Konsolidierung Landesbanken im Stress

Die Suche nach der Superbank geht weiter: Immer noch sind sieben selbstständige Landesbanken unterwegs. Dabei sind sich die meisten Experten einig, dass eine Konsolidierung mehr als sinnvoll wäre. Noch ein Jahr des Stillstands können sich die Institute nicht leisten.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Mit der SachsenLB hat die LBBW nach Analystenmeinung einen Klotz am Bein, der sie 2008 an großen Sprüngen hindert. Quelle: ap

FRANKFURT. Werner Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Bayerischen Landesbank, bewies im Frühjahr fast prophetisches Talent bei seiner Prognose zur Konsolidierung unter den öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten. "Veränderungen wird es nur dann geben, wenn eine Landesbank schwächeln sollte", sagte der Chef der BayernLB. Und genau so kam es: Die kleine SachsenLB drehte mit ihren außerbilanziellen Zweckgesellschaften ein zu großes Rad an den Kapitalmärkten, ging daran fast pleite und musste am Ende von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) aufgefangen werden.

Damit waren Ende 2007 aber immer noch sieben selbstständige Landesbanken unterwegs. Dabei sind sich die meisten Experten einig, dass unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten und mit Blick auf die Zusammenschlüsse im Ausland eine weitere Verdichtung auf zwei bis drei Landesbanken sinnvoll wäre. Die vom US-Immobilienmarkt ausgelöste Finanzkrise könnte jetzt den Handlungsdruck erhöhen.

"Spätestens in der zweiten Hälfte 2008 wird es weitergehen mit der Konsolidierung. Die Kreditkrise könnte dies beschleunigen und die Positionierung der Landesbanken als überregionale Produktlieferanten verstärken", sagt Hermann Prelle, Co-Head Investment Banking Europe bei der Großbank UBS. "Wir sind überzeugt, dass sich die Landesbankenszene in Deutschland im Jahr 2008 ändern wird. Was genau geschieht, ist natürlich Spekulation, wir erwarten aber Fortschritte bei der Konsolidierung", ergänzt Thomas von Lüpke, Leiter des deutschen Bankenteams bei Fitch Ratings.

Entscheidend wird es dabei auf die Haltung der Landesregierungen ankommen, die bei fast allen Instituten neben den Sparkassenverbänden gewichtige Eigentümer sind. Zwar halten die Sparkassen oft die Mehrheit an den Landesbanken, die Staatskanzleien können aber über die Sparkassengesetze - die Ländersache sind - erheblichen Druck ausüben und ihren Willen durchsetzen.

Das beste Beispiel lieferte 2007 NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU). Er durchkreuzte den Plan der Sparkassen, die WestLB mit der LBBW zu vermählen, und steuerte stattdessen zusammen mit seinem Amtskollegen Roland Koch (CDU) eine Fusion mit der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) an. Sollten die Bemühungen in Düsseldorf und Frankfurt - wider Erwarten vieler Beobachter - vorankommen, dürften sich auch die anderen Spieler wieder bewegen. Denn eine kombinierte WestLB/Helaba würde nach ein paar Jahren schmerzlicher Umbauarbeiten zur Nummer eins unter den Landesbanken aufsteigen, mit allen Größenvorteilen. "Die Finanzkrise zeigt im Sinne von ,size matters´, wie wichtig Risikotragfähigkeit und operative Ertragskraft für die Banken sind. Genau aus diesem Grunde wächst der Konsolidierungsdruck", sagt Dirk Vater, Partner und Bankenexperte bei der Beratungsgesellschaft Bain & Company.

"Der Druck zur Veränderung ist da, aber die politischen Entscheidungsträger müssten über ihre Schatten springen und die Sparkassen mit ins Boot holen", meint Stefan Best, Bankenexperte bei der Ratingagentur Standard & Poor´s. In Stuttgart ist der politische Wille zur "aktiven Gestaltung" zwar traditionell gut ausgeprägt, aber die LBBW mit ihrem Vorstandschef Siegfried Jaschinski wird es mit der SachsenLB als Klotz am Bein schwer haben, 2008 große Sprünge zu wagen. Und die neue Landesregierung in Bayern pocht offiziell auf Eigenständigkeit, wenngleich sich durch die leichte Schwächung der Schwaben neuer Spielraum ergibt. Neben der alten Idee der "SüdBank" zwischen München und Stuttgart könnten die Bayern mittelfristig auch an einer Holding aus Helaba und WestLB andocken.

Dass die Landesbanken überhaupt im Fokus stehen, liegt an ihrer Historie. Bis zum Wegfall der Staatsgarantien Mitte 2005 konnten sie mit Spitzen-Ratings ihre Vorteile bei der Refinanzierung ausspielen. Ohne Staat im Rücken suchen sie nach neuen Geschäftsmodellen, wobei sich beispielsweise bei der WestLB das fehlende Privatkundengeschäft negativ bemerkbar macht. Die Konzentration auf das "Wholesale"-Banking und spezielle Nischen wie die Projekt- und Schiffsfinanzierung bringen bei Krisen am Kapitalmarkt Probleme, weil die stetigen Erträge aus dem Massenkundengeschäft fehlen.

Breiten Zugang zum Privatkunden hat nur die LBBW über die 1999 hinzugekommene Landesgirokasse, die Helaba fährt gut mit der gekauften Frankfurter Sparkasse, und die BayernLB verdient gut mit der Direktbank DKB. Die Ratingagenturen honorieren diese Ansätze. "Eine vertikale Konsolidierung dürfte stabilitätsfördernd sein, weil sich kleinteiliges und großvolumiges Geschäft gut ergänzen können", sagt von Lüpke.

Die Übernahme von Sparkassen wäre aus der Sicht vieler Landesbanken als interne Stärkung eine sinnvolle Vorstufe, bevor man sich mit anderen Landesbanken "horizontal" zusammenschließt. Aber genau hier kollidieren die Interessen der Eigentümer. Die Sparkassenverbände lehnen vertikale Modelle ab, weil sie die Unabhängigkeit der Sparkassen vor Ort und die kommunale Bindung in Gefahr sehen.

Dass die dezentral organisierten Sparkassen durchaus in der Lage sein können zu mobilisieren, zeigte die Übernahme der Landesbank Berlin (LBB) im Juni dieses Jahres für 5,3 Mrd. Euro. Dabei brachte Sparkassenpräsident Heinrich Haasis die Vorstände und Politiker der 457 Sparkassen hinter sich, um einen Verkauf der LBB samt Berliner Sparkasse an Private zu verhindern. Jetzt haben die Sparkassen wenigstens eine Landesbank ohne Politikeinfluss. "Die Landesbank Berlin wird in der Verdichtung unter den öffentlich-rechtlichen Banken voraussichtlich keine führende Rolle spielen. Allerdings kommt sie sicherlich für die überregionale Bündelung unterschiedlicher Prozesse und Aufgaben ins Spiel", sagt Markus Thiesmeyer von der Beratungsgesellschaft ZEB.

Insgesamt gesehen, werden sich alle Beteiligten kaum ein weiteres Jahr des Stillstands leisten können, weil die Finanzkrise ungeheuren Druck auf die Bilanzen ausübt. "Wenn die Refinanzierung nachhaltig teurer bleibt, den heute erkannten Bewertungsverlusten weitere folgen und in einem negativen Szenario höhere Kreditrisikokosten hinzukommen, werden alle Entscheidungsträger zur Überprüfung der derzeitigen Strukturen angeregt", sagt Michael Dawson-Kropf von der Ratingagentur DBRS.

Denn die Landesbanken hängen durch hohe Bestände an forderungsbesicherten Wertpapieren - sogenannten ABS - tief im Schlamassel. "Relativ hohe mittelbare und unmittelbare Investments in ABS-Strukturen und niedrige Margen im eigentlichen Kerngeschäft werden die Konsolidierung unter den Landesbanken beschleunigen", erwartet auch Bain-Berater Vater. Mitte Juni titelte das Handelsblatt "Deutschland sucht die Superbank". 2008 - so viel ist sicher - geht die Suche weiter.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%