Amerika 2008: Es wird kälter

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Stellen Sie sich vor, Ihr Chef gibt bei der Weihnachtsansprache folgenden Satz von sich: "Betrieblich sind wir bankrott, wenn auch nicht technisch!" Mit exakt diesen Worten hat Chrysler-Vorstandschef Robert Nardelli das alte Jahr verabschiedet und seinen Ingenieuren herzlich wenig Hoffnung (und noch weniger Lust) auf 2008 gemacht.

Die etwas andere Neujahrsbotschaft des kernigen Sanierers, der neuerdings an den New Yorker Finanzinvestor Cerberus berichtet, kann in verschiedene Richtungen interpretiert werden. Berufsoptimisten werden sagen: "Nardelli hat Recht, es kann nur besser werden." Betriebsräte werden denken: "Der Chef hat sie nicht alle, eine Pleite an die Wand zu malen." Am Ende indes kommen beide Lager zur gleichen Erkenntnis: 2008 wird ungemütlich - das gilt für die marode US-Autoindustrie und Chrysler im Besonderen, aber auch für zahlreiche andere Firmen in Private-Equity-Hand.

Nardellis Bankrott-Spielerei ist Drohkulisse und Ausweis der neuen Verunsicherung bei Finanzinvestoren zugleich. Viele Übernahmen aus den Boomjahren der Billigschulden waren finanzielle Drahtseilakte, die für Krisenzeiten kaum und für eine befürchtete Rezession in den USA schon gar nicht taugen: Einige Firmen auf dem Seil taumeln bedrohlich, die ersten sind schon abgestürzt: Standard & Poor´s zufolge befand sich etwa die Hälfte aller US-Unternehmen, die im Vorjahr ihren Schuldendienst nicht mehr bedienen konnten, im Eigentum von Finanzinvestoren.

Das vorläufige Aus für die bisher so erfolgreiche "Strip and Flip"-Strategie - das zügige Schleifen und Weiterverkaufen von Firmen - lässt Private-Equity-Managern in Zeiten der Kreditklemme keine andere Wahl, als sich um die Niederungen des Kerngeschäfts zu kümmern: Die hohen Schuldenberge müssen dringend abgebaut, die Kosten noch weiter beschnitten werden, obwohl viele Belegschaften bereits - siehe Chrysler - so dünn sind wie nie zuvor. Das unterscheidet die Jobabbau-Programme früherer Jahre von den Schmerzen 2008.

Unverblümt hätte Chrysler-Chef Nardelli seiner Belegschaft also auch sagen können: "Erwarten Sie, liebe Arbeitnehmer, weitere radikale Einschnitte, so lange unser Eigentümer Cerberus im Zuge der Kreditkrise keine Firmenteile verhökern kann."

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