Präsentieren Wie Sie wirklich spannende Vorträge halten

97 Prozent der Präsentationen gelten als verbesserungswürdig - dabei nehmen sie so viel Zeit in Anspruch. Spannende Vorträge zu halten ist nicht leicht, aber man kann es lernen. Ein Leitfaden. VON THORSTEN GIERSCH

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Alfred Hitchcock: Wenn Sie in Ihrem Vortrag so viel Spannung erzeugen können wie der Altmeister, haben Sie gewonnen. Quelle: handelsblatt.com

Manchmal dauern sie nur wenige Minuten, manchmal Stunden: Vorträge, Präsentationen oder Reden sind ein wichtiges Element in der modernen Geschäftswelt – doch häufig auch sehr langweilig. In Deutschland ist das Problem besonders groß: 84 Prozent der Präsentationen werden als langweilig bzw. einschläfernd empfunden, ganze 97 Prozent werden als verbesserungswürdig bewertet. Vor allem US-Amerikaner trauen ihren Augen und Ohren nicht, wenn sie hierzulande eine Präsentation zu sehen bekommen.

Michael Moesslang kennt die Probleme aus langjähriger Erfahrung. Früher war er Inhaber einer Werbeagentur, heute 5-Sterne-Redner, Dozent an der Hochschule München und Coach. Nun hat Moesslang seine Erfahrungen in einem Buch zusammengefasst: „So würde Hitchcock präsentieren“.

Die Kernidee ist – wie der Titel erahnen lässt – Spannung zu erzeugen. Was sich leicht anhört, bedingt viele kleine Schritte. Es beginnt mit der Analyse, was falsch gemacht wird. Kennzeichnend für schlechte Präsentationen oder Vorträge sind Zeitmangel, mangelnde Vorbereitung und fehlende Gedanken über Dramaturgie bzw. Spannungsbogen. Moesslang rät: Wenn zu wenig Zeit ist, sollte man lieber ganz auf den Vortrag verzichten. Doch das geht ja häufig nicht. Dann sollte man zumindest folgende Kardinalfehler vermeiden:

Langweilige Präsentationen gehören zum Alltag in Unternehmen. Auf der anderen bringt es allein nichts, Show zu machen. Show ist kein Selbstzweck. Entscheidend ist die Persönlichkeit des Vortragenden, sonst könnte er die Informationen ja auch per Email versenden. „Der Faktor Mensch prägt mehr als alles andere das Image von Unternehmen und Produkten“, schreibt Moesslang.

Der Vortragende muss also die Sinne reizen. Das Zwischenhirn reagiert nicht auf Mittelmaß. Zwar reagiert jeder Zuhörer unterschiedlich auf einen Reiz, aber wirklich entziehen kann sich keiner Bildern und Emotionen.

Nun entstehen Emotionen durch Geschichten. Vergessen Sie nie die Macht der Empathie! Menschen können sich in andere hineinversetzen. Tun Sie das bei Ihren Zuhörern und sorgen Sie dafür, dass die sich in Ihre „Geschichte“ hineinversetzen können. Menschen merken sich Fakten ungern. Wenn Sie aber mit einer lebendigen Erzählung verknüpft werden, ist es einfach.

Lernen Sie, die Mimik Ihrer Zuhörer zu lesen. Folgende sieben sichtbaren Grundemotionen gibt es. Fünf von Ihnen sind übrigens unangenehmer Natur:

Spannende Filme wie die von Alfred Hitchcock leben von etwas, das auf Englisch „Suspence“ genannt wird. Es gibt keine richtig griffige deutsche Übersetzung, die Worte „Anspannung“, „Ungewissheit“ oder „Schwebe“ umschreiben es einigermaßen. Aber genau diese Suspence gehört auch in eine gute Präsentation. Sie entsteht durch das Mitfiebern zu Zuhörer aufgrund einer Ungewissheit, aber auch einem Wissensvorsprung gegenüber dem Protagonisten.

Erfinden Sie dafür eine Dramaturgie! Sie suchen eine reale Geschichte, eine Metapher oder einen Spannungsbogen zu einer neuen Information. Erzeugen Sie Bilder im Kopf! Dazu gehört auch, einen Konflikt zu entwerfen, denn ohne ihn gibt es keine interessante Geschichte.

Wenn Sie Ihrem Kunde etwas verkaufen wollen, müssen Sie ja auch einen Handlungsbedarf erzeugen. Was ist das Problem Ihres Publikums? Wofür braucht es eine Lösung? Es folgen in aller Kürze die wesentlichen Stilmittel, mit denen Sie Ihre Zuhörer fesseln können – Michael Moesslang beschreibt sie in seinem Buch deutlich detaillierter.

 

Eine Präsentation in Geschichten zu erzählen ist einfacher als es sich eventuell anhört. Wir reden ja nicht von einem ausgefeilten Märchen. Moesslang hat fünf Versionen für Geschichten identifiziert und rät dazu, sie dem Thema Ihres Vortrages gemäß anzuwenden.

 

Lachen ist in einer guten Präsentation natürlich erlaubt. Lachen soll locker machen, die Spannung lösen, damit sich neue aufbauen kann. Durch Humor entsteht eine angenehmere Atmosphäre und es bleiben mehr Informationen in Erinnerung.

Doch Vorsicht! Humor und Seriosität sind kein Widerspruch, aber es hängt von der Art des Humors ab. Behalten Sie stets angemessenes Niveau, sonst wird es peinlich. Die Geschmäcker sind nun mal sehr unterschiedlich. Grundsätzlich gilt: Je souveräner Sie sich fühlen, um sich häufiger gelingen Ihre Gags. Spontaner Humor ist zweifellos die sympathischste Form, aber einige Gags kann man sich auch zurechtlegen. Das ist auch eine Frage der Technik. Fährte legen, Pointe vorbereiten, für eine lustige Überraschung sorgen. Es folgen die wesentlichen Humor-Techniken:

 

Der Inhalt Ihres Vortrages ist das eine, Ihr Auftreten und das Drumherum das andere. Modische Fragen sind nicht pauschal zu beantworten – das unterscheidet sich je nach Branche. Grundsätzlich gilt gerade in Deutschland: Im Zweifel lieber zu konservativ als zu leger. Verzichten Sie auf auffällige Accessoires wie eine Prada-Tasche oder einen CDU-Aufkleber auf dem Laptop.

Doch was nützt die optimale Kleidung, wenn Ihre Körpersprache nicht gut ist?! Stehen Sie aufrecht und gerade? Machen Sie ruhige, bewusste, raumfüllende Schritte? Lachen Sie laut, aber nicht hektisch? Sind Ihre Gesten groß und ruhig? Dann strahlen Sie Glaubwürdigkeit aus.

In dieser Bildergalerie sehen und lesen Sie anschaulich, wie Sie Ihren Körper und Ihre Hände einsetzen sollten.

Zu einem guten Vortrag gehören aber nicht nur Sie, sondern auch Ihre Folien. Es unterstützt, Informationen zu visualisieren. Bilder vergessen wir Menschen längst nicht so schnell wie Worte. Grundsätzlich gilt: Je mehr Informationen eine Folie enthält, umso mehr verliert sie an Bedeutung. Ästhetik ist natürlich wichtig, aber die Form muss der Funktion folgen.

Weniger ist also mehr: Kurze Texte, Bilder statt Worte, einfache Führung des Auges und lassen Sie die einzelnen Folien lange genug stehen, damit das Publikum alles gemütlich erfassen kann, aber nicht so lange, dass es öde wird. Grundsätzlich dürfen die Folien nie zum Mittelpunkt werden, sondern sollen lediglich unterstützen.

Weitere Tipps zum Beispiel zum geschickten Einfügen von Grafiken und Diagrammen gibt Michael Moesslang in seinem Buch. Dasselbe gilt für das Thema Bilder. Diese kann man praktisch nicht oft genug verwenden.

Ein wichtiger Hinweis noch: Kontrollieren Sie auch alle Dinge, die per se nicht in Ihrer Verantwortlichkeit liegen: Sehen die Einladungen gut aus? Ist der Raum gut gelüftet? Gibt es zu wenige oder zu viele Pausen? Reicht die Verpflegung? Sind die Handys aus? Stören die Zuspätkommer? Alles, was dem Publikum nicht passt, machen Sie an Ihnen fest. Also tun Sie sich den Gefallen und prüfen Sie diese Punkte nach.

Zum Schluss rät Michael Moesslang: Seien Sie stets Sie selbst! Versuchen Sie nicht zu Schauspielern. Das Publikum will nur Ihre Emotionen spüren. Sie müssen Ihre Begeisterung zeigen für das Thema! Und kontrollieren Sie Lampenfieber. Es gibt dagegen wirksame Techniken: Kaltes Wasser trinken, freunden Sie sich vorher mit dem Raum an und praktizieren Sie Rituale.

Doch selbst wenn alles passt – ohne die Redekunst und das nicht viel wert. Lesen Sie hier mehr dazu:

Bibliografie:

Michael Moesslang

So würde Hitchcock präsentieren. Überzeugen Sie mit dem Meister der Spannung

Redline Verlag, München 2011

288 Seiten

 

Zum Weiterlesen:

 

David Givens

Die Macht der Körpersprache

Redline Verlag, München 2011

263 Seiten

 

 

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