Umweltschutz als Kaufanreiz Auf der grünen Werbe-Welle

Ob Autohersteller, Fluggesellschaften, Energieversorger oder Konsumgüterhersteller - kaum ein Unternehmen verzichtet derzeit in seiner Werbung darauf, die Umweltvorzüge seiner Produkte hervorzuheben. Mehr und mehr Konzerne entdecken den Umweltschutz für Marketingzwecke. Doch der grüne Anstrich hat seine Tücken.

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Der Trend geht zum Umweltschutz. Quelle: handelsblatt.com

DÜSSELDORF. In dem Werbespot sitzt ein kleiner Junge am Küchentisch und malt Bilder. Moderne Geschirrspülmaschinen, sagt eine Stimme aus dem Off, sind umweltschonend. Wenn jeder sie einsetzen würde und nicht mehr mit der Hand abwaschen würde, dann könnte man 67 Prozent Wasser sparen. Daraufhin startet eine Serie von bunten Kinderzeichnungen, die das Einsparpotenzial verdeutlichen sollen: 92 Wolkenkratzer voll Wasser oder 590 Millionen volle Badewannen - oder ein Jahr lang Trinkwasser für Deutschland. Vergleiche, die jeder versteht.

Mit Spots wie diesem versucht der Markenhersteller Reckitt-Benckiser, seinem Maschinen-Geschirrspülmittel Calgonit einen ökologischen Anstrich zu verpassen. Auf einer eigens eingerichteten Homepage gibt das Unternehmen Tipps, wie sich Energie und Wasser sparen lassen.

Damit liegt Reckitt-Benckiser im Trend: Kaum ein Unternehmen verzichtet derzeit in seiner Werbung darauf, die Umweltvorzüge seiner Produkte hervorzuheben. Und zwar quer durch alle Branchen: Nicht nur Autohersteller, Fluggesellschaften und Energieversorger, die allesamt als Umweltverschmutzer in der Ecke stehen, reiten auf der grünen Werbewelle, sondern auch viele Konsumgüterhersteller. Tendenz steigend.

Bei einer Umfrage des Aachener Marktforschungsinstituts Dialego gaben im November 70 Prozent der Befragten an, dass ihnen das Thema Klimaschutz innerhalb des vergangenen Jahres deutlich wichtiger geworden sei, etwa, indem sie für entsprechende Nachrichten sensibler geworden seien. Und: Die Mehrzahl glaubt, dass Reklame mit dem Öko-Touch kein kurzfristiger Werbegag ist, sondern sich das Thema im kommenden Jahr etablieren wird.

"Das Thema wird sich verstärken", sagt auch Christian Schmidt, Managing Director beim Institut für Markentechnik mit Sitz in Genf. Allein die Tatsache, dass der US-Politiker Al Gore für sein Umweltengagement kürzlich den Friedensnobelpreis bekommen hat, zeige, wohin der Trend gehe.

Doch das "Greenwashing", wie es im Werbejargon genannt wird, hat seine Tücken. Auch wenn Politik, Wirtschaft und Gesellschaft nicht müde werden, die Dringlichkeit der umweltschützenden Maßnahmen zu betonen, prallen doch viele grüne Werbekampagnen an den Konsumenten ab. Es fehlt schlichtweg an Glaubwürdigkeit. Laut der Dialego-Studie hält knapp die Hälfte der Befragten Kampagnen, in denen Unternehmen ihr Engagement für Nachhaltigkeit und Klimaschutz betonen, "eher für unglaubwürdig".

Für den Markenexperten Schmidt ist die misstrauische Haltung vieler Verbraucher gegenüber grüner Werbung nicht weiter verwunderlich. "Aus Markensicht wird sie nur funktionieren, wenn sie nachhaltig gemacht wird", sagt er. Über einen ausreichend langen Zeitraum müsse sich ein Unternehmen für Umweltbelange stark machen, bevor es der Konsument auch glaubt. Dazu komme, dass das Unternehmen die grüne Position über alle Unternehmensfelder hinweg spielen müsse, um glaubhaft zu sein.

Der japanische Autohersteller Toyota ist solch ein positives Beispiel: Seit mehr als zehn Jahren fördert das Unternehmen die umweltschonende Technologie des Hybridantriebs. In den Geschäftsberichten ist der Umweltschutz seit vielen Jahren als eines der Top-Ziele des Autobauers verankert. So viel Engagement kommt auch an - laut einer aktuellen ADAC-Umfrage hat Toyota mittlerweile unter allen in Deutschland vertretenen Automarken das beste Umweltimage. Noch vor vier Jahren lag die japanische Marke auf Platz vier, während Volkswagen seinerzeit als umweltfreundlichster Autobauer galt.

Doch auch deutsche Autohersteller wie Volkswagen oder BMW bemühen den Umweltschutz als weiteres Verkaufsargument. Volkswagen beispielsweise hat vor einiger Zeit mit der "Blue Motion"-Reihe CO2-reduzierte Fahrzeuge auf den Markt gebracht. Allein in der Vermarktung gab es eine Panne: In einer Printanzeige war ein roter New Beetle in satter grüner Landschaft abgebildet, darunter stand "Wer ein Auto fährt, trägt eine große Verantwortung. Wer eines herstellt, erst recht." - doch das abgebildete Modell gab es damals noch gar nicht mit der umweltfreundlichen Technologie. Solche Beispiele schüren nach Meinung von Branchenexperten das Misstrauen der Verbraucher gegenüber grüner Werbung.

Auch Mineralölkonzerne wie Shell und BP versuchen mit viel Marketingaufwand, das grüne Gewissen der Konsumenten zu beschwichtigen. Shell beispielsweise ließ eine Printanzeige gestalten, in der aus vielen Schornsteigen kunterbunte Blümchen statt des Rauchs aufsteigen. Dazu stand in einem fantasievollen Text, dass man künftig doch auch gut Abfall recyceln könne, schließlich würden Gärtner Kohlendioxid zur Blumenzucht verwenden.

BP seinerseits hatte in einer jahrelangen Kampagne für sein grünes Image gekämpft, sogar eine strahlende Sonne im Firmenlogo verankert - doch ein folgenschweres Pipeline-Leck im Fördergebiet Prudhoe Bay in Alaska machte 2006 die Bemühungen kurzerhand zunichte und entlarvte sie als das, was sie vermutlich waren: bloße Lippenbekenntnisse.

Da hatte es die Deutsche Bahn, zumindest in Sachen Klimaschutz, 2007 leichter: Nach zahlreichen Autoherstellern und Fluglinien, die alle miteinander für ihr ökologisches Bewusstsein warben, griff nun auch die Bahn in die Öko-Trickkiste und präsentierte - mithilfe des Popsängers Sasha - eine Umweltbahnkarte. Das wirkte durchaus überzeugend.

Doch selbst, wenn die Verbraucher den Unternehmen den grünen Anstrich tatsächlich abnehmen, ist immer noch fraglich, ob sie deshalb auch deren Produkte kaufen. Markenexperte Schmidt aus Genf verneint dies: "Leider zahlen Menschen nur sehr selten mehr Geld für Produkte, die umweltbewusst sind. Die Bereitschaft ist einfach noch nicht da." Ein Kaufkriterium sei es erst dann, wenn das Produkt einen Zusatznutzen wie beispielsweise geringere Verbrauchskosten biete, wenn es vom Staat subventioniert werde.

Beispiel Kühlschränke: Die Einführung von Effizienzklassen sorgte seinerzeit tatsächlich für zusätzliche Kaufanreize, da damit eine direkte Reduzierung der Stromkosten verbunden war. Öko-Werbung müsse "immer mit einer direkten Leistung verbunden sein", meint Schmidt vom Markeninstitut, ansonsten verpuffe deren verkaufsfördernde Wirkung.

Es gibt noch ein weiteres Feld, auf dem sich grüne Werbung nach Meinung von Marketingexperten in Zukunft auszahlt: überall dort, wo die Kernleistung annähernd austauschbar ist, etwa beim Strom, beim Mineralöl oder auch im Flugverkehr. "Dort zählen solche Imagewerte unter Umständen", sagt Schmidt.

Problematisch wird es hingegen bei Unternehmen, die jetzt kurzerhand auf den grünen Werbezug aufspringen, die kein nachhaltiges Wirtschaften vorweisen können und den Klimaschutz somit leichtfertig als weiteren Werbetrend behandeln. So etwas wird von kritischen Verbrauchern schnell geahndet - und gerät dann zum Bumerang.

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