Banken Nach Gebühren-Urteil: Sparkassen sehen sich massiv unter Druck

Banken sehen sich durch ein BGH-Urteil erheblichen Rückzahlungen ausgesetzt. Auch den öffentlich-rechtlichen Bankensektor belastet es schwer.

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Das BGH-Urteil könnte die Zahlen schwer drücken. Quelle: dpa

Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zu ungerechtfertigten Gebührenerhöhungen sowie Diskussionen um Zinsnachzahlungen auf Sparverträge hat der Präsident des Sparkassenverbands Bayern vor Belastungen für den öffentlich-rechtlichen Bankensektor gewarnt.

„Die aktuellen Herausforderungen rund um die Themen Prämiensparverträge und AGB-Änderungsmechanismus setzen die Sparkassen massiv unter Druck“, sagte Ulrich Reuter am Mittwoch bei einer Veranstaltung seines Verbands. Hinzu kämen anhaltend niedrige Zinsen, die auf das Ergebnis drückten.

Das Urteil hatte im April für Entsetzen im Bankensektor gesorgt. Der BGH urteilte über Gebührenerhöhungen durch Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Postbank. Die Entscheidung ermöglicht es Kunden, Gebühren aus früheren Jahren zurückzufordern. Grund ist die Art und Weise, wie diese in der Regel heraufgesetzt wurden. Gleichzeitig erschwert es das Urteil den Kreditinstituten, Gebühren in Zukunft einfach zu erhöhen.

Reuter zufolge sei es allgemein anerkannt, dass die deutschen Banken ihre Gebühren erhöhen müssen, um die Rentabilität zu steigern. Im europäischen Vergleich würden die Bankgebühren in Deutschland nur ein Drittel dessen betragen, was spanische oder italienische Kunden bezahlten. Forderungen, Gebühren zu deckeln, lehnte er ab.

Die Finanzaufsicht Bafin hatte prognostiziert, dass die möglichen Gebührenrückzahlungen nach dem BGH-Urteil im schlimmsten Fall den halben Jahresgewinn deutscher Banken vereinnahmen könnten. Die Postbank-Mutter Deutsche Bank AG verbuchte im 2. Quartal bereits einen negativen Einfluss von 222 Millionen Euro wegen des Urteils – davon 128 Millionen Euro als Rückstellung für Rechtsstreitigkeiten.

Weitere Sparkassen-Fusionen in Aussicht

Die Commerzbank AG signalisierte, für das zweite Quartal eine Rückstellung im mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich buchen zu müssen. Auch die Helaba-Tochter Frankfurter Sparkasse kündigte Rückstellungen wegen des Urteils an.

Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken hatte ebenfalls vor deutlichen Folgen für die Kreditwirtschaft gewarnt, zugleich aber die Bafin-Schätzung zu möglichen Kosten als zu hoch bezeichnet, zumindest für den genossenschaftlichen Sektor.

Neben dem BGH-Urteil zu Gebühren belasten die Geldhäuser auch mögliche Nachzahlungen auf Prämiensparverträge. Die Bafin hatte Kreditinstitute verpflichtet, Kunden solcher Produkte über unwirksame Zinsanpassungsklauseln zu informieren. Ein Prämiensparvertrag ist eine langfristige Sparform mit variabler Verzinsung und gleichbleibender Sparleistung.

Reuter forderte die Sparkassen auf, Fusionen zu erwägen, auch wenn dies für das einzelne Institut einen Verlust an Freiheit bedeute. „Um ihre Wirkkraft zu steigern, müssen sie intensiver zusammenarbeiten, sich gegebenenfalls zusammenschließen und auch vermehrt auf zentrale Dienstleister zurückgreifen“, sagte er.

Er deutete an, dass Zusammenarbeit nicht mit den regionalen Sparkassen enden sollte: „Im Moment denken erst einmal einige Häuser über Fusionen nach, doch perspektivisch ist es im Verbund sicherlich sinnvoll, immer nur einen Anbieter für ein Produkt oder eine Dienstleistung anzustreben.“ Gespräche über eine Fusionen der Sparkassen-Spitzeninstitute Helaba und DekaBank ruhen derzeit wegen der Coronakrise.

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