Deutschland robust Weltwirtschaft steht vor großen Risiken

Die Weltwirtschaft kämpft mit einem Abwärtssog. Der IWF senkt seine Prognose für das kommende Jahr. China schwächelt und auch die Schwellenländer bereiten Sorgen. Unklar sind noch die Folgen der Flüchtlingskrise.

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Laut IWF sind die Auswirkungen der Flüchtlingskrise auf die Weltwirtschaft noch nicht abzuschätzen. Quelle: ap

London/Peking Der globale Wirtschaft droht eine Abwärtsspirale, die auch deutsche Unternehmen vor zunehmende Herausforderungen stellen dürfte. Der Internationale Währungsfonds hat am Dienstag seine Konjunkturprognose für das laufende und kommende Jahr gesenkt. „Die Wachstumserwartungen scheinen stetig zu sinken. Wir haben wohl einen holprigen Weg vor uns“, sagte IWF-Chefökonom Maurice Obstfeld in London. So sieht der Währungsfonds für das laufende Jahr nur noch ein weltweites Wachstum von 3,4 Prozent, 2017 könnte es um 3,6 Prozent nach oben gehen. Der IWF hat damit seine Prognose vom Herbst um je 0,2 Punkte nach unten korrigiert.

Vor allem Chinas Wandlung von einer Industrie- zu einer Dienstleistungsgesellschaft mache der Konjunktur zu schaffen. Das Wachstum der zweitgrößten Volkswirtschaft fiel im vergangenen Jahr auf offiziell 6,9 Prozent, wie das Statistikamt am Dienstag in Peking berichtete. Das ist der geringste Zuwachs seit 25 Jahren. Zwar lag der Wert im Rahmen der Erwartungen, so dass die globalen Finanzmärkte eher beruhigt waren. Der Trend zeigt aber weiter nach unten. Der IWF sieht Chinas Wachstum bei 6,3 Prozent im laufenden Jahr und bei 6,0 Prozent 2017.

Das dürfte auch die deutsche Exportwirtschaft nicht kalt lassen, für die China ein wichtiger Markt ist. „Das verhaltende Geschäftsklima trifft Investitionsgüter, vor allem den Maschinenbau“, sagte Max Zenglein vom China-Institut Merics in Berlin. „Insgesamt verschieben sich die Wachstumstreiber, und die deutsche Industrie muss ihre Erwartungen entsprechend anpassen.“


Risiko: Flüchtlingskrise

Als weiteres Risiko sieht der IWF die noch schwer abzuschätzenden Auswirkungen der Flüchtlingskrise. Hier dürften auf die betroffenen Länder weitere Ausgaben zukommen. Der Flüchtlingszustrom führe zu „größeren Herausforderungen“ für die Arbeitsmärkte in den EU-Ländern.

Nach UN-Angaben nimmt die globale Arbeitslosigkeit weiter zu. 2015 stieg die Zahl der Menschen ohne Job der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zufolge auf 197,1 Millionen Menschen - nahezu eine Million mehr als im Vorjahr. Die Schwächen der Weltwirtschaft und die Verlangsamung des Wachstums könnten „in einigen Fällen soziale Unruhen auslösen“, warnte die ILO vor Beginn der Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos.

Hintergrund ist auch, dass die Schwellen- und Entwicklungsländer, bisher Motor der Weltkonjunktur, lahmen. Der niedrige Ölpreis und das Ende der Politik des ultrabilligen Geldes der US-Zentralbank Federal Reserve sind laut IWF zusätzliche Risiken.

Für Deutschland sehen die Experten des Währungsfonds ein Wachstum von jeweils 1,7 Prozent in den Jahren 2016 und 2017. Dies liegt etwas unterhalb anderer europäischer Länder wie Spanien und Großbritannien. Insgesamt werde das Wachstum in Europa derzeit eher vom Konsum getragen, die niedrige Inflation drücke auf die Preise bei den Exporteuren, was vor allem Deutschland belastet, hieß es.

„Wenn diese Haupt-Herausforderungen nicht erfolgreich gemeistert werden, könnte das globale Wachstum aus der Bahn geworfen werden“, heißt es in dem Bericht. Der IWF rief Regierungen und Zentralbanken dazu auf, weiter eine lockere Geldpolitik zu verfolgen, vor allem um die lahmende Inflation in Gang zu bringen.

Die Verbraucherpreise in Deutschland etwa sind im vergangenen Jahr so schwach gestiegen wie seit sechs Jahren nicht. Das Statistische Bundesamt bestätigte am Dienstag seine Anfang Januar geschätzte Inflationsrate von 0,3 Prozent für 2015. Hauptgrund ist der Absturz der Ölpreise, der Tanken und Heizen billiger macht. Seit 2011 (2,1 Prozent) ist die Inflation in Deutschland kontinuierlich gesunken. Dauerhaft niedrige Preis gelten als Gefahr für die Konjunktur: Unternehmen und Verbraucher könnten Ausgaben aufschieben, weil sie auf weiter sinkende Preise hoffen.

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