Aktienrally Angst vor kletternden Kursen

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Was Anleger beunruhigen sollte: Die Kapazitätsauslastungen in der Industrie sind in den meisten Ländern nach wie vor auf Rezessionsniveau, die Erholung reicht nicht, um alle Werke unter Dampf zu setzen. Daimler etwa könnte leicht 30 Prozent mehr Automobile produzieren.

Gelingt in naher Zukunft keine zweistellige Umsatzsteigerung, dürfte der Konzern kaum mehr verdienen als im dritten Quartal dieses Jahres, als netto 41 Millionen Euro hängenblieben, nach über zwei Milliarden Verlust im ersten Halbjahr.

Trotz Krise haben einige Konzerne den Sprung in die schwarzen Zahlen geschafft – meist jedoch nur wegen Kostensenkungen. Werkschließungen und Entlassungen helfen zwar, Umsatzrückgänge um die 20 Prozent wie bei Daimler, Siemens oder BASF auszugleichen. Doch um an die Rendite-Träumereien der Börsianer heranzureichen, müssten die Umsätze steigen – und zwar um ein Mehrfaches stärker als die Weltwirtschaft.

Banken haben Finanzkrise noch lange nicht verdaut

Hinzu kommt: Die Banken haben die Finanzkrise noch lange nicht verdaut. Zwar weisen viele Großbanken wieder Gewinne aus. Diese stammen aber zum größten Teil nicht aus dem Kredit- und Einlagengeschäft, sondern aus Anlagen an den Kapital- und Rohstoffmärkten, aus der Platzierung von Unternehmensanleihen und aus für die Banken günstigen Bilanzänderungen, die die eigentlich gebotenen Abwertungen verhindert haben.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) schätzt, dass die europäischen Banken erst rund 40 Prozent der Verluste aus Krisen-Wertpapieren in ihren Bilanzen verarbeitet haben. Weltweit könnten in den kommenden zwölf Monaten noch 1000 Milliarden Dollar an neuen Abschreibungen auf die Branche zurollen; Europas Banken allein bräuchten dann noch einmal 380 Milliarden Dollar an frischem Eigenkapital, so der IWF. An die undurchsichtigen Bankaktien sollten sich private Anleger also besser nicht wagen.

Aktien mit Vorsorgecharakter

Wer jetzt noch Geld anlegen möchte, sollte sich Aktien von Unternehmen suchen, deren Geschäfte eher Versorgercharakter haben. Etwa Biotech- und Laborzulieferer wie Qiagen, Biotest und Sartorius, oder Aktien der Deutschen Telekom und RWE. Konjunkturabhängige Werte aus der zweiten Reihe sind zwar riskanter, bieten dafür aber höheres Kurspotenzial, etwa der Motorenhersteller Deutz oder der Maschinenbauer Bauer. Eine hohe, sichere Dividende bietet der Modeschmuckvertrieb Bijou Brigitte. Der Personalsoftwarehersteller Atoss überzeugt mit starken Cash-Zuflüssen.

Wer es sicherer mag, kauft dividendenstarke Werte mit stabilen Bilanzen: "Aktien wie Nestlé, Total, Shell oder France Télécom rentieren höher als die Anleihen hoch verschuldeter Firmen, das Risiko ist eher geringer", sagt Vermögensverwalter Flossbach, "am Anleihemarkt dagegen haussiert Schrott; Anleger blenden die Risiken dort vollständig aus."

Das billige Geld der Notenbanken hat eben nicht nur an der Aktienbörse die Preise verdorben.

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