Neue Supermacht Das Jahrhundert Chinas

China hofft bei den Olympischen Spielen im eigenen Land auf eine Medaillenflut. Dabei geht es nicht nur um sportliche Höchstleistungen. Es geht auch um Politik - und die Demonstration von Chinas Macht und Einfluss in der Welt.

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Die Olympischen Spiele sind für China eine große Chance. Quelle: dpa

PEKING. Die drei roten China-Fahnen hängen schon wie zur Siegerehrung vom Dach der großen Olympia-Sporthalle. Dabei wird darunter noch heftig gewerkelt. "Gold, Silber, Bronze", ruft ein chinesischer Ingenieur mit gelbem Helm lachend. "Wir werden es allen zeigen." Das war im Oktober, zehn Monate vor Beginn der Sommerspiele in Peking.

Inzwischen ist die größte Sporthalle Chinas fertig. Und das Land hofft bei den Spielen im eigenen Land auf eine Medaillenflut. Dabei geht es nicht nur um sportliche Höchstleistungen. Es geht auch um Politik. Vor allem die Supermacht USA will man schlagen: In Athen hatten die Chinesen nur vier Goldmedaillen weniger. Die Spiele in Peking seien für China politisch ein besonders wichtiges Ereignis, sagt Liu Liqun, Politikprofessor an der Chinese Academy of Social Science in Peking. "Endlich wird China in der Welt wieder anerkannt", beschreibt er das Gefühl des 1,3-Milliarden-Volkes. Das Reich der Mitte sei in der Vergangenheit zu oft gedemütigt worden.

Diese Last kommt auch in der Olympia-Werbung zum Ausdruck. Vor dem gigantischen Hauptstadion - dem "Vogelnest" im Norden Pekings - prangt ein großes Plakat, auf dem das Olympia-Maskottchen "Fuwa" durch die Ruinen des alten Sommerpalastes tanzt. Der kaiserliche Erholungsort am Rande der Hauptstadt war 1860 von französischen und britischen Soldaten geschliffen worden.

Die Spiele also eine Art Therapie für Chinas Seele? Die noch immer herrschende Kommunistische Partei setzt zumindest auf ein neues Wir-Gefühl. Das sportliche Großereignis werde eine Demonstration von Chinas "Macht und Einfluss" in der Welt, stellte bereits Pekings Parteichef Liu Qi klar. Peking 2008, das sei die große Wiedergeburt der chinesischen Nation.

Und die Chinesen treten bereits selbstbewusst auf. Das bekam Deutschland in den vergangenen Monaten zu spüren. Seit dem Treffen von Kanzlerin Merkel mit dem Dalai Lama zeigt Peking auf der politischen Weltbühne Berlin die kalte Schulter. Beobachter in Peking sehen diesen außenpolitischen Kurs allerdings eher als Ausdruck einer neuen Verunsicherung Chinas. Die Volksrepublik suche noch immer ihre Rolle auf dem internationalen Parkett.

Das Maß an Selbstvertrauen habe sich aber bereits grundlegend verändert, sagt Kenneth Lieberthal, Asienexperte an der University of Michigan. "China denkt viel aktiver als früher über seine Strategie nach, nicht nur regional, auch global. In ihren Herzen glauben die Chinesen, dass das 21. Jahrhundert das chinesische Jahrhundert ist." Als Bedrohung nach den Spielen müsse man die aufstrebende Supermacht aber nicht sehen. Elizabeth Economy, Asienexpertin vom Council on Foreign Relations, einem amerikanischen Think Tank, erwartet, dass Peking durch die Spiele noch stärker zum Hauptspieler auf der globalen Bühne werde. "Aber ich denke nicht, dass dies einen weitreichenden Einfluss auf die Außenpolitik haben wird." "Die Chinesen wollen keinen Krieg", sagt David Zweig, China-Experte der Hongkong University of Science and Technology. "Sie wollen einfach durch ihre Handelskraft ihre Macht weiter ausbauen." Guo Xiangang, Herausgeber der China International Studies in Peking, sieht weniger politische Motive. "Die olympischen Spiele geben China die Möglichkeit, einer breiten Weltöffentlichkeit, die sich sonst kaum für unser Land interessiert, den großen Wandel zu zeigen."

Niederlagen passen da nicht so gut ins Bild. So soll im Sommer vor allem die rote Fahne auf dem olympischen Grün wehen und am Ende der Spiele eine neue Sport-Supermacht den Medaillenspiegel anführen - die Volksrepublik China.

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