Einstweilige Anordnung beantragt Verfassungsbeschwerde gegen Datenspeicherung eingelegt

Einen Tag vor In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Vorratsspeicherung von Telefondaten haben Gegner am Montag beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Beschwerde eingereicht.

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Mobiltelefon vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe: In Sachen Vorratsdatenspeicherung sind nun die Richter am Zuge. FOTO: dpa Quelle: handelsblatt.com

HB BERLIN. Dies sei im Namen von zunächst acht Kritikern geschehen, sagte Rechtsanwalt Meinhard Starostik. "Dahinter stehen aber rund 30.000 Gegner, die mir ihre Vollmacht gegeben haben." In der 150 Seiten starken Beschwerdeschrift beantragten die Gegner auch, die Datensammlung wegen "offensichtlicher Verfassungswidrigkeit" durch eine einstweilige Anordnung sofort auszusetzen. Er gehe davon aus, dass das Gericht in den nächsten Wochen darüber entscheide und der Eilantrag Erfolg haben werde, sagte der Rechtsanwalt. Der Bremer Jurist Rolf Gössner, der zu den acht Erstbeschwerdeführern gehört, sprach von der größten Sammelbeschwerde in der bundesdeutschen Rechtsgeschichte. "Das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung ist letztlich ein Anschlag auf freie Kommunikation, auf Berufsgeheimnisse und Pressefreiheit", kritisierte Gössner.

Initiiert hatte die Verfassungsbeschwerde der "Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung". Er bemängelte, dass jeder Bürger grundlos wie ein potenzieller Straftäter behandelt werde. Es stelle einen gravierenden Eingriff in die Grundwerteordnung des Rechtsstaates dar, das Verhalten von 80 Millionen Bundesbürgern ohne jeden Verdacht einer Straftat aufzeichnen zu lassen. Außerdem drohe zum Beispiel Journalisten der Abbruch von Informationskontakten. In der Telefonseelsorge würden sich vermutlich weniger Menschen in Not melden. Mit der unbefangenen Kommunikation gehe die unverzichtbare Grundvoraussetzung eines demokratischen Staatswesens verloren.

Grünen-Chefin Claudia Roth, die sich nach eigenen Angaben der Verfassungsbeschwerde angeschlossen hat, erklärte, die Kritiker wendeten sich gegen die "immer neuen und ausufernden Überwachungspläne der schwarz-roten Bundesregierung". Der Bundestag hatte im November gegen den heftigen Widerstand der Opposition die Vorratsspeicherung von Telefondaten beschlossen. Ab 2008 soll zur Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus protokolliert werden können, wer mit wem in den letzten sechs Monaten per Telefon, Mobiltelefon oder E-Mail Kontakt hatte. Für eine Abfrage der Daten bei den Telekommunikationsunternehmen ist jedoch eine richterliche Genehmigung nötig. Ausgenommen sind einige Berufsgruppen wie Strafverteidiger und Geistliche. Die Ausnahme gilt nicht für Ärzte und Journalisten, wird von ihnen aber beansprucht.

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