für die kommenden zwölf Monate markiert und im Jahresverlauf die Renditen auf bis zu vier Prozent steigen könnten“, sagt Folker Hellmeyer, Chefanalyst der Bremer Landesbank.

Auch 2010 niedrige Zinsen

Bei höheren Renditen und damit niedrigeren Kursen dürften dann aber Großanleger kaufen und so die Kursverluste durch stärkere Nachfrage begrenzen. Lebensversicherer etwa müssen ihr Geld zu wenigstens 3,6 Prozent anlegen, um Kundenansprüche bedienen zu können. Es sei deshalb „gut denkbar, das sie in steigende Renditen hineinkaufen und den Markt stützen“, sagt Keller.

Das größte Risiko für Anleihen ist Inflation. Sollten die Preise deutlich steigen, würde dies zu einem Kursrutsch am Rentenmarkt führen. Keller von Metzler mag daran noch nicht glauben. „Die Kapazitäten in der Industrie sind nach wie vor sehr schwach ausgelastet. Wir glauben daher nicht, dass im kommenden Jahr Preisdruck über die Gütermärkte entsteht. Im Gegenteil.“ Deshalb würde die Europäische Zentralbank beim Zins auch „höchstens kosmetische Korrekturen bei der Liquidität vornehmen“. Sparer müssten dann noch lange mit wenig mehr als einem Prozent Tagesgeld-Zins leben. Vielleicht kaufen einige dann doch Aktien.

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