Auch das hat es seit fast 70 Jahren nicht mehr gegeben: Der Ertrag für kurzfristige US-Staatsanleihen rutschte jetzt ins Minus. Faktisch bedeutet das, dass Investoren eine Gebühr dafür bezahlen, nur damit der Finanzminister für kurze Zeit ihr Geld in Sicherheit bringt. Die Rendite für Staatspapiere mit einer Restlaufzeit von bis zu sechs Monaten muss man seit Monaten mit der Lupe suchen, teils rührt sich erst in der zweiten Nachkommastelle etwas.
Wer zu Beginn der Finanzkrise, als die Kurzfristzinsen noch bei drei Prozent lagen, sein Geld von den Börsen abgezogen hat und in Staatsanleihen steckte, ersparte sich nicht nur die Verluste mit Aktien, sondern kann sich heute über eine Gesamtrendite aus Kursgewinn und Zinszahlungen von über 15 Prozent freuen. Furcht war die Haupttriebkraft dieser Kapitalflucht.
Verschrecktes Geld versteckt sich auf dem amerikanischen Kapitalmarkt vor allem in Geldmarktfonds, wo rund 3800 Milliarden Dollar liegen, und in vielen von der staatlichen Einlagensicherung geschützten Festgeldanlagen bei Banken, die wiederum in Staatsanleihen investieren und deshalb ebenfalls nur Mini-Zinsen abwerfen. Irgendwann wird sich dieses scheue Geld wieder hervorwagen.
Wenn sich der Schockzustand löst, fließt wieder Kapital
Mit nur noch 1,6 Prozent Rendite auf fünf Jahre geben sich Investoren auf Dauer nicht zufrieden. Spätestens wenn sich der durch die Finanzkrise ausgelöste Schockzustand löst, wird Kapital wieder in aussichtsreicher erscheinende Anlagen fließen.
Gut möglich, dass wir in den vergangenen drei Wochen seit dem Novembertief an den Börsen zum ersten mal die Auswirkungen eines solch vorsichtigen Sich-Vortastens gesehen haben.
Denn obwohl es weiterhin keinen Mangel an schlechten Nachrichten gab – neuer Rekord bei den Arbeitslosenzahlen, ein miserables Weihnachtsgeschäft, weiter fallende Immobilienpreise, drohende Insolvenzen in der US-Autoindustrie –, zog das Börsenbarometer Dow Jones seit seinem Tiefstand von 7552 Punkten Mitte November kräftig an. In dieser Widerstandskraft sehen Optimisten die erhoffte Bodenbildung.
Auch viele Shortseller, die erfolgreich auf fallende Kurse spekulierten, haben mittlerweile kalte Füße bekommen. Heftige Aufwärtsbewegungen wie zuletzt können ihre Gewinne schnell in Verluste verwandeln. Und ein belastender Faktor für die Börsen wird möglicherweise überschätzt: Die Welle der Zwangsverkäufe von Hedgefonds, aus denen Anleger massenhaft ihr Geld abziehen, dürfte ihren Höhepunkt überschritten haben. Denn leicht in Cash zu verwandelnde Positionen – und das sind vor allem Aktien – wurden in der Not zuerst verkauft.