Blick hinter die Zahlen #7 – Private Hochschulen Private Hochschulen boomen – vor allem diese Studiengänge

Private Hochschulen waren in Deutschland einst ein Spartenphänomen. Das hat sich komplett gewandelt – trotz der enormen Kosten für Studierende. Welche Bundesländer und Fächer die meisten privaten Studierenden anziehen.

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Deutschland, Land der Akademiker: Die Zahl der Studierenden hierzulande ist seit der Jahrtausendwende um 60 Prozent gestiegen. Knapp 2,9 Millionen Menschen waren im Wintersemester 2018/2019 immatrikuliert – so viele wie nie zuvor.

Noch einschneidender als der generelle Trend zur Akademisierung ist jedoch ein anderer, der sich hinter den allgemeinen Zahlen verbirgt: der Boom privater Hochschulen. Gab es um die Jahrtausendwende noch knapp 25.000 Studierende bei privaten Trägern, so hat sich ihre Zahl bis 2018 auf knapp 250.000 verzehnfacht, wie Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen. Öffentliche und kirchliche Hochschulen konnten ihre Studierendenzahlen im selben Zeitraum noch nicht einmal verdoppeln.

Auch die Zahl der privaten Hochschulen ist stark gestiegen. Dem Verband der Privaten Hochschulen (VPH) zufolge ist inzwischen jede dritte Hochschule in Deutschland privat. Von den 123 privaten Instituten (Stand: 2017) stehen jedoch nur 13 im Rang einer Universität, verfügen also über ein Promotionsrecht. Die anderen 110 Institute sind Fachhochschulen.

Beiträge der Studierenden nach Hochschultyp im Jahre 2017

Heute gibt es in allen Bundesländern außer Sachsen-Anhalt private Hochschulen. Mit Abstand am meisten „Privatstudenten“ versammeln sich in Nordrhein-Westfalen (mehr als 80.000 Studierende). Hier existiert zwar nur eine Privatuniversität, aber zusätzlich 25 Fachhochschulen mit insgesamt mehr als 35 Standorten. Auch in Hamburg, Hessen und Berlin studieren besonders viele Menschen an privaten Hochschulen.

Zahl der Studierenden an privaten Hochschulen
nach Bundesländern im Wintersemester 2018/2019

Mit Abstand am meisten privat Studierende schreiben sich dabei für Betriebswirtschaftslehre (BWL) ein (knapp 56.000 Studierende im Wintersemester 2018/2019). Auch andere Studiengänge mit wirtschaftlichem Fokus sind an privaten Hochschulen beliebt, etwa internationale BWL/Management (23.000), Gesundheitsmanagement (20.000), allgemeine Wirtschaftswissenschaften (10.000) oder Medienmanagement (7000).

Der Wirtschaftsfokus liegt gewissermaßen in der DNA der privaten Hochschulen: Mehr als 171.000 der Studierenden sind dort in einem Wirtschafts-, Rechts- oder Sozialwissenschaftlichen Studiengang eingeschrieben, die meisten von ihnen im Wirtschaftsbereich. Das zeigt sich auch an den besonders renommierten Privatuniversitäten: Ob die Steinbeis Hochschule Berlin, die EBS Universität für Wirtschaft und Recht oder die Frankfurt School of Finance & Management, fast alle legen den Schwerpunkt auf Wirtschaftsangebote.

ZZahl der Studierenden an privaten Hochschulen nach Studienfach im jeweiligen Wintersemester

Doch mit der Zahl der privaten Hochschulen steigt auch die Breite ihrer Angebote. Stammten im Jahr 2000 noch fast alle Studiengänge aus der klassischen Wirtschaftsecke, so bieten sie heute auch andere Bereiche an: etwa Pädagogik, Psychologie, soziale Arbeit oder Textilgestaltung. Auch Medizinstudiengänge sind im Kommen. Die privaten Hochschulen versuchen, auch hier mit kleineren Lerngruppen, modernerer Ausstattung und höherem Praxisbezug zu punkten. Ein weiterer, gerade für Studienanwärter in umkämpften Bereichen wie Medizin nicht ganz unwichtiger Faktor: An privaten Hochschulen ist die Zulassung nicht an einen NC geknüpft, also an einen festen Notenschnitt.

Diese Vorteile haben indes ihren Preis – und der ist gerade im direkten Vergleich zu staatlichen Hochschulen stark gestiegen. Seit der Abschaffung der Studiengebühren müssen Studierende an staatlichen Unis nur noch den Semesterbeitrag zahlen. Der überschreitet in der Regel kaum die 150-Euro-Grenze und liegt im rechnerischen Schnitt bei 107 Euro pro Studierendem. An privaten Hochschulen hingegen muss rechnerisch jeder Studierende im Schnitt mehr als 4200 Euro zahlen.

Zahl der Studierenden nach Trägerschaft der Hochschule
im jeweiligen Wintersemester

In Realität liegen die Kosten oft noch deutlich höher, je nach Hochschule und Studiengang. So kostet der populärste aller Studiengänge, der BWL-Bachelor, etwa an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht sportliche 43.085 Euro. Das sind deutlich mehr als 14.000 Euro im Jahr. Ein Master ist für gut 26.000 Euro für 16 bis 20 Monate zu haben. Dafür erwirbt man das „hochkarätige Netzwerk“ gleich mit.

Während Anbieter wie die EBS Vollzeitstudenten ausbilden, setzen viele andere private Hochschulen auf berufsbegleitende Programme. So kann an der Steinbeis-Hochschule Berlin etwa der Bachelor Marketing und Management absolviert werden. Der dauert zwar auch drei Jahre, benötigt jedoch nur 51 Präsenztage – und ein Investment von knapp 16.000 Euro.

Die berufsbegleitenden Angebote sorgen nicht nur dafür, dass der Altersschnitt an privaten Hochschulen mit 24,6 Jahren etwas höher ist als das der Studierenden insgesamt (23,4 Jahre). Sie sind auch einer der Gründe für das immense Wachstum der privaten Hochschulen: Immer mehr Deutsche entscheiden sich für ein berufsbegleitendes Studium – und damit in der Regel für eine private Hochschule.

Die Rubrik „Blick hinter die Zahlen“ entsteht mit Unterstützung des Statistischen Bundesamtes (Destatis). Für die Inhalte der Beiträge ist ausschließlich die WirtschaftsWoche verantwortlich.

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