Gewerbeimmobilien Wie US-Immobilien deutsche Banken gefährden

Seite 4/4

Offene Immobilienfonds mischen mit

Tabelle: Engagement deutscher Banken bei Gewerbeimmobilienkrediten

Auch deutsche Anleger sind in den USA mit von der Partie: Offene Immobilienfonds haben 3,7 Milliarden Euro in rund 50 Bürogebäude und Einzelhandelsobjekte investiert – vier Prozent der 92 Milliarden Euro, die die Fonds verwalten.

Allein der KanAm US-Grundinvest-Fonds hat zwölf US-Immobilien im Bestand. Die Anleger kommen zurzeit nicht an ihr Geld: Die Fondsgesellschaft nimmt keine Anteile von Anlegern zurück, weil die Liquidität knapp geworden ist und Immobilien in der Größenordnung von 150 bis 300 Millionen Dollar nur schwer verkäuflich sind. 2008 machte der Fonds noch 11,9 Prozent plus, 2009 rutschte die Rendite auf minus ein Prozent – primär wegen des gesunkenen Dollar-Kurses. Hohe Abwertungen von US-Objekten durch Sachverständige gibt es weder bei KanAm noch bei den anderen Fonds. Sie berufen sich darauf, dass ihre Gebäude langfristig und sicher vermietet seien.

Das gleiche Bild bei der Deutschen Bank: Der Immobilienfonds Grundbesitz Global, der rund 20 Prozent seines Vermögens in den USA investiert, beteiligte sich noch im Herbst 2007 an Apartmentblocks in Kalifornien. Deren Verkehrswerte in Euro wurden im Sommer 2009 zwar um rund zehn Prozent korrigiert – allerdings hat in dieser Zeit der Dollar gegenüber dem Euro ebenfalls in dieser Größenordnung nachgegeben.

Auch der UniImmo Europa von Union Investment hat bisher nur Währungsverluste korrigiert. Die Marke Europa führt hier in die Irre: 956 Millionen Euro, 15 Prozent des Fonds, stecken in US-Immobilien. Ein 50-stöckiges Bürohochhaus am Broadway stieg im Wert von Herbst 2008 bis Frühjahr 2009 mit dem damals anziehenden Dollar sogar von 369 Millionen auf 397 Millionen Euro. Der Fonds ist liquide, muss nicht verkaufen. Zum Test, ob die ausgewiesenen Preise tatsächlich gezahlt würden, kam es bisher nicht.

Wegschauen und Verlängern ist derzeit en vogue

Selbst wenn Abwertungen unvermeidlich scheinen, fallen diese sehr gemäßigt aus: Der TMW Pramerica Weltfonds verlor im Einkaufszentrum in Lady Lake in Florida Ende 2008 zwei Mieter durch Insolvenz. Zusammen brachten sie ein Viertel der Mieten. Im Juli wurde der Wert der Immobilie korrigiert – um 4,3 Prozent.

Was Bürotürme und andere Gewerbeobjekte in US-Städten tatsächlich noch wert sind, ist nicht einmal bei einem realisierten Verkauf eindeutig abzuschätzen. So brachte etwa der Hancock Tower, eine Top-Immobilie im Zentrum von Boston, die ein Spekulant 2006 für 1,3 Milliarden Dollar gekauft hatte, bei einer Auktion im vergangenen Frühjahr gerade noch 660 Millionen Dollar. Diese Summe könnte allerdings noch zu hoch sein, meint Mike Shedlock von der Investmentfirma Sitka Pacific Capital. Wenn man die günstige Finanzierung berücksichtige, mit der die kreditgebende Bank dem Käufer das Geschäft schmackhaft machte, liege der Preis bei 470 Millionen Dollar.

Die Taktik des Wegschauens und Verlängerns von Krediten — „Pretend and Extend“ — sei derzeit en vogue, sagt Aktienstratege David Kostin von Goldman Sachs: „Die Banken verlängern Kredite und tun einfach so, als ob die Mieten und Preise nicht stark gefallen wären.“ Dan Fasulo von Real Capital Analytics sieht das als „Möglichkeit, drohende Verluste zu verstecken und zu verschieben“.

Hinausgeschobene Abschreibungen

Die Vertuschungsstrategie wird sogar amtlich gefördert. Ende Oktober veröffentlichte die Bankaufsicht FDIC einen Leitfaden zur Bewertung von Krediten für Gewerbeimmobilien. Die Botschaft: Banken werden nicht gerügt, wenn sie Kredite verlängern und modifizieren, selbst wenn der Wert der als Sicherheit eingebrachten Immobilie gesunken ist und die Darlehen Schwachstellen haben.

Das Signal an Finanzchefs und Wirtschaftsprüfer der Banken könnte nicht klarer sein: Ihr dürft eigentlich zur Abschreibung fällige Werte noch eine Weile unberührt lassen. Ebenso klar das Motiv der Aufseher: Sie wollen ein weiteres Anschwellen der Pleitenwelle unter Regionalbanken verhindern.

Deutschen Banken dürfte das Augen-Zudrücken aber kaum helfen. „Die deutschen Wirtschaftsprüfer“, sagt ein Immobilienexperte „schauen bei den nächsten Jahresabschlüssen besonders genau hin.“

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%