Die Börse und die Fed „Die Zinserhöhung ist ein positives Signal“

Der Dax notiert wieder nahe der Marke von 11.000 Punkten. Daran ändern weder VW-Skandal noch Sorgen um Chinas Konjunktur etwas. Und die bevorstehende US-Zinswende könnte Experten zufolge sogar gut für Aktien sein.

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In den USA steht die erste Zinserhöhung seit Jahren an. Quelle: dpa

Die Zinswende in den USA ist beschlossene Sache. Im Dezember wird es wohl soweit sein und die US-Notenbank wird erstmals seit Jahren die Zinsen anheben. Große Sorgen machen sich Frank Hübner und Lars Edler von Sal. Oppenheim nicht. Volkswirt Hübner kann die Zinswende kaum erwarten und Anlagestratege Edler glaubt nicht, dass es zu größeren Turbulenzen an den Märkten kommen wird. Doch die Zinswende ist längst nicht das einzige Thema, dass die Börse derzeit bewegt.

Der VW-Skandal spitzt sich immer weiter zu, die Aktie ist weiter unter Druck. Haben Ihre Kunden noch VW-Aktien in den Depots?
Lars Edler: Wir haben direkt am ersten Tag nach Bekanntwerden des Skandals reagiert und die Aktie verkauft. Damit haben wir den zweiten verlustreichen Tag vermieden. Die VW-Aktie ist ja am ersten Tag von etwa 160 auf 125 Euro abgestürzt und am zweiten Tage ging es dann noch mal auf 105 runter.

Aktuell notiert sie sogar unter 100 Euro. Sind das Kaufkurse?
Edler: Da wäre ich vorsichtig, niemand weiß was noch kommt. Das zeigt ja auch die Nachrichtenlage der vergangenen Tage.

Wie groß ist der Imageschaden, und vor allem der wirtschaftliche Schaden für die gesamte Branche?
Edler: Einen Imageschaden für die Branche oder gar die deutsche Wirtschaft auszumachen, damit tue ich mich schwer. Als BP damals den Golf von Mexiko verseucht hat, hat es vier Monate gedauert, bis der Aktienkurs wieder auf dem Niveau von vor der Katastrophe war. Das sind natürlich dramatische Themen, die ein extremes Risiko für Einzeltitel enthalten, aber ich würde nicht gleich die gesamte deutsche Industrie abschreiben, weil VW einen Abgasskandal produziert hat.

Wo würde der DAX ohne Notenbanken stehen?

Frank Hübner: Es ist kein Geheimnis, dass die deutsche Wirtschaft stark von der Industrie abhängt. Und sie ist zu einem ordentlichen Prozentsatz direkt und auch indirekt vom Automobilbau abhängig. Doch kein Analyst oder Volkswirt der Welt kann den Schaden durch den VW-Skandal im Moment seriös abschätzen. Wir haben den unmittelbaren VW-Effekt grob taxiert. Da kommen wir auf Größenordnungen, die maximal ein Viertelprozent des BIP ausmachen. Das war allerdings unmittelbar nach den ersten Meldungen über den Skandal. Weitet sich der Skandal aus, ist der Schaden entsprechend größer.

Bisher sieht es aber nicht so aus?
Hübner: Nein, das war auch am letzten Ifo-Index abzulesen. Ich hätte eine Bremsspur erwartet – wegen der Sorgen um Chinas Wirtschaftswachstum, aber eben auch wegen des VW-Skandals und seinen Auswirkungen. Beides hat man im Ifo-Index nicht wiedergefunden. Insofern müssen wir abwarten, wie sich alles weiter entwickelt. Aber ich würde jetzt keine Industriekrise in Deutschland ausrufen.

Es ist nicht sinnvoll, nur auf den Dax zu gucken

Die Dax-Rally hat VW aber ausgebremst, zumindest zwischenzeitlich. Was erwarten Sie in den kommenden Wochen und Monate?
Edler: Die entwickelten Volkswirtschaften generell sehen wir positiv. Was die Aktienindizes betrifft, gehen wir für das nächste Jahr von einem Wachstum aus, das im Bereich von sieben, siebeneinhalb Prozent liegt. Auch für die nächsten Monate bin ich nicht so negativ gestimmt, gerade was Europa angeht. In einigen Ländern haben wir noch immer relativ niedrigere Bewertungskennzahlen. In Europa liegen wir bei einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 15, in den USA sind wir mit knapp 20 etwas höher. In den USA wäre ich deshalb ein bisschen vorsichtiger. Da sind sicherlich auch noch Kurssteigerungen möglich, aber europäische Aktien haben aktuell mehr Potenzial.

Das hat sicherlich auch mit der US-Zinswende zu tun.
Edler: Die Zinsdifferenz, die sich bald auftut, wird sich natürlich irgendwann bemerkbar machen.

Wann kommt der erste Zinsschritt denn?
Hübner: Wir gehen davon aus, dass die US-Notenbank im Dezember den ersten Schritt macht.

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Wie werden die Märkte reagieren?
Edler: Das wird sich wahrscheinlich nicht sehr negativ auf den amerikanischen Aktienmarkt auswirken, aber es wird schon zu einem Bremseffekt kommen. Vor allem, wenn man das mit Europa vergleicht: In Europa herrscht ein ganz anderes geldpolitisches Regime. Davon sollten die Aktienmärkte hier profitieren. Und das gepaart mit den etwas niedrigeren Bewertungen – wir sehen in Europa derzeit noch ein bisschen mehr Luft nach oben.

Hübner: Das hängt natürlich auch davon ab, wie stark die Peripherie wächst. Wir haben zuletzt recht gute Daten aus Spanien und Portugal bekommen. Das sind Nachholeffekte der vergangenen Monate und Jahre möglich.

Und wie sieht es mit dem deutschen Aktienmarkt aus? Der Dax interessiert deutsche Anleger bekanntlich besonders.
Edler (lacht): Wir versuchen ja immer den Anlegern zu vermitteln, dass es nicht sinnvoll ist, nur auf den Dax zu gucken. Der Index ist nicht wirklich repräsentativ. Wenn Sie mich fragen, wie sich der Dax entwickelt, ist die Frage doch eigentlich: Wie weit geht der VW-Skandal noch und weitet er sich auf andere Autobauer aus? Eine Prognose ist da schwierig. Wenn VW, BMW und Mercedes starke Verluste hinnehmen müssen, wird das den Dax stark belasten. Klammern wir solche Sondereffekte aus, sollte der Dax sich ähnlich positiv entwickeln wie die anderen europäischen Indizes.

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