Lkw-Maut-Fahrleistungsindex Deutschlands aktuellster Konjunkturindikator nimmt weiter Fahrt auf

Wie stark wird die Wirtschaft unter den Coronafolgen leiden? Als schnellster „harter“ Konjunkturindikator gibt der Lkw-Maut-Index Aufschluss.

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Während die Coronapandemie längst auch bei den klassischen Konjunkturindikatoren angekommen ist und die Exporte ins schier Bodenlose fallen lässt, bietet Deutschlands aktuellster Indikator mittlerweile wieder Grund zur Hoffnung: Mit dem Lkw-Maut-Fahrleistungsindex steigt der erste offizielle Konjunkturindikator des Statistischen Bundesamtes (Destatis) weiter an. Im Oktober 2020 ist die LKW-Fahrleistung den sechsten Monat in Folge wieder angestiegen, um 0,3 Prozent gegenüber dem Vormonat. Im Vergleich zum selben Zeitraum im Vorjahr fällt der Anstieg mit 1,0 Prozent sogar noch deutlicher aus.

Im April war der Maut-Index noch um drastische 10,9 Prozent im Vergleich zum Vormonat abgestürzt. Dabei war schon der Rückgang im März um 5,9 Prozent ein historisch deutlicher gewesen. „Das war der stärkste je gemessene Rückgang gegenüber einem Vormonat seit Einführung der Lkw-Maut im Jahr 2005“, formuliert es Destatis. Selbst nach der Finanzkrise von 2008/2009 betrug das stärkste gemessene Minus zum Vormonat „nur“ 4,3 Prozent.

Doch auch wenn der Maut-Index sich im Vormonatsvergleich leicht erholt hat, so liegt sein bereinigtes Niveau wegen der vorherigen Abstürze immer noch deutlich unter dem Vorkrisenniveau.



Seit dem 14. April erschien der Maut-Index auch auf täglicher Basis, mit nur wenigen Tagen Verzug, inzwischen gilt ein wöchentlicher Rhythmus. Die Daten zeigen ein eher durchwachsenes Bild. So war der gleitende Sieben-Tages-Durchschnitt, an dem sich der Trend am übersichtlichsten ablesen lässt, Ende März stark abgefallen, danach aber kontinuierlich gestiegen. Anfang Juni sank er überraschend wieder, steigt seitdem jedoch kontinuierlich seicht an.

Betrachtet man die Tageswerte, so zeigt sich dabei eine Wellenbewegung, die den Index im Schnitt einmal pro Woche deutlich nach oben treibt. Das ist kein Zufall, liegt der Ausschlag doch stets an einem Sonntag. Hinzu kommen beizeiten weitere erratisch scheinende Ausschläge, die Feiertage abbilden.

Das hat einen einfachen Grund: Der bereinigte Index vergleicht stets die aktuellen Daten mit dem, was vor der Krise normal war. Vor der Krise war Lkw-Verkehr an Sonn- und Feiertagen jedoch verboten, er ist nun nur dank einer Ausnahmeregel überhaupt möglich. Das führt dazu, dass selbst relativ geringe Lkw-Bewegungen an Sonn- Feiertagen zu großen Ausschlägen im Index führen. Tatsächlich sind absolut gesehen jedoch auch an diesen Tagen kaum Lkw unterwegs.

Je mehr Feiertage es also gibt, desto stärker steigt auch der gleitende 7-Tages-Durchschnitt an und suggeriert damit eine Erholung, die in Wirklichkeit jedoch weniger deutlich ausfällt. Entsprechend zeigt auch die bereinigte Kurve Ende Mai/Anfang Juni starke Ausschläge, hat sich seitdem jedoch deutlich beruhigt.


Der bislang weitestgehend unbekannte Lkw-Maut-Fahrleistungsindex wurde voriges Jahr vom Bundesamt für Güterverkehr (BAG) und dem Statistischen Bundesamt (Destatis) aus der Taufe gehoben und ist seitdem Teil der offiziellen Konjunkturindikatoren bei Destatis.

Der Index bildet ab, welche Strecken große Lkw mit mindestens vier Achsen auf Deutschlands Autobahnen zurücklegen. Der Vorteil: Da die Fahrten per automatischer Einbuchung erfasst werden, steht der Index schon neun Tage nach Ablauf eines Monats zur Verfügung. Ganz anders die deutlich schwerfälligeren etablierten Indikatoren wie etwa Industrieproduktion oder Bruttoinlandsprodukt, die mit mehreren Wochen Verzug veröffentlicht werden.

Der Maut-Index ist damit gewissermaßen der Frühindikator für die deutsche Konjunktur. Das ist gerade in Zeiten des Corona-Virus interessant, in denen überall vor Konjunkturproblemen oder gar einer Rezession gewarnt wird, ohne indes auf breitere Daten zurückgreifen zu können.

Einen auf einen Blick noch intuitiveren Überblick über die Entwicklung der Konjunktur zeigt die Abweichung des mittelfristigen vom langfristigen Trend. An ihr lässt sich ablesen, wie ungewöhnlich die Entwicklung des Lkw-Maut-Fahrleistungsindex tatsächlich ist.

Und auch die Entwicklung des Trends stimmt nachdenklich: Seit einigen Monaten schon entwickelt sich der mittelfristige unterhalb des langfristigen Wachstumstrends, was auf einen konjunkturellen Abschwung hinweist. Schon im Februar war er noch weiter gesunken und hinter den langfristigen Trend zurückgefallen.

Daten aus der Vergangenheit lassen erwarten, dass andere Indikatoren dem Maut-Fahrleistungsindex folgen werden. So haben Destatis- und BAG-Experten untersucht, inwieweit sich der Maut-Index und andere Indizes in der Vergangenheit ähnlich entwickelt haben.

Abweichung des mittelfristigen vom langfristigen Trend des Lkw-Maut-Fahrleistungsindex und des Produktionsindex nach Monaten in Prozent

Das Ergebnis: Gerade zwischen Maut-Fahrleistungsindex und dem Produktionsindex für das verarbeitende Gewerbe gibt es große Übereinstimmungen – mit einem Unterschied: Der Maut-Index ist früher verfügbar als sein Konterpart.

Die Rubrik „Blick hinter die Zahlen“ entsteht mit Unterstützung des Statistischen Bundesamtes (Destatis). Für die Inhalte der Beiträge ist ausschließlich die WirtschaftsWoche verantwortlich.

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