Prognosen für 2008 Wohin der Ölpreis geht

Öl, das Schmiermittel der Wirtschaft, ist derzeit teuer wie nie. Im kommenden Jahr könnte sich die Lage etwas entspannen, glauben Marktbeobachter. Sie sehen allerdings eine weiterhin hohe Nachfrage und Risiken, die einen Strich durch optimistische Rechnungen machen könnten.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Benzin könnte etwas günstiger werden, glauben Experten. Quelle: dpa

HB HAMBURG. Die Ölpreisentwicklung war 2007 ein Schock für die deutschen Verbraucher: In der Spitze um 60 Prozent legte der Rohölpreis zu, auf den Rekordwert von 99,29 Dollar für ein Barrel (159 Liter) der weltweit wichtigsten Sorte WTI. Die Gründe für die Preisexplosion waren vielschichtig: Unerwartet hoher Verbrauch, Spekulation mit Öl wegen des fallenden Dollarkurses, Produktknappheit durch Raffinerieausfälle.

Der Bundesbürger spürt die ganze Härte des Preisanstiegs bisher noch nicht: Der Benzinpreis stieg über das Jahr nur um 20 Prozent, weil die hohe Steuerbelastung auf Kraftstoff den Anteil des Öls am Literpreis klein hält. Und vor allem Mieter bekommen den Preisanstieg beim Heizöl und Gas erst nächstes Jahr zu spüren, wenn im Frühjahr die Heizungsabrechnung kommt. Experten rechnen mit kräftigen Nachzahlungen. Auf Gaskunden wartet noch eine böse Überraschung: Weil die Gaspreise mit sechs Monaten Verzögerung dem Ölpreis folgen, droht hier eine Preisspitze im Frühjahr.

Insgesamt hat die weltweit boomende Konjunktur auch 2008 die Energienachfrage wieder angefeuert: Die tägliche Ölproduktion liegt zur Zeit bei etwa 85 Millionen Barrel pro Tag. Die US-Energiebehörde aber schätzt den aktuellen Bedarf aber auf 85 bis 86 Millionen Barrel. Dennoch lassen die Erdöl exportierender Länder (Opec) ihre Fördermenge vorerst unverändert, wie Anfang Dezember beschlossen.

Warum die Opec trotz Rekordpreisen nicht mehr fördert, ist umstritten: Die Ölländer selbst sind der Ansicht, der Markt sei ausreichend versorgt und die Rekordpreise Ergebnis der Spekulation. In der Tat hat der dramatische Dollarverfall des Jahres 2007 eine Flucht von Kapital aus dem Dollarraum in Sachwerte ausgelöst, darunter Öl. Die Opec-Länder spüren den Wertverlust des Dollars direkt: Sie können sich etwa in Europa weniger Waren für die gleiche Menge der US-Währung kaufen. Ihre Sorge: Wenn sie mehr Öl fördern, könnte der Preis angesichts der Konjunktursorgen drastisch fallen. Sie wären dann bei anhaltend schwachem Dollar doppelt getroffen.

Ein anderer Erklärungsversuch für die Unwilligkeit der Opec ist dagegen weit dramatischer: Die klassischen Ölländer am Golf können schlicht nicht mehr produzieren, weil ihre Felder erschöpft sind und ihre Fördertechnik nicht ausreicht, sagen Kritiker. So ist die Förderung im wichtigsten Ölland der Welt, Saudi-Arabien, seit 2006 trotz Rekordpreisen leicht, aber spürbar gefallen. Die 13 Opec-Mitglieder wollen sich am 1. Februar erneut treffen, um die Lage zu beraten.

Der Ölpreis geht nach einer Schwächeperiode Anfang Dezember stark aus dem Jahr 2007: Um die 97 Dollar betrug der Preis vergangenen Freitag, nur 3 Dollar unter dem Rekordwert. Insgesamt rechnet die Internationale Energie-Agentur für 2008 mit einem Nachfrageanstieg auf 87,7 Millionen Barrel am Tag. Die IEA hat diese Prognose aber schon gesenkt. Die weltweite Analystenschar erwartet für 2008 ein Preisniveau von rund 70 Dollar für das Barrel.

Diese Vorhersagen gehen aber nur auf, wenn die Politik mitspielt: Wenn sich die Lage im Irak und Iran weiter entspannt, sollte das den Ölpreis drücken. Ebenso eine Annäherung zwischen Israel und den Palästinensern, wie es sich zur Zeit abzeichnet. Wenn es aber umgekehrt zu Bombenangriffen auf iranische Atomanlagen käme, der Irak doch im Bürgerkrieg versänke oder Saudi-Arabien von einer neue Anschlagswelle der Islamisten getroffen würde, sind solche Prognosen nichts mehr wert. Das gilt auch, falls der Präsident von Venezuela, Hugo Chavez, seine Drohungen eines Öl-Boykotts gegen die USA wahr machte.

Die deutschen Energiekunden wären gut beraten, wenn sie nicht auf massiv fallende Preise spekulieren würden: Schon zu Jahresbeginn etwa verschärfen sich die Vorschriften zur Beimischung von Biokomponenten in Auto-Kraftstoff. Weil diese Stoffe, meist Biodiesel und Bioethanol, aber viel teurer als Öl sind, muss auch der Autofahrer mehr dafür zahlen. Denn die Ölkonzerne reichen diese Kosten des Klimaschutzes an der Tankstelle direkt weiter.

Für die Benzinpreise erwartet der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, hingegen eine Entspannung. Walter rechnet für das kommende Jahr mit niedrigeren Preisen. Der Preis für Rohöl werde bis zum Jahresende von knapp 100 auf etwa 80 Dollar je Fass fallen, sagte Walter der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung": "Das wird Auswirkungen auf die Preise an den Tankstellen in Deutschland haben."

Preistreiber:

- Der weltweite Ölvorrat wird nicht größer, der Zeitpunkt der höchsten Ölproduktion rückt näher.

- Die Motorisierung der Welt schreitet voran: In China, aber auch Indien, Russland und anderen Ländern explodiert die Zahl der Autos.

- Vor allem der Öldurst in China steigt: Die Opec sagt eine Zunahme von über 5 Prozent bei den Öl-Importen Chinas 2008 voraus.

Preisdämpfer:

- In den USA, dem größten Energieverbraucher der Welt, deutet sich als Folge der Kreditkrise ein flacheres Wachstum an.

- Die Ölförderung im kriegsgeschüttelten Irak scheint sich zu erholen: von 1,9 Millionen Barrel am Tag im Jahr 2006 auf 2,3 Millionen im November 2007. Unter friedlichen Umständen könnte Irak seine Förderung mehr als verdoppeln, glauben Kenner der Region.

- Der Dollarverfall scheint vorerst gestoppt.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%