Wirtschaftswachstum Experten glauben an den Aufschwung

Recht optimistisch geben sich die Konjunktur-Propheten. Der Aufschwung setze sich fort, meinen die meisten. Sie unterscheiden sich nur in der Einschätzung, wie stark das Wirtschaftswachstum ausfällt.

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Die Verbraucher werden im kommenden Jahr die Konjunktur ankurbeln, glauben Experten. Quelle: dpa

HB BERLIN. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) rechnet im kommenden Jahr mit einem Wirtschaftswachstum knapp über zwei Prozent. "Wir erwarten eine Fortsetzung des Aufschwungs auf relativ hohem Niveau", sagte der Chef der DIW-Konjunkturabteilung, Christian Dreger, dem "Tagesspiegel am Sonntag". Die neue Prognose, die das Institut am 2. Januar vorstellen will, werde "leicht über zwei Prozent" liegen. Seinen Optimismus stützt Dreger vor allem auf die Verbraucher, die im neuen Jahr wieder mehr Geld ausgeben sollen.

"Wir erwarten, dass der Aufschwung 2008 bei immer mehr Leuten ankommt", sagte der Experte. Die Arbeitslosenzahl werde weiter sinken und zeitweise sogar an der Drei-Millionen-Marke kratzen. Auch die Einkommen der Arbeitnehmer würden deutlich steigen. Drastische Preissteigerungen bei Energie und Lebensmitteln wie 2007 erwartet Dreger im neuen Jahr nicht. "Die Inflationsrate wird 2008 wieder unter zwei Prozent fallen", prognostizierte er. Im Dezember hatte sie mit 2,8 Prozent recht hoch gelegen.

Optimistisch äußerte sich auch die Postbank. Sie rechnet nach Angaben ihres Chefökonoms Marco Bargel mit einem um 2,1 Prozent höheren Bruttoinlandsprodukt. "Von Rezession kann jedenfalls keine Rede sein", sagte Bargel dem selben Blatt: "Es haben sich noch nicht einmal alle Komponenten des Aufschwungs entfaltet, etwa der Konsum." Und angesichts der Entwicklung von Beschäftigung und Arbeitslosigkeit sei es kaum denkbar, dass der Konsum zurückgehe.

Die derzeit hohe Inflation koste zwar Kaufkraft, werde sich in den kommenden Monaten aber abschwächen, erklärte Bargel. Auch die Finanzkrise sei für Deutschland kein großes Risiko: "Hier investieren die Unternehmen noch aus ihren laufenden Mitteln und sind weniger auf Kredite angewiesen als ihre Konkurrenten in den anderen Industrieländern." Im besten Fall sei insgesamt sogar ein Wachstum von 2,5 Prozent möglich, im schlechtesten werde es bei 1,5 Prozent liegen.

Die Bundesregierung hatte zuvor angekündigt, ihre Konjunkturprognose für das kommende Jahr weiter - und damit auf unter zwei Prozent - zu senken. Bereits in ihrer Ende Oktober veröffentlichen Herbstprognose hatte sie die Wachstumserwartungen für das nächste Jahr von 2,4 auf 2,0 Prozent heruntergeschraubt. Kurz vor Weihnachten hatten auch mehrere Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Prognosen gesenkt. Das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) und das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) erwarten nur noch ein Plus von 1,7 Prozent. Das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) reduzierte seine Vorhersage sogar auf 1,4 Prozent.

Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, prognostiziert für die Wirtschaft in Deutschland insgesamt ein Wachstum von 1,75 Prozent. Zu den offenen Fragen gehöre, ob der private Verbrauch im neuen Jahr deutlich ansteigen werde. Die Arbeitnehmer hätten durch die höheren Tarifabschlüsse und die Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung mehr Geld in der Tasche, sagte Walter. Es sei aber unklar, ob sie dies zum Konsum nutzen oder mehr sparen würden. Keine Änderungen erwartet Walter hingegen bei den hohen Preisen für Nahrungsmittel: "Ich sehe keinen Grund für ein Nachgeben der Preise, die Nachfrage ist stabil." Auch der Euro werde im neuen Jahr dauerhaft stark bleiben.

Der Chefökonom der Bank of America, Holger Schmieding, erwartet für Deutschland im kommenden Jahr ein Wirtschaftswachstum von 1,6 Prozent. Wenn man berücksichtige, dass es 2008 relativ viele Arbeitstage gebe, könne es die deutsche Wirtschaft sogar auf ein Bruttoinlandsprodukt von knapp zwei Prozent schaffen, sagte Schmieding im Südwestrundfunk. In den USA bestehe dagegen eine kurze Rezessionsgefahr. Es gebe erhebliche Belastungen, vor allem durch die Immobilienkrise. Im Laufe des Jahres werde die US-Wirtschaft aber wieder Tritt fassen und Wachstumsraten bis zu drei Prozent erzielen.

Schmieding rechnet für den Jahresanfang mit einer erneuten Zinssenkung der US-Notenbank. Damit solle für Entspannung auf dem Geld- und Kreditmarkt gesorgt und den Abwärtsrisiken für die amerikanische Konjunktur entgegengewirkt werden. Den US-Dollar hält der Chefökonom der größten Bank der Welt für "fundamental unterbewertet". Ein fairer Wechselkurs zum Euro liege eher bei 1,10 Dollar. Sobald die USA ihre aktuellen Probleme sowie das Leistungsbilanzdefizit in den Griff bekämen, werde der Dollar wieder an Stärke gewinnen, sagte Schmieding.

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