Die Börse und die Fed „Die Zinserhöhung ist ein positives Signal“

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Die Geldpolitik bleibt expansiv

Eigentlich reagieren Aktien aber doch allergisch auf steigende Zinsen…

Hübner: Die Fed hat immer wieder sehr glaubhaft gesagt: Wenn wir mit den Zinsen nach oben gehen und den ersten Schritt in diesem Normalisierungsprozess machen, dann ist das ein positives Signal. Die Fed signalisiert damit, dass die Wirtschaft die extreme Notfallmedikation nicht mehr braucht. Dieses positive Signal ist im September ausgeblieben und die Aktienmärkte haben entsprechend negativ reagiert. Es ist wichtig zu sehen, in welchem Kontext die Notenbank die Zinsen erhöht. Sie kann den Patienten, die amerikanische Wirtschaft jetzt langsam vom Tropf nehmen und der Normalität zuführen.

Die Investmentlegenden Bill Gross, Marc Faber und Felix Zulauf diskutieren Aussichten für Aktien, Anleihen, Währungen und Edelmetalle. Warum das Potenzial von US-Aktien beschränkt ist und Gold bald wieder steigen könnte.

Wie stark und vor allem wie schnell werden die Zinsen steigen?
Hübner: Die Fed sagt ganz klar, dass sie die Wirtschaft auf Sicht von ein oder zwei Jahren tendenziell weiter unterstützen wird. Trotz der Zinserhöhung wird es also immer noch eine sehr expansive Geldpolitik geben. Wir sind aktuell bei Nullzinsen und die Fed wird drei Jahre brauchen, um in Richtung drei Prozent zu kommen. Wenn alles normal laufen würde, wären die Zinsen etwa bei 3,5 oder 3,75 Prozent - das wäre laut Fed die Normalität. Damit sagt die Fed auch: Selbst in drei Jahren haben wir diese Normalität noch nicht erreicht. Ihre makroökonomischen Prognosen gehen übrigens davon aus, dass die Wirtschaft die Normalität schon im Verlauf von 2016 erreichen wird. Die Fed will also noch zwei Jahre länger extrem expansiv sein. Die Aussicht, dass der Normalisierungsprozess im Dezember eingeleitet wird, macht mir deshalb auch keine großen Sorgen. Ich würde mir größere Sorgen machen, wenn wir nach drei bis sechs Monaten feststellen, dass die Wirtschaft das nicht aushalten kann.

Also keine Angst vor der Zinswende?
Edler: Einen Risikofaktor, der schwer einzuschätzen ist, müssen wir noch auf dem Schirm haben: Wir erleben seit 1980 eine Phase fallender Zinsen, wenn auch mit kürzeren Phasen, in denen die Zinsen wieder etwas angehoben wurden. Die meisten Marktteilnehmer gehören also zu einer Generation, die ein Umfeld steigender Zinsen gar nicht kennt. Ich glaube schon, dass es anspruchsvoll wird, mit neuen Rahmenbedingungen und der mangelnden Erfahrung dieser Generation von Marktteilnehmern mit steigenden Zinsen auf Anhieb umgehen zu können und neue Gleichgewichtspreise zu bestimmen. Das alleine wird zu höherer Volatilität führen.

Hübner: Es darf kein Zweifel darüber bestehen, dass wir ein historisches Experiment erleben. Es gibt keine Muster aus der Vergangenheit für das, was die Notenbanken in der Finanzkrise gemacht haben. Auch für den Ausstieg aus dieser Politik gibt es keine Blaupause. Kein Mensch kann ihnen letztendlich sagen, ob das ohne Turbulenzen geht. Natürlich birgt das Unsicherheit, da uns die historischen Bezugspunkte fehlen. Wenn die Krise nicht so viele Vergleichspunkte in der Vergangenheit hat, ist der Weg aus der Krise heraus auch ein besonderer.

Wie sollten Privatanleger sich auf die Zinswende vorbereiten?
Edler: In dem Renditeumfeld, in dem wir uns aktuell bewegen, sollten sie sich möglichst breit aufzustellen und international streuen. Auch im Rentenbereich müssen Anleger dazu bereit sein, Risiken einzugehen. Die Mischung macht’s und dazu gehören auch die Emerging Markets. Alles auf Europa zu setzen - diese Zeiten sind auch im Rentenmarkt eindeutig vorbei. Man verdient einfach viel zu wenig für die Risiken, die man momentan eingehen muss. Im Aktienmarkt haben wir den Schritt, sich international breiter aufzustellen, schon bei vielen Investoren gesehen. Im Rentenbereich muss sich das noch stärker vollziehen. Da muss man als Anleger auch ein bisschen Ängste abbauen. Dafür gibt es dann mehr Rendite.

Herr Edler, Herr Hübner, danke für das Gespräch.

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