Handelsblatt-Umfrage Ausblick 2008: Ein schöner Land

Die Finanzkrise kann die Mehrheit der in- und ausländischen Banken und Investmenthäuser nicht schocken: Die Institute starten mit leichtem Optimismus ins neue Börsenjahr. Ihrer Ansicht nach wird der Deutsche Aktienindex (Dax) in den kommenden zwölf Monaten etwas zulegen.

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Prognose: Welche Entwicklung die großen Bankhäuser für Dax, Bund-Rendite und die wichtigsten Devisenmärkte erwarten. Quelle: handelsblatt.com

FRANKFURT. Die erwartete Zinsentwicklung stellt eine kleine Belastung dar, da die Analysten und Volkswirte mit leicht anziehenden Renditen rechnen. Vom Dollar hingegen als einem wichtigen Faktor für die exportlastige deutsche Wirtschaft außerhalb des Euro-Raums dürfte eine leichte Entlastung kommen. Wie die Vorhersagen deutlich machen, soll die Notierung an den Devisenmärkten leicht sinken. Das ist das Ergebnis der großen traditionellen Umfrage des Handelsblatts unter insgesamt 34 Instituten (siehe untenstehende Links zu den beiden Tabellen).

Im Durchschnitt der Prognosen wird der Dax Ende des nächsten Jahres bei 8 567 Punkten gesehen. Das entspräche einem Kursgewinn von immerhin rund sieben Prozent gegenüber dem aktuellen Kursstand. Die erwartete Entwicklung der Zinsen dürfte den Optimismus leicht bremsen. Die Verzinsung zehnjähriger Bundesanleihen - sie gelten als das Stimmungsbarometer für den Euro-Rentenmarkt - wird Ende des nächsten Jahres bei 4,35 Prozent gesehen. Das entspricht aus heutigem Blickwinkel einem Anstieg um etwa einen halben Prozentpunkt. Den Kurs des Euros sehen die Analysten und Volkswirte bei 1,40 Dollar. Er wäre damit rund fünf Cent billiger als derzeit. Trifft die Prognose zu, kommt eine Entlastung der Unternehmenserträge von der Währungsseite. Für einen Dollar sollen zudem 112 Yen bezahlt werden. Das wären gerade einmal zwei Yen weniger als heute.

Bei ihrer Dax-Prognose für das laufende Jahr waren die befragten Institute deutlich zu zaghaft. Denn trotz der von bonitätsschwachen Hypothekendarlehen in den USA ausgelösten Finanzkrise, die die Märkte für Anleihen, Derivate und strukturierte Kredite in Turbulenzen versetzte, hielten sich die Aktienmärkte in den vergangenen zwölf Monaten ausgezeichnet.

Die Börse schließt das fünfte Jahr in Folge 2007 mit einem ordentlichen Kursplus. Im laufenden Jahr sind es rund 21 Prozent, nachdem der Index im vergangenen Jahr knapp 22 Prozent zugelegt hatte. Die Analysten und Volkswirte hatten für Ende dieses Jahres einen Stand von 7 027 Punkten im Dax vorausgesagt. Da ist der Abstand zum tatsächlichen Indexstand von über 8 000 Zählern ziemlich groß. Am Anfang der Finanzkrise im August hatte das nach einem Rückschlag anders ausgesehen, bevor es unter teilweise kräftigen Schwankungen wieder nach oben ging.

Neben der Finanzkrise hatten die Märkte noch einiges mehr zu verdauen: rasant anziehende Rohstoff- und Ölpreise, einen starken Euro und bis in den Sommer hinein steigende Zinsen. Die Europäische Zentralbank stellte eine im September geplante Zinserhöhung dann allerdings angesichts der Finanzkrise erst einmal zurück. Doch ein anhaltend kräftiges Wirtschaftswachstum und eine breite Welle von Fusionen und Übernahmen wie die Akquisition des britischen Zementherstellers Hanson durch Heidelberg Cement für über 18 Mrd. Dollar und die Übernahme von Siemens VDO durch den Autozulieferer Continental sorgten für große Aufmerksamkeit. Der Wert dieses Deals betrug fast 16 Mrd. Dollar. Mit 7 500 Punkten im Dax zum Ende 2007 kamen das Bankhaus Julius Bär und die Privatbanker Syz & Co der Realität noch am nächsten. Dagegen schoss die Helaba mit erwarteten 6 000 Zählern weit am Ziel vorbei.

Die mutigste Prognose für das nächste Jahr kommt erneut von der Privatbank Syz & Co mit prognostizierten 9 250 Punkten im Dax Ende 2008. Das entspräche einem satten Plus von knapp 15 Prozent. Nicht weit davon entfernt folgen mit HSBC Trinkaus und Pictet zwei Banken, die mit ihrer Vorhersage 2008 nur 50 Punkte hinter den Schweizern liegen. Mut zeigen auch die Bank of America und die Commerzbank mit erwarteten 9 100 Zählern.

Syz & Co bleibt zwar für das erste Halbjahr 2008 skeptisch gestimmt und rechnet mit starken Kursschwankungen an den Märkten sowie Belastungen durch die Subprime-Krise. Da die Analysten aber nicht mit einer US-Rezession rechnen und nur eine normale Verlangsamung in der Mitte eines Konjunkturzyklus erwarten, sagen sie einen Bullenmarkt im zweiten Halbjahr vorher. "Er zieht seine Nahrung aus den attraktiven Bewertungen sowohl in absoluten als auch in relativen (im Vergleich zur Anleiherendite) Maßstäben", urteilt die Bank. Und für HSBC Trinkaus werden weder die Sorgen über den Inflationsausblick noch die Befürchtungen einer starken Kreditverknappung Realität werden.

Für die Privatbanker bei Pictet wirkt sich unterstützend aus, dass die Preisentwicklung bei den Rohstoffen ihren Höhepunkt wohl überschritten hat. "Jedes Mal, wenn die Preise stark angezogen haben, wurde die Produktion deutlich erhöht, so dass nach drei bis fünf Jahren die Preise spürbar zurückkamen", meinen die Banker. Zudem sei die Stimmung am Markt derzeit extrem pessimistisch. Der viel beachtete Gallup Index of Investor Optimism, der im Sommer noch bei 94 Punkten gestanden habe, sei inzwischen auf niedrige 71 Punkte gefallen. Immer wenn er auf unter 70 Punkte gefallen sei, seien die Börsen hinterher gestiegen, beobachteten die Experten.

Die Bären unter den Instituten können einem derartigen Szenario nicht zustimmen. Sowohl BNP Paribas als auch Morgan Stanley sehen den Dax Ende 2008 bei 7 700 Zählern. Morgan Stanley zieht den Vergleich mit der Zeit zwischen den Jahren 1989 und 1992, wo sich das Umfeld vergleichbar präsentiert habe. In dieser Zeit sei es generell zu einer Seitwärtsbewegung der Kurse gekommen, mit immer wieder starken Korrekturen. Und BNP Paribas sieht die erwartete Abkoppelung von der Konjunktur als falsch an. Zudem werde die Kreditknappheit länger anhalten, und die zuletzt sehr schwachen Finanztitel würden auch den Dax drücken.

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