Legende Peter Drucker Lehren vom Management-Guru

Was Vordenker Peter Drucker uns heute noch zu sagen hat – Impressionen vom 2. Peter-Drucker-Forum in Wien.

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Management-Vordenker Peter F. Quelle: AP

Er wies als erster auf die zentrale Bedeutung von Innovation und Marketing für Unternehmen hin, predigte die zentrale Rolle des Kunden, die Vorteile von Zielvereinbarungen und dezentraler Entscheidungen und beschrieb schon früh die Entstehung der Wissensgesellschaft und die Notwendigkeit lebenslangen Lernens: Peter Drucker (1909-2005) gilt als Begründer der Managementlehre. Und einer der letzten Universalgelehrten unserer Zeit. Unternehmen und ihre Manager, so eine seiner zentralen Aussagen, haben nicht nur die Aufgabe, Gewinn abzuliefern – sie  haben eine Verantwortung für die Gesellschaft, die sie wesentlich mitgestalten.

Wie aber muss nachhaltiges Management in turbulenten Zeiten aussehen? Welche Herausforderungen gilt es zu meistern in einer Welt, die sich mit rasanter Geschwindigkeit verändert? Fragen, die sich die Teilnehmer des 2. Peter-Drucker-Forums  in Wien stellen – der Stadt, in der Drucker vor 101 Jahren geboren wurde, bevor er über Frankfurt und London Ende der 1930er Jahre in die USA emigrierte.

"Drucker hat nichts an seiner Modernität eingebüßt, weil er an die Grundlagen geht", sagt Richard Straub, Präsident der europäischen Drucker Gesellschaft. "Er hat immer hinter die Dinge geschaut, hat schon früh Entwicklungen gesehen, die anderen verborgen geblieben sind."

Etwa die rasante Ausbreitung der Wissensgesellschaft. Die allerdings sei durch das Internet eher gefährdet denn gestützt, warnt Andrew Keen. "Jeder gilt heute als Experte, weil er seine Meinung problemlos publizieren kann", klagt der britische Bestsellerautor, "ein Oxford-Professor genauso wie ein 15-jähriger Bengel." Die Bedeutung von Meinung werde heute in Freunden und Followern gemessen – die ersten Auswüchse seien schon sichtbar: Menschen wie Sarah Palin seien es, die perfekt die Macht der Netzwerke nutzten. "Sie ist stolz auf ihre Wissenslücken und redet den Leuten nach dem Mund – wollen Sie solche Autoritäten?"

Oder lieber solche wie den Multi-Unternehmer Simon Liang? Der 47-jährige Chinese hat innerhalb weniger Jahre einen Mischkonzern aufgebaut, der in der Ölförderung, dem Schiffbau, im Immobiliensektor, im Einzelhndel, im Umwelt- und im Bildungsbereich tätig ist. Eine nur auf den ersten Blick ungewöhnliche Mischung: "Es geht doch immer ums Gleiche: Die Suche nach guten Gelegenheiten, Geld (ist nie ein Problem) und die richtigen Mitarbeiter – das ist Unternehmertum", sagt Liang. Und erinnert an ein Motto des früheren chinesischen Staatschefs Mao Zedung: Ob rot, ob schwarz  – welche Farbe die Katze hat, spielt keine Rolle – Hauptsache, sie fängt viele Mäuse."

Auch wegen Erfolgsstorys wie diesen steht für Matthias Horx fest: "Wir brauchen einen neuen Innovationsbegriff." Nicht nur weg von einer Verengung auf technologischen Fortschritt hin zu einer wesentlichen Weiterentwicklung unserer Sozialsysteme, neuen Ideen für die Organisation von Politik, Bildung, Gesundheit. Sondern einen intensiveren Blick auf das Innovationspotenzial, das in Ländern wie China und Indien, Brasilien oder Bangladesh schlummert. Und Lösungen bereit hält, von denen die verkrustete Industriegesellschaft der westlichen Welt profitieren können.

"Vielleicht leiden wir nicht genug, um auf die wirklich wichtigen Innovationen zu kommen", sagte Liisa Välikangas, Professorin für Management an der Aalto University in Helsinki. Einfachere Lösungen seien gefragt – so, wie sie sie neulich bei einer Reise durch Brasilien und einem Besuch der Slums von Rio de Janeiro beobachten konnte: "Diese Leute werfen nichts weg, alles wird wieder und wieder benutzt – diese Art von Intelligenz ist beeindruckend." Und könne auch den Gesellschaften des besser entwickelten Teils der Welt helfen – gerade in Krisenzeiten: So habe der französische Nahrungsmittelkonzern Danone für die Bevölkerung in Bangladesh einen Joghurt entwickelt, der weniger stark gekühlt werden müsse und in kleineren Portionen produziert werde als etwa für europäische oder nordamerikanische Verbraucher. Ein Produkt, das inzwischen auch in hiesigen Kulturkreisen ein Erfolg ist: In französischen Supermärkten ist der kleine Joghurt ein Verkaufsschlager. "Nur Unternehmen, die solche Innovationen schaffen", sagt Välikangas, "haben langfristig Zukunftschancen."

Karl Stoss, Generaldirektor der staatlichen Lotterien und Casinos Österreichs und Vorsitzender des Nationalen Olympischen Komitees Österreich:

"Drucker hatte eine unglaubliche Beobachtungsgabe und großen Weitblick. Er hat Nachhaltigkeit nicht nur gepredigt, sondern auch gelebt. Er konnte in einfachen Sätzen formulieren, was heute oft sehr kompliziert beschrieben wird."

Dirk Notheis, CEO Morgan Stanley Deutschland:

"Drucker zeichnete eine geniale Verbindung aus Herz und Verstand aus. Er war zeitlebens ein Suchender, einer, der immer weiter lernen wollte. Schon lange, bevor andere von Globalisierung gesprochen und ihre Anfänge erlebt haben, hat er die Vernetzung der Subsysteme der Gesellschaft als zentralen Pfad zur Lösung unserer Fragen erkannt. Allein deswegen sollten wir uns seiner erinnern – viel mehr als wir es eigentlich tun."

Richard Straub, Präsident der Peter Drucker Gesellschaft Europa:

"Drucker hat nichts an seiner Modernität eingebüßt, weil er an die Grundlagen geht. Genau darauf müssen wir uns besinnen – und nicht so sehr mit Methoden und Techniken des Managements. Er hat immer hinter die Dinge geschaut, hat schon früh Entwicklungen gesehen, die anderen verborgen geblieben sind. „Ich sehe nichts voraus“, hat er immer wieder betont“, ich sehe nur die Zukunft, die bereits hier ist“. So war er der Erste, der systematisch über den Zusammenhang von Innovation und Unternehmertum gesprochen und erkannt hat, dass beide wie siamesische Zwillinge miteinander verbunden sind. Oder, dass Management nicht nur eine Bedeutung für kommerzielle Unternehmen, sondern auch eine gesellschaftliche Dimension hat, Und nicht zu vergessen die Idee der Wissensgesellschaft, die jetzt zum Tragen kommt und er schon sehr früh formuliert hat. Wenn man seine Schriften heute liest – es passt noch immer."

Mathias Horx, Zukunftsforscher:

"Druckers entscheidende Leistung war sein systemisches Denken über die Welt. Er hat ein innovatives Denksystem entwickelt, das auf zwei Begriffen aufbaut: Er dachte universalistisch und non-dual. Er hat die Idee der sozialen Ökosysteme auf das Management übertragen und  letzteres als Kultur verstanden – nicht als operative Technik im Dienste eines Unternehmens. Für ihn war Wirtschaft in Wahrheit Kultur."

Kay Segler, Präsident BMW M Series:

"Er hat das Thema Leadership als erster überhaupt zum zentralen Thema gemacht. Und er war ein sehr großzügiger Geist – er hat jede Meinung gelten lassen, niemand abgekanzelt."

Erwin Staudt, Präsident VfB Stuttgart, ehem. IBM-Manager:

"Druckers größtes Verdienst ist es, als erster eine Brücke gebaut zu haben zwischen Wirtschaft und Gesellschaft. Und je größer die Probleme in der Gesellschaft werden, desto wichtiger wird diese Brücke."

Danica Purg, Präsidentin der Bled School of Management, Slowenien:

"Alles, worüber wir im Management heute sprechen, hat er schon vor Jahrzehnten vorgedacht. Und die Terminologie geprägt. Ob die Rolle von Marketing und des Kunden für Unternehmen, die Bedeutung und die soziale Komponente von Innovation, die tragende Rolle des Kunden, Zielvereinbarungen, die Wissensgesellschaft – alles lässt sich schon bei Drucker nachlesen. Besonders gefällt mir die von ihm formulierte Parallele zwischen Kunst und Ökonomie: Dass wir in der Wirtschaft viel von der Struktur eines Orchesters lernen können – in guten Zeiten spielt es eher Jazz und hat Raum zum Improvisieren, in schlechten Zeiten sind eher klassische Stücke nach fest vorgegebenen Noten gefragt. Und er ist bei all seiner Bedeutung immer sehr bescheiden geblieben."

Prof. Liisa Välikangas, Aalto University, Helsinki:

"Drucker war ein Pionier des Managements. Was uns heute selbstverständlich erscheint – die Notwendigkeit zu Innovation, Kundenorientierung und Veränderung – hat ihn schon sehr früh beschäftigt. Die Kombination aus seinen intellektuellen Fähigkeiten, dem menschlichen Tonfall seiner Werke und der hohen Integrität seines Charakters machen ihn und sein Werk zu einem zeitlosen Klassiker unseres intellektuellen Erbes."

Prof. Bernd Venohr, Berlin School of Economics:

"Drucker hat sehr früh sehr grundsätzliche Fragen gestellt. Seine intellektuellen und sprachlichen Fähigkeiten wirken wie ein Elixier und heben ihn wohltuend ab gegen die zunehmende gedankliche Verschmutzung unserer heutigen Lautsprechergesellschaft."

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