Bundesbank Jens Weidmann sieht in digitalem Euro keinen Ersatz für Bargeld

Der scheidende Bundesbankchef ist überzeugt, dass Bargeld auch in der absehbaren Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird. Quelle: Reuters

Während Corona hat das bargeldlose Bezahlen zugenommen. Ein Abschied vom Bargeld zeichnet sich nach Einschätzung des scheidenden Bundesbank-Präsidenten aber nicht ab.

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Trotz eines Trends zum bargeldlosen Bezahlen bleibt die Nachfrage nach Banknoten in Deutschland hoch. „Für das laufende Jahr zeichnet sich bislang eine Nettoemission ab, die zwar geringer ist als im Vorjahr, aber den Wert von 2019 etwas übertrifft“, sagte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann am Mittwoch laut Redetext zur Eröffnung eines Symposiums der Bundesbank in Berlin, das auch live im Internet übertragen wurde.

„Die Nachfrage nach Bargeld wächst also weiter, obwohl seine Bedeutung als Zahlungsmittel gesunken ist. Seine Funktion als Wertaufbewahrungsmittel erklärt dieses Paradoxon“, führte Weidmann aus. Im Jahr 2020 habe die Bundesbank über ihre Filialen Euro-Banknoten im Gesamtwert von 70 Milliarden Euro netto ausgegeben.

60 Prozent der alltäglichen Transaktionen, die in Deutschland getätigt werden, werden immer noch mit Schein und Münze bezahlt. Die Corona-Pandemie hat jedoch dem Bezahlen ohne Bargeld einen Schub gegeben. Händler werben aus Hygienegründen für das kontaktlose Bezahlen an der Ladenkasse, zudem boomt der Online-Handel.

Es sei überzeugt, „dass Bargeld auch in der absehbaren Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird“, bekräftigte Weidmann. „Kein anderes Zahlungsmittel wird alle seine Eigenschaften nachbilden können. Auch nicht der digitale Euro.“

Europas Währungshüter prüfen seit einer Weile die mögliche Einführung einer digitalen Variante der europäischen Gemeinschaftswährung. Mitte Juli 2021 beschloss die Europäische Zentralbank (EZB), die Vorarbeiten auf die nächste Stufe zu heben: In einer zweijährigen Untersuchungsphase geht es nun etwa um Technologie und Datenschutz. Ob ein digitaler Euro kommen wird, ist damit noch nicht entschieden.

„Klar ist: Der digitale Euro wird nicht die Anonymität des Bargelds bieten können. Schließlich hinterlassen digitale Zahlungen immer Spuren“, sagte Weidmann. „Gerade angesichts der Risiken könnte es sinnvoll sein, beim digitalen Euro schrittweise vorzugehen. Das heißt, den digitalen Euro zunächst mit einem bestimmten Bündel an Eigenschaften auszustatten, die wichtige Einsatzmöglichkeiten als Zahlungsmittel erlauben. Später könnten weitere Funktionen hinzugefügt werden.“

Mehr zum Thema: Christine Lagarde kam ohne jede Notenbankerfahrung an die Spitze der Europäischen Zentralbank. Nach dem Abgang von Jens Weidmann kann sie ihre Lieblingsthemen noch leichter vorantreiben.

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