Blick hinter die Zahlen #16 – Gastro-Krisencheck Wie viel Gewinn bleibt von der verkauften Pizza?

In der Coronapandemie bangen Gastronomen um die Existenz. Wie sie wirtschaftlich dastehen, zeigt unsere Analyse. Überraschend: Der Asia-Imbiss hängt alle ab.

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Eigentlich schien die Gastronomie ganz gut gerüstet für die Zukunft. Die Digitalisierung zum Beispiel konnte die Branche relativ gelassen sehen. Klar, viele Deutsche lassen sich Essen häufiger liefern als früher, geordert per Handy-App, anstatt ins Restaurant zu gehen. Aber auch dann muss es ja irgendwo gekocht werden. Mit echten Zutaten von leibhaftigen Köchen. Digital geht das nicht.

Dann aber kam die Coronapandemie und behördliche Schließungen von Restaurants und Cafés. Wochenlang brachen Gastronomen nun die Einnahmen weg. Der Außer-Haus-Verkauf, den einige anbieten, kann das keinesfalls auffangen. Zumal Kunden dabei deutlich weniger Getränke kaufen, die margenstärker als Speisen sind. Und Trinkgeld gibt es von Selbstabholern auch kaum. Die Mieten aber laufen meist weiter. Angestellte wollen bezahlt werden. Kurzarbeit oder Kündigungen sind daher derzeit an der Tagesordnung.

Nun hoffen Gastronomen auf die Corona-Lockerungen, erste Restaurants machen wieder auf. Der richtige Zeitpunkt für einen Gastro-Krisen-Check: Wie stehen die Betriebe wirtschaftlich da? Haben sie die Chance, Ausfälle wieder reinzuholen? Wie gewinnträchtig ist das Geschäft überhaupt?

Die Anzahl der Gastronomie-Unternehmen hat sich seit 2009 jedenfalls sehr stabil entwickelt, leicht steigend. So gab es 2017 gut zehn Prozent mehr solcher Unternehmen als noch 2009. Dahinter stehen allein 1,8 Millionen Erwerbstätige, knapp 1,6 Millionen Angestellte, rund 170.000 mitarbeitende Inhaber und gut 32.000 sonstige Beschäftigte. Übrigens liegt die Frauenquote in der Gastronomie bei 54 Prozent. Die Branche ist also leicht weiblich dominiert.

Anzahl der Gastronomie-Unternehmen 2017

Und die meisten der Unternehmen sind das, was man sich klassischerweise darunter vorstellt: ein Restaurant mit Bedienung. Die stehen für fast 60 Prozent der Gastro-Unternehmen. Mit knapp 26 Prozent folgen Imbisse schon weit dahinter. Selbstbedienungs-Restaurants spielen nur eine Nischenrolle.

Natürlich gibt es dabei große Unterschiede: vom Luxus-Sterne-Restaurant bis zum kleinen Schmuddelimbiss. Doch im Durchschnitt erreichen die Unternehmen nennenswerte Umsätze, im Schnitt waren es 2017 schon 327.000 Euro je Unternehmen. Je nach Anzahl der offenen Tage im Jahr also durchaus 1000 Euro Umsatz am Tag, eher mehr.

Entwicklung der Jahresumsätze je Unternehmen

Auch in normalen Zeiten waren staatliche Hilfen in der Gastronomie Alltag. Die neue Küche, ein Austausch der Heizungsanlage – bei vielen Ausgaben haben die Gastronomen öffentliche Förderung beansprucht, so wie viele andere Branchen auch. Mit 460 Euro je Unternehmen und Jahr ist der Durchschnittswert allerdings eher überschaubar. Das zeigt: Die Branche trägt sich eigentlich durchaus selbst. In normalen Zeiten.

Denn schon ein einziger Privathaushalt gibt, je nach Bundesland, im Schnitt knapp 100 bis fast 150 Euro im Monat für Verpflegungsdienstleistungen aus. Am höchsten liegt der Wert in Bayern: Biergärten und Brauhäuser sind hier wohl stärker im öffentlichen Leben verankert als in vielen anderen Bundesländern. Außerdem ist die Wirtschaftskraft in Bayern hoch, sodass auch die privaten Konsumausgaben insgesamt vergleichsweise hoch sind. Gemessen an diesen privaten Ausgaben für Konsum spielt die Gastronomie in Berlin die wichtigste Rolle. In der Hauptstadt geben private Haushalte immerhin 5,4 Prozent davon für Verpflegungsdienstleistungen aus. So hoch liegt der Anteil sonst nirgendwo. In Sachsen-Anhalt, wo die Ausgaben auch absolut am niedrigsten sind, beträgt der Wert nur 4,1 Prozent.

Ausgaben für Verpflegungsdienstleistungen der privaten Haushalte

So schön hohe Ausgaben – und damit Umsätze für die Unternehmen – sind, letztlich kommt es auf den Gewinn an. Wie viel bleibt der Pizzeria am Ende eines Tages wirklich in der Kasse, wenn sie die Löhne fürs Personal, die Miete fürs Lokal, die Ausgaben für Zutaten und alle weiteren Abgaben und Kosten berücksichtigt?

Die Finanzverwaltung hat dazu Daten gesammelt. Diese nutzt sie auch, wenn Gewinne geschätzt werden müssen, weil eine ordentliche Buchführung fehlt oder es Zweifel an deren Richtigkeit gibt. Diese Richtwerte sind auf Basis zahlreicher bei Betriebsprüfungen untersuchter Unternehmen ermittelt worden. Sie gelten vor allem für Einzelunternehmen, nicht für Großbetriebe. So wird bei den Werten zum Beispiel davon ausgegangen, dass Inhaber oder Inhaberin ohne eigene Entlohnung mitarbeiten. Der Gewinn muss also auch reichen, um den Lebensunterhalt der Inhaber abdecken zu können.

Wie viel Gewinn vom Umsatz in der Gastronomie hängenbleibt

Die Werte zeigen deutliche und teils überraschende Unterschiede: Zwischen 17 und 36 Prozent Gewinnmarge sind in der Gastronomie demnach üblich, im Schnitt. Während größere Cafés nur auf 17 Prozent Marge kommen, sind es bei Eisdielen 27 Prozent. Eine Pizzeria erreicht immerhin 30 Prozent, oder – bei höherem Umsatz – noch 24 Prozent. Sehr einträglich scheint auch das Geschäft mit asiatischen Speisen zu sein. Asia-Restaurants kommen gemäß der Richtwerte auf 27 Prozent Marge. Asia-Imbisse schneiden noch besser ab. Bei bis zu 100.000 Euro Jahresumsatz erzielen sie mit stolzen 36 Prozent sogar die höchste Gewinnmarge der Gastrobranche insgesamt.

Die Gastronomie hat also durchaus das Zeug, der Krise standzuhalten. Wenn sie denn wieder öffnen und Umsätze erzielen darf.

Die Rubrik „Blick hinter die Zahlen“ entsteht mit Unterstützung des Statistischen Bundesamtes (Destatis). Für die Inhalte der Beiträge ist ausschließlich die WirtschaftsWoche verantwortlich.

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