Bankensektor Die Schnäppchenjagd hat begonnen

IKB, SachsenLB, Northern Rock - die Namen stehen für Banken, die die Krise an den Finanzmärkten an den Rand des Zusammenbruchs getrieben hat. Und sie zeigen, dass die Flucht in die Arme eines neuen, finanzstarken Eigentümers meist als einziger Ausweg bleibt. Experten sind sich deshalb sicher: Die Fusionswelle im Bankensektor dürfte im kommenden Jahr noch an Fahrt gewinnen.

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Auch die IKB wird im kommenden Jahr unter den Hammer kommen. Quelle: ap

FRANKFURT. "Die Krise wird weltweit wie ein Teilchenbeschleuniger auf die Konsolidierung im Finanzsektor wirken", sagt Theodor Weimer, Leiter des Investment-Bankings bei der italienischen Großbank Unicredit. "Das gilt insbesondere in Deutschland, wo die Konsolidierung längst überfällig ist."

Der Grund liegt in den milliardenschweren Wertberichtigungen, mit denen viele Institute kämpfen. Beispiel Citigroup: Die größte Bank der USA hat allein im dritten Quartal als Folge der Subprime-Krise Wertberichtigungen von 6,5 Mrd. Dollar verbucht, zusätzliche elf Mrd. Dollar sind bereits angekündigt. Im Zentrum stehen dabei insbesondere forderungsunterlegte Anleihen ("Asset Backed Securities") sowie komplexe Investmentvehikel wie CDOs ("Collateralized Debt Obligations").

Zwar sind die realen Ausfälle in dieser Anlageklasse bislang gering. Doch die US-Subprime-Krise hat die Investoren so verunsichert, dass die Papiere - wenn überhaupt - nur noch mit kräftigen Preisabschlägen gehandelt werden. Diese müssen auch in den Bilanzen berücksichtigt werden. Rund um den Globus hat dies bislang in der Branche zu Abschreibungen von etwa 75 Mrd. Dollar geführt. Experten schätzen das notwendige Gesamtvolumen mit über 300 Mrd. Dollar aber auf ein Vielfaches. "Ich glaube, dass wir auch in den kommenden Monaten weitere große Zahlen sehen werden", sagt Rating-Experte Thomas von Lüpke von Fitch. "Die Turbulenzen sind noch nicht vorbei."

In der Folge dürfte der Branche im kommenden Jahr das Schlimmste erst noch bevorstehen. Und Analysten sind sich einig, dass dabei nicht alle die anstehenden Lasten schultern können. Denn ist der Gewinn aufgezehrt, werden die Abschreibungen mit dem Eigenkapital verrechnet. Im Extremfall droht die Pleite.

Wie immens die Kapitalnot mancher Häuser ist, zeigt ein Blick auf die US-Investmentbank Merrill Lynch. Deren Ex-Chef Stanley O´Neal verhandelte angesichts von milliardenschweren Belastungen sogar den Zusammenschluss mit dem Konkurrenten Wachovia - wurde dann jedoch geschasst. "Nach einem solchen Umbruch erkennen Gesellschaften, dass sie, um wettbewerbsfähig zu bleiben, mehr Gewicht, mehr Kapital und Zugang zu einer guten, langfristigen Finanzierung brauchen", resümierte kürzlich JP-Morgan-Chef Jamie Dimon und schlussfolgerte: "Ich glaube, wir werden in den USA und auch in Deutschland eine Menge großer Fusionen sehen."

Hinzu kommt, dass Kredite - anders als vor der Krise - nicht mehr an Investoren verbrieft werden können. Sie bleiben nun in der Bilanz und müssen mit Eigenmitteln unterlegt werden. Folglich dürfte die Kapitaldecke auch für die eine oder andere Bank knapp werden, die nicht mit Abschreibungen kämpft. So sehen etwa die Analysten von Sal. Oppenheim den Wiesbadener Immobilienfinanzierer Aareal trotz eigentlich guter Aussichten als Übernahmekandidaten. Denn nur mit einer Finanzspritze sei das Institut in der Lage, künftig ausreichend zu wachsen. Wer jetzt zuschlage, könne sich über eine ordentliche Rendite freuen, heißt es.

Vollzug melden kann man indes in Leipzig: Dort einigte man sich noch kurz vor Jahresende auf den Kauf der SachsenLB durch die weitaus größere Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Auch die Düsseldorfer IKB wird im kommenden Jahr unter den Hammer kommen, der Ausstieg der staatlichen Förderbank KfW ist beschlossene Sache. "Wenn sich die Krise fortsetzt, dann wird der Zusammenschluss mit einem starken Partner häufig die einzige Möglichkeit sein, um die Krise zu überstehen", sagt Investmentbanker Weimer. "Die Alternative dürfte der Einstieg von Investoren sein, Stichwort: Private Equity und Staatsfonds."

Wer auch immer zugreift - Finanzkonzerne sind derzeit Schnäppchen. Über den Daumen gepeilt hat sich ihre Marktkapitalisierung seit Beginn der Krise weltweit um 1 500 Mrd. Euro verringert.

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