Berichte über 160 Tote Unruhen in Kenia fordern immer mehr Opfer

Die Unruhen in Kenia fordern immer mehr Menschenleben. Medien berichten von landesweit mehr als 160 Toten. Die USA und Großbritannien drängen auf eine Untersuchung der umstrittenen Wahl in Nairobi. Auch die kenianische Wahlkommission äußert Zweifel an der ordnungsgemäßen Auszählung und dem Sieg von Präsident Mwai Kibaki.

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Anhänger beider politischer Parteien randalierten in ganz Kenia. Quelle: dpa

HB NAIROBI. Der Streit um das Ergebnis sollte im Rahmen der Verfassung und der Gesetze gelöst werden, hieß es aus Washington. Ein Sprecher der britischen Regierung forderte die Regierung und die Opposition auf, zum Wohle des Volkes zusammenzuarbeiten.

Seit der Wahl ist es in Kenia zu schwerer Gewalt gekommen. Die kenianische Zeitung "The Standard" berichtete in ihrer Internetausgabe vom Dienstag von landesweit mehr als 160 Toten.

Amtsinhaber Präsident Mwai Kibaki war am Sonntag als Sieger ausgerufen und sofort für eine zweite Amtszeit vereidigt worden. Herausforderer Raila Odinga wies das Wahlergebnis als gefälscht zurück und forderte eine Neuauszählung. Auch die Wahlbeobachter der Europäischen Union und die US-Botschaft in Nairobi sprachen von einem unglaubwürdigen Ergebnis.

Die Wahlkommission hatte Kibaki am Sonntagabend mit 230 000 Stimmen Vorsprung vor Odinga zum Wahlsieger erklärt. Etliche Unstimmigkeiten bei der Auszählung konnten zu diesem Zeitpunkt nicht überprüft werden. Nach der Auszählung von 90 Prozent der Wahlkreise hatte noch Odinga in Führung gelegen.

Odinga kündigte für Donnerstag eine Massendemonstration in Nairobi an. Außer in Nairobi soll am Donnerstag auch in anderen Städten friedlich und mit schwarzen Trauerbändern demonstriert werden, kündigte Odinga am Montag an. Die Kundgebungen seien bereits bei der Polizei angemeldet worden. Odinga bezeichnete den Wahlsieg Kibakis als "zivilen Putsch". Gleichzeitig verurteilte er die Ausschreitungen seit den Wahlen am vergangenen Donnerstag.

Fast im ganz Land kam es nach dem Bericht des "The Standard" zu gewalttätigen Ausschreitungen. Die Zahl von mindestens 160 Toten sei von der Polizei genannt worden. Sie beziehe sich allein auf die am schwersten betroffenen Gebiete, schrieb die Zeitung.

Auch Mitglieder der Wahlkommission riefen zu einer Überprüfung der Stimmauszählung auf. Einige Berichte ließen Zweifel an der ordnungsgemäßen Auszählung aufkommen, hieß es in einer Erklärung der vier Wahlkommissare. Offensichtlich seien die Ergebnisse zugunsten der Präsidentenpartei "aufgebläht" worden. Die Wahl selbst sei nicht zu beanstanden gewesen.

Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon äußerte sich besorgt über die blutigen Unruhen in Kenia. Er forderte die Sicherheitskräfte am Montag auf, größtmögliche Zurückhaltung zu üben. An die Bevölkerung appellierte er, Ruhe zu bewahren und sich an die Gesetze zu halten. "Der Generalsekretär ruft alle politischen Parteien und Führer auf, ihre Differenzen friedlich im Dialog beizulegen und dafür alle bestehenden rechtlichen Mechanismen und Verfahren zu nutzen", erklärte ein Uno-Sprecher in New York.

Laut Rotem Kreuz ist die Sicherheitslage vor allem in den Slumgebieten von Nairobi angespannt. Im Armenviertel Korogocho in Nairobi wurden einem Augenzeugen zufolge 15 Menschen tot aufgefunden. In ein Krankenhaus in der Stadt Kisumu im Westen des afrikanischen Landes wurden 21 Leichen gebracht, die meisten davon mit Schussverletzungen. Augenzeugen zufolge drohte die Polizei Slumbewohnern in Nairobi zudem damit, sie zu erschießen, wenn sie ihre Häuser verließen.

Die Sicherheitsbehörden haben eine Nachrichtensperre verhängt. Rundfunk und Fernsehen dürfen seit Sonntagabend nicht live über die Ereignisse berichten. In seiner Neujahrsansprache zeigte sich Präsident Kibaki unbeeindruckt von der internationalen Kritik und kündigte harte Maßnahmen gegen gewaltsame Demonstranten an: "Das Land hat gerade eine frei und faire Wahl hinter sich. Meine Regierung wird entschlossen gegen jene vorgehen, die den Frieden stören." Dafür solle die Präsenz von Soldaten und Polizisten in ganzen Land ausgeweitet werden.

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