Aktienrally Angst vor kletternden Kursen

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Die Frankfurter Bankenskyline, Quelle: dpa

Der nach der Lehman-Pleite im vergangenen Herbst zusammengebrochene Geldhandel der Banken untereinander hat sich wieder normalisiert, die Zinsen sind unten. Doch das Geld der Notenbanken ist noch im Bankensystem. "Das nutzen die jetzt, um auf eigene Rechnung Assets zu kaufen, darunter natürlich auch Aktien", sagt Bert Flossbach, Chef des zweitgrößten unabhängigen Vermögensverwalters in Deutschland und Ex-Banker von Goldman Sachs.

"Wenn man den Banken beliebig viel Kapital zu Billigstkonditionen zur Verfügung stellt, darf man sich nicht wundern, wenn diese das Geld zu teils spekulativen Geschäften nutzen, um anderswo höhere Renditen einzufahren", meint Hüfner, "die Europäische Zentralbank sieht das nicht gerne, kann die Banken aber auch nicht zwingen, riskante Kredite zu vergeben."

Treibstoff Liquidität wird zum Problem

Getrieben wird die Börse auch von sogenannten Carry Trades: Hedgefonds und Banken verschulden sich billig in Währungen mit niedrigen Zinsen, wie Yen oder Dollar, "und kaufen damit riskantere, renditestärkere Assets, auch Aktien, im großen Stil", so Nouriel Roubini, Wirtschaftsprofessor an der University of New York. Die Befürchtung: Carry Trader treiben die Kurse weiter; sobald die Zinsen in Yen oder Dollar aber wieder steigen, werden die Geschäfte aufgelöst. Aktien kämen auf die Verkaufsliste, damit Trader ihre Kredite zahlen können – die Blase endet im Crash.

Anleger können sich nicht darauf verlassen, dass der Treibstoff Liquidität auch 2010 die Kurse ununterbrochen weiter nach oben bringt. Kurzfristig werden die Notenbanken die Zinsen auf niedrigem Niveau belassen. Mit zunehmend robusterer Konjunktur aber müssen sie versuchen, die immense Liquidität wieder einzusammeln. Sonst rauschen die westlichen Volkswirtschaften ungebremst in die Inflation. "Der Entzug von Liquidität trifft dann zunächst die Banken", sagt Hüfner, "sie haben dann weniger Geld für den Eigenhandel" – und damit auch weniger für Aktien.

Angst vor neuer Blase wächst

Ein gewaltiges Problem werden auch Unternehmen in der Hand von Private-Equity-Fonds bekommen. Finanzinvestoren haben den Unternehmen in ihrem Besitz zusammen mehr als 1000 Milliarden Dollar Schulden aufgeladen, die von 2011 an refinanziert werden müssen. Wenn die Zinsen steigen, könnte laut Berechnungen des US-Autors Josh Kosman die Hälfte dieser Unternehmen bis 2015 pleitegehen – eine Katastrophe, die durchaus vergleichbar wäre mit dem Subprime-Debakel.

Für Anleger, die den Liquiditätsbullen noch eine Weile reiten wollen, dürfte es schwierig werden, den perfekten Zeitpunkt für den Absprung zu erwischen. Alexander Seibold, früher Chef des Anleihehandels der HypoVereinsbank und heute Vermögensverwalter, fürchtet einen "erheblichen Rückschlag", wenn die Zentralbanken mit dem Geldentzug ernst machen. "Liquiditätsgetriebene Rallys laufen länger und weiter, als die Pessimisten glauben wollen", sagt der Bayer "aber sie enden so gut wie nie glimpflich im schönen, selbsttragenden Aufschwung."

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