Investmentbanken Der endlose Streit um Bonuszahlungen

Den Investmentbanken geht es schlecht, deshalb streichen sie die Boni zusammen. Doch wirklich dramatisch Folgen wird das für die Banker wohl nicht haben, denn viele Institute haben ihre Gehaltsmodelle umgebaut.

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Schweizer Großbank UBS: Frische Munition für die Bonus-Kritiker Quelle: handelsblatt.com

Ferrari-Händler, Luxusrestaurants und Immobilienmakler in London, Frankfurt und New York müssen sich wohl oder übel auf härtere Zeiten einstellen. Wenn die Geldhäuser im kommenden Frühjahr die Boni für dieses Jahr auszahlen, wird es deutlich weniger euphorische Investmentbanker geben, die sich danach drängen, ihre üppigen Ausschüttungen unter das Volk zu bringen.

"Die Boni werden sich in vielen Fällen für das laufende Jahr halbieren", schätzt Andreas Halin, Partner bei der Personalberatung Global Mind. Ganz so dramatisch wird es für die Banker allerdings wohl doch nicht kommen, denn viele Institute haben ihre Gehaltsmodelle umgebaut.

Das ist eine Spätfolge der Finanzkrise, die Politiker und Regulierer zu dem Schluss brachte, dass exzessive Bonuszahlungen die Banker dazu verleitet hätten, zu hohe Risiken einzugehen. Deshalb hat sich die EU entschlossen, den Baranteil der Ausschüttungen für Spitzenbanker auf maximal 20 Prozent zu beschränken und die Geldhäuser zu verpflichten, mindestens 60 Prozent der Boni über mindestens drei Jahre zu strecken. Im Gegenzug haben viele Geldhäuser ihre Festgehälter deutlich aufgestockt, um bis zu 25 Prozent in den vergangenen zwei Jahren, schätzt ein Londoner Headhunter. Unter dem Strich werde sich das Minus auf den Gehaltskonten der Banker deshalb bei 25 bis 30 Prozent einpendeln, glaubt Personalberater Halin.

Goldman Sachs: 60 Prozent weniger Boni

Schuld an der relativen neuen Bescheidenheit ist die globale Flaute im Investment-Banking. Die Schuldenkrise in der Euro-Zone und die Angst vor einer neuen Rezession haben den Investoren den Appetit auf Risiko gründlich verdorben, folgerichtig brachen die Einnahmen und Gewinne der meisten Investmentbanken im dritten Quartal dramatisch ein. Wall-Street-Primus Goldman Sachs musste für die Monate Juli bis September sogar erstmals seit dem Höhepunkt der Finanzkrise einen Verlust verbuchen. Folglich strich die Bank für dieses Quartal die Rücklagen für den Bonuspool im Vergleich zu den drei Monaten zuvor um 60 Prozent zusammen. Auch in den ersten neun Monaten dieses Jahres legte die US-Bank deutlich weniger Geld für die Bezahlung ihrer Mitarbeiter zurück. Im Schnitt hätten jedem Goldman-Banker rund 290.000 Dollar zugestanden. Im vergangenen Jahr waren es noch 370.000 Dollar.

Die Boni fallen zwar quer durch die Branche, aber einigen Kritikern sinken die Prämien nicht schnell genug. "Den größeren Teil der Last des Abschwungs tragen bei vielen Banken noch immer die Aktionäre und nicht die Banker", klagt ein Londoner Fondsmanager. Auf dem Papier sieht es allerdings zunächst so aus, als seien die Verluste in etwa gleich geteilt. Die Analysten von JP Morgan schätzen, dass der Nettogewinn der wichtigsten Investmentbanken 2011 um rund ein Viertel einbrechen wird, die Boni würden also in etwa im Gleichklang mit den Ergebnissen sinken. Allerdings fallen die Verluste an den Börsen für die Investoren deutlich höher aus. Im Schnitt sind die Aktienkurse der Investmentbanken in den ersten neun Monaten dieses Jahres um etwa 40 Prozent eingebrochen.

Die Banken rechtfertigen ihre Bonuspolitik

Frische Munition verschafft den Bonus-Kritikern die Schweizer UBS. Die Tricksereien des mutmaßlichen Betrügers Kweku Adoboli, kostete die Investmentbankensparte der Eidgenossen im September 2,3 Milliarden Dollar. Nur mit einem Bilanzkniff konnte die Bank im dritten Quartal überhaupt einen Gewinn ausweisen. Analysten waren deshalb davon ausgegangen, dass das Institut seine Boni radikal zusammenstreichen würde. Tatsächlich legte die Bank aber für die Entlohnung ihrer Investmentbanker alles in allem rund 1,35 Milliarden Franken zurück, das entspricht 90 Prozent der gesamten Einnahmen der geschwächten Sparte im dritten Quartal.

"Die bei der UBS aktuell zu beobachtende Relation von aggregierten Personalkosten zu Einkünften überschreitet ein noch vertretbares Niveau signifikant", warnt Nils Wilm, Managing Partner der Personalberatung Banking Consult. Für normal hält Wilm ein Verhältnis von Einnahmen zu Ausschüttungen von um die 50 Prozent.

Die Banken rechtfertigen ihre Bonuspolitik in aller Regel damit, dass sie gegenüber der Konkurrenz wettbewerbsfähig bleiben müssen. Deshalb ist Wilm vom Fall UBS auch nicht überrascht, schließlich hätten andere Institute nach dem Adoboli-Skandal versucht, ganze Händlerteams von den Schweizern abzuwerben. Der Berater fordert ein Umdenken der gesamten Branche. "Sobald ein Institut ausschert, sind die anderen gezwungen zu folgen, um nicht Marktanteile zu verlieren", warnt Wilm. Wenn gar nichts anderes helfe, müssten die Regulierer eingreifen und einen Grenzwert für das Verhältnis von Einnahmen zu Löhnen definieren, dessen Überschreiten mit Strafzahlungen sanktioniert werde.

Angesichts der sich zuspitzenden Schulden- und Bankenkrise in Europa haben die Politiker die Boni ohnehin genau im Blick. Die EU wird den Geldhäusern voraussichtlich eine deutlich höhere Kernkapitalquote von neun Prozent verordnen. Um dieses Ziel bis Mitte nächsten Jahres zu erreichen, sollen sich die Banken bei Boni und Dividenden strenge Zurückhaltung auferlegen.

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