US-Dollar Kraftprotz oder Weichei?

Die Welt der Währungen ist im Umbruch. Was passiert mit dem US-Dollar, nachdem die Notenbank Federal Reserve die Notenpresse angeworfen hat und die Märkte mit billigem Geld flutet? Ist das Ende der Leitwährung gekommen? Oder schafft der Greenback tatsächlich das Comeback? Die Experten streiten.

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Für ein Bündel Dollars. Was passiert mit der US-Währung? Quelle: Reuters Quelle: handelsblatt.com

HB FRANKFURT. Das Jahr 2009 war turbulent. Auch an den Devisenmärkten. Besonders spannend war die Entwicklung des Dollars. Der hat sich zu einer Niedrigzins-Währung gewandelt, die zusehends für Zinsspekulationsgeschäfte (Carry Trades) verwendet wurde.

Viele Anleger nutzten die rekordniedrigen Leitzinsen in den USA, um sich in der amerikanischen Währung zu verschulden und diese Mittel in höherverzinslichen Währungen anzulegen. Dies setzte dem Dollar im Jahresverlauf immer mehr zu, nachdem er zuvor von der hohen Risikoscheu der Anleger infolge der Finanzkrise profitiert hatte. Es stellt sich die Frage: Schafft die US-Währung 2010 ihr Comeback?

Nicht wenige Experten rechnen im kommenden Jahr damit, dass sich der US-Dollar tatsächlich fängt. Sowohl fundamentale als auch technische Faktoren werden als Begründung genannt. Realwirtschaftlich gelten zumeist die mittelfristig günstigeren Wachstumsaussichten der USA - nicht zuletzt gegenüber dem Euroraum - als Hauptgrund. "Das Bild eines deutlich stärkeren Wachstums in den USA als in Euroland in den nächsten zwei Jahren bleibt bestehen", sagt etwa Dekabank-Experte Christian Melzer. Hiervon dürfte der Dollar zusehends profitieren und sich wieder festigen.

Neben der realwirtschaftlichen Entwicklung gilt die Geldpolitik der Notenbanken als wichtiger Faktor für die Entwicklung am Devisenmarkt. Experten rechnen damit, dass die US-Notenbank als erste große Zentralbank Mitte 2010 mit Zinsanhebungen beginnen wird. Und da derartige Zinswenden am Devisenmarkt regelmäßig vorweggenommen werden, dürfte der Dollar bereits Anfang 2010 spürbar aufwerten, meint Experte Christian Apelt von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba).

Ein weiterer Grund spricht für einen stärkeren Dollar, nämlich der nachlassende Zusammenhang zwischen Risikoaversion und dem Dollarkurs. Dieser Kontext hatte den Dollar ab Mitte 2009 deutlich belastet, nachdem sich die globale Konjunktur zu erholen begann und damit die Risikoneigung der Anleger wieder anzog.

In diesem Umfeld stellten selbst robuste US-Konjunkturdaten eine Belastung für den Dollar dar. Dieser Zusammenhang dürfte sich aber spätestens dann auflösen, wenn die US-Notenbank eine Zinswende in Aussicht stellt, sind sich Experten sicher. Mit anderen Worten: Die Wechselkurse dürften dann weniger durch Wachstumsdifferenzen und wieder mehr durch Zinsdifferenzen bestimmt werden.

Aus diesen Gründen gehen nicht wenige Experten davon aus, dass der Dollar zu vielen Währungen zumindest bis Mitte 2010 deutlich aufwerten wird. Im weiteren Jahresverlauf dürfte der Dollar jedoch einen Teil dieser Gewinne wieder abgeben, wenn andere große Notenbanken wie die Europäische Zentralbank (EZB) ebenfalls mit Zinsanhebungen beginnen.

Skeptischer als die meisten Volkswirte sieht Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank die Zukunft des Dollar. Seiner Auffassung nach werden die USA 2010 der globalen Konjunktur hinterherhinken, woraus er einen Mangel an fundamentaler Attraktivität der US-Währung ableitet.

Zudem erwartet Hellmeyer im Gegensatz zu vielen andern Vertretern seiner Zunft, dass nicht die US-Notenbank, sondern die EZB als erste große Notenbank ihre Geldpolitik straffen wird. "Die Zinspolitik der Federal Reserve wird den Vorgaben aus der Eurozone mit deutlicher Verzögerung frühestens im zweiten Halbjahr 2010 und nur halbherzig folgen."

Darüber hinaus verweist Hellmeyer auf die bereits 2009 einsetzende "Flucht aus dem Dollar", nicht zuletzt seitens Zentralbanken und Regierungen. "Der Diversifikationsprozess aus dem Dollar heraus in andere Währungen wird 2010 anhalten." Politischer Höhepunkt dieses Prozesses war 2009 der Vorschlag Chinas, anstatt des Dollar eine andere Reservewährung auf Basis der sogenannten Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds (IWF) einzuführen.

Wie immer sich der Wert des Dollar 2010 auch entwickeln mag - mit Spannung darf verfolgt werden, welche Rolle die US-Währung auf lange Sicht in der Finanzwelt spielen wird. Denn selbst im Falle einer wertmäßigen Erholung des Greenback ist der Ruf der US-Währung als weltweite Reservewährung angekratzt. Dies spricht dafür, dass die Bedeutung des Dollar über das Jahr 2010 hinaus abnehmen wird - ungeachtet der Möglichkeit eines Comebacks 2010.

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