Studie Profis legen Mittel sauber an

Zwei Drittel aller institutionellen Anleger achten auf ethische und ökologische Kriterien, zeigt eine Studie. Die anderen zweifeln am wirtschaftlichen Nutzen, besonders Versicherungen befürchten schlechtere Renditen und ein höheres Risiko. Die große Mehrheit der Befragten fühlt sich schlecht informiert durch ihre Vermögensverwalter.

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Die Skulptur

BERLIN. Deutsche institutionelle Investoren planen eine Verdoppelung nachhaltiger Investments in den nächsten fünf Jahren durch massive Neuinvestitionen und Umschichtungen. Das ergab eine Befragung der Frankfurter Union Investment unter 1 585 Institutionellen. Mit 256 oder 16,2 Prozent Antwortenden liefert die dem Handelsblatt exklusiv vorliegende Studie eine der breitesten repräsentativen Stichproben institutioneller Anleger in Deutschland.

Zwei Drittel der Institutionellen investieren bereits teilweise in nachhaltige Produkte. Dieser Anteil ist viel höher als Studien der letzten Jahre zu einzelnen Anlegergruppen ergaben. Repräsentiert ist ein verwaltetes Vermögen von etwa 960 Mrd. Euro, verwaltet von Banken, Versicherungen, Vermögensverwaltern, Stiftungen, Kirchen, Altersversorgern, Pensionskassen, Konzernen, Mittelständlern, öffentlichen Unternehmen, Gewerkschaften und anderen Anlegern mit unter zwei bis über 10 Mrd. Euro Vermögen. Bekannt ist, dass etwa der Versicherer Münchener Rück 80 Prozent der Aktienanlagen nachhaltig investiert.

Allerdings wählen sie ihre nachhaltigen Investments meist nur nach einfachen Systemen aus, etwa indem sie Ausschlusskriterien für ihre Anlagen festsetzen. Dem "Best-in-Class-Ansatz", der Titel mit den besten Nachhaltigkeitsleistungen aller Branchen herausfiltert, folgen nur 48 Prozent. Die Anleger sehen zurzeit in nachhaltigen Aktien und Fonds das größte Potenzial, gefolgt von Firmen- und Staatsanleihen, Microfinance, Immobilien und Rohstoffen wie Holz.

Nur für die Hälfte der Investoren ist eine bessere Renditeaussicht ausschlaggebend. "Überraschenderweise nutzen mehr als zwei Drittel, vor allem Banken und Unternehmen, nachhaltige Investments zur Imageverbesserung", sagt René Schleus, Geschäftsführer der Schleus Marktforschung, die die Studie realisierte.

Bei den 36 Prozent nicht nachhaltig Investierten herrschen große Zweifel am wirtschaftlichen Nutzen. Insbesondere Versicherungen gehen von schlechteren Renditen und höheren Kosten und Risiken aus. Einige sprachen von "Renditebremse" und "überbewertetem Anlagetrend". Die Aussagen sind jedoch zu relativieren, denn 84 Prozent dieser Investoren fühlen sich schlecht bis sehr schlecht zum Thema informiert.

Insgesamt beklagen 37 Prozent aller Befragten eine schlechte Beratung durch ihre Vermögensverwalter. Nur ein Drittel gibt an, gut bis sehr gut Bescheid zu wissen, insbesondere Kapitalanlagegesellschaften. "Besser informierte investieren viel häufiger und stärker in nachhaltige Kapitalanlagen als schlecht Informierte", berichtet Schleus. Die Quoten betragen durchschnittlich 6,3 Prozent des verwalteten Vermögens gegenüber 0,1 Prozent. Die Großanleger wünschen generell deutlich mehr Information über Konzepte, konkrete Produkte, Kosten und die Integration solcher Strategien ins Vermögensmanagement.

Speziell Konzerne, Stiftungen und kirchliche Organisationen nutzen erstaunlicherweise trotz ethischer Leitbilder keine nachhaltigen Investmentkriterien. Die Rate der in Nachhaltigkeit investierten Stiftungen ist besonders niedrig: "Nur zehn Prozent der Stiftungen legen zumindest teilweise ihr Vermögen nachhaltig an", sagt Hermann Falk vom Bundesverband Deutscher Stiftungen. "Es existiert noch immer das Vorurteil, ein ethischer Mehrwert ließe sich nur mit aufwendigeren Prozessen und folglich einem Renditeverzicht erreichen", erklärt er. Das rühre auch von einer falschen Beratung durch Banken her.

Geballtes Unwissen

Unbekannte Initiativen ...

Nahezu unbekannt sind deutschen Institutionellen globale Investoren-Initiativen für nachhaltiges Investment, etwa das Carbon Disclosure Project (CDP), deren 475 Mitglieder weltweit insgesamt 55 Billionen Dollar verwalten.

... und Prinzipien

Nur wenige der Befragten kennen außerdem die UN-Prinzipien für verantwortliches Investment (UN PRI)), zu denen sich bis Mitte April mehr als 523 Investoren mit über 20 Billionen Dollar verwalteten Vermögen verpflichteten. Die Prinzipien sind unter "http://www.unpri.org" im Internet nachzulesen. Die seit Jahren aktive Enhanced Analytics Initiative (EAI) fordert darin auch die systematische Integration zentraler Nachhaltigkeitskriterien in die Finanzanalyse.

"Die Kritik müssen wir ernst nehmen"

Alexander Schindler ist Mitglied des Vorstands von Union Investment.

Welche Konsequenzen zieht Union aus der Investorenkritik an der Kundenberatung?

Die Finanzbranche ist gut beraten, die klaren Signale sehr ernst zu nehmen. Die Transparenz in Sachen Investmentprozess und ökonomischer Nutzen werden wir erhöhen. Wie weit wir in der Kundenberatung in die Tiefe gehen, hängt auch stark vom Interesse der Investoren ab.

Was ist noch zu tun?

Mittelfristig brauchen wir, ähnlich wie bei der Rechnungslegung, transparente und eindeutige Standards zur besseren Vergleichbarkeit. Investoren und Investmentbranche müssen auf geprüften Zahlen beruhende Nachhaltigkeitsberichte bei Unternehmen einfordern.

Hat nachhaltiges Vermögensmanagement Vorteile?

Nachhaltige Investments sind nicht per se die besseren Ertragsbringer. Richtig eingesetzt, senken sie jedoch das Risiko bei der Kapitalanlage. Das magische Dreieck der Kapitalanlage sollte zum magischen Viereck werden: Investoren sollten neben Sicherheit, Rendite und Liquidität auch Nachhaltigkeit im Vermögensmanagement berücksichtigen.

Hält sich Ihr Haus daran?

Die Aktien- und Immobilienanalyse ergänzen wir bereits durch nachhaltige Kriterien, um das Risiko-Bild zu erweitern. Im Kern geht es darum, zu erkennen, ob ein Unternehmen über ein nachhaltiges Geschäftsmodell verfügt. Dies geht nicht allein durch den Blick auf wirtschaftlichen Kennziffern.

Die Fragen stellte Susanne Bergius.

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