Neue Spekulationen über Bhutto-Anschlag Parlamentswahl in Pakistan wird verschoben

Nach langem Zögern nun die Entscheidung: Angesichts des Mordes an Oppositionsführerin Benazir Bhutto wird die Parlamentswahl in Pakistan nach Angaben der Wahlkommission verschoben. Indes mehren sich neue Spekulationen über die Hintergründe des Anschlags auf Bhutto. Ein Video lässt Zweifel an der Regierungsversion über den Tathergang aufkommen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Anhänger der ermordeten Oppositionsführerin Bhutto beten für deren Seele. Quelle: dpa

HB ISLAMABAD. Ein neuer Termin für die ursprünglich in einer Woche geplante Wahl in Pakistan soll an diesem Mittwoch bekanntgegeben werden, sagte der Sekretär der Wahlkommission, Kanwar Dilshad, in Islamabad. "Unter den gegenwärtigen Umständen ist es unmöglich, die Wahlen abzuhalten", sagte der Dilshad. Zunächst war spekuliert worden, dass die Kommission schon am Neujahrstag einen neuen Wahltermin in der letzten Februarwoche bekanntgeben wird.

Bhutto war am vergangenen Donnerstag bei einem Anschlag am Ende einer Wahlkundgebung tödlich verletzt worden. Bei anschließenden Krawallen waren auch zahlreiche Wahlbüros verwüstet und Wahlunterlagen vernichtet worden. Provinzregierungen und regionale Wahlkommissionen waren am Montag aufgefordert worden, die Kommission über die Situation in den verschiedenen Landesteilen zu unterrichten.

Am Sonntag war Bhuttos Sohn, der 19-jährige Bilawal Bhutto Zardari, zum neuen Parteichef gewählt worden. Für die täglichen Amtsgeschäfte bleibt jedoch sein Vater zuständig, bis er sein Studium in England beendet hat. Zudem müssen Kandidaten für ein offizielles politisches Amt in Pakistan mindestens 25 Jahre alt sein.

Unklar sind weiterhin die Hintergründe des Selbstmordanschlags auf Benazir Bhutto. Ein Sprecher der Organisation Tehrik-e-Taliban Pakistan (Taliban-Bewegung in Pakistan) sagte einem Radiosender, die Regierung beschuldige seine Organisation zu Unrecht. Der Mord an Bhutto sei eine "große nationale Tragödie" und müsse von einer unabhängigen Kommission untersucht werden. Die Regierung hatte erklärt, pakistanische Extremisten mit Verbindungen zum Terrornetz El Kaida seien für den Anschlag verantwortlich.

Der neue stellvertretende PPP-Vorsitzende, Bhuttos Ehemann Asif Ali Zardari, hatte verlangt, die Hintergründe des Mordes an seiner Frau von einer internationalen Kommission untersuchen zu lassen. Für Zweifel an der Regierungsversion über den Tathergang sorgte auch neues Videomaterial über das Attentat.

Der Film, der dem britischen Fernsehsender Channel 4 vorliegt, zeigt einen Mann, der aus nächster Nähe aus einer Handfeuerwaffe Schüsse auf Bhutto in ihrem offenen Wagen abgibt. Sie bewegt sich ruckartig nach oben, was deutlich an ihrem Haar und ihrem Schal zu sehen ist und darauf schließen lässt, dass sie getroffen wurde. Dann fällt sie in sich zusammen, und unmittelbar darauf wird ihr Fahrzeug von einer gewaltigen Explosion erschüttert.

Die Regierung hat mitgeteilt, Bhutto sei nicht von Kugeln getroffen worden. Todesursache sei vielmehr gewesen, dass ihr Kopf infolge der Bombenexplosion mit aller Wucht gegen das Sonnendach ihres Fahrzeugs geprallt sei. Bhuttos Familie und Anhänger haben dagegen von Anfang an erklärt, sie sei von Schüssen in Kopf und Hals getötet worden.

An der pakistanischen Börse führte die politische Unsicherheit nach der Ermordung Bhuttos zu hohen Kursverlusten. Der Karachi 100 Stock Index brach am Montag um 4,7 Prozent ein. Es war einer der größten Tagesverluste in der Geschichte der Börse.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%