Quelle: Imago

Anlegen mit der BörsenWoche - Editorial Passiven Anlegern stehen schwierige Zeiten bevor

Warum Aktien als Inflationsschutz alternativlos bleiben, passives Investieren mittelfristig schlechter funktionieren wird – und wie Anleger mit unseren Musterdepots auf eigene Faust gute Renditen eingefahren haben.

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Als ich vor gut drei Monaten bei der BörsenWoche einstieg, stellte ich mich Ihnen als Optimist vor. Vielleicht haben Sie sich angesichts dieser Aussage über die Stoßrichtung meiner letzten Editorials gewundert, wie vor zwei Wochen mit dem Titel „die jüngste Erholung dürfte noch nicht die Wende sein.“ Wie Sie sicher auch wünsche ich mir eine rasche Rückkehr zur Normalität. Kein Krieg, keine Pandemie, kein Protektionismus. Aber angesichts der aktuellen Entwicklungen bleibt mein persönliches Basisszenario düster.

Zerrüttete Lieferketten, explodierende Inflationsraten und die geopolitischen Konflikte befeuern Sorgen vor einer Stagflation, also stagnierende oder rückläufige Wirtschaftsleistung bei gleichzeitiger Geldentwertung. Auf die US-Notenbank werden Anleger vorerst nicht zählen können: Dort lautet das Primärziel nun Inflationsbekämpfung – ohne Rücksicht auf den Markt. Mit dem billigen Zentralbankgeld verlieren Investoren einen wichtigen Katalysator, der maßgeblich für die Rally infolge der Pandemie war. Und die konkreten Folgen des Ukraine-Kriegs sind derzeit kaum abzusehen – es wäre nicht erstaunlich, wenn bald erste Gewinnwarnungen aus der Unternehmenswelt kommen.

Kommt jetzt also die große Baisse? Nicht zwingend. Anleihen bleiben auch mit dem steigenden Zins unattraktiv: Nominal erzielen sie zwar positive Renditen, nach Abzug der Inflation sind sie aber stark negativ – und die Kurse fallen mit den steigenden Zinsen. Aktien bleiben daher als Inflationsschutz alternativlos. Allerdings sollten sich Investoren auf eine neue Anlagerealität einstellen, auf eine knallharte Selektion. Passives Investieren wird kurz- und mittelfristig schlechter funktionieren. Wer auf einen Index setzt, kauft immer auch Loser mit. Und von denen würde es in einem stagflationären Umfeld deutlich mehr geben, als Gewinner.

Statt auf den breiten Markt zu setzen, kann deshalb die Suche nach Unternehmen lohnen, die auch in schwierigen Zeiten starke Ergebnisse liefern. Werte aus den Bereichen Energie, Rohstoffe, Finanzen, aber auch Marktführer im Gesundheitsbereich oder mit Gütern des täglichen Bedarfs bieten gute Aussichten. Vereinfacht gesagt: Die Unternehmen sollten unverzichtbare Produkte anbieten, bei denen sie eine hohe Preismacht haben.

Wie so eine Auswahl aussehen kann, habe ich Anfang Januar auf wiwo.de beschrieben. Drei von Ihnen dürften weiterhin besonders gut laufen: Ölmulti Shell, Bergbauriese Rio Tinto und Tabakkonzern British American Tobbaco (BAT). Shells Öl ist Schmierstoff für die Weltwirtschaft, außerdem hat der Konzern einen Anteil von 20 Prozent am globalen LNG-Markt. Rio Tinto profitiert von den hohen Rohstoffpreisen, sowie dem Wert seiner Vorkommen und hat eine bemerkenswert starke Bilanz. BAT hingegen verdient verlässlich an der Genusssucht seiner Kunden: Sie sind markentreu, gehen regelmäßig Preissteigerungen mit – und geraucht wird immer. Die Aktien sind aktuell aber heiß gelaufen. Rücksetzer, etwa durch friedliche Nachrichten aus der Ukraine, wären Kaufgelegenheiten.

Anleger mit grünem oder sozialem Gewissen packt bei solch einer Auswahl freilich das kalte Grauen. Grüne Alternativen bieten im aktuellen Umfeld ebenfalls Chancen – aber längst nicht alle. Wie Sie Flops erkennen, ob der Öko-Sektor überbewertet ist und welche 13 Investments sich jetzt noch lohnen, lesen Sie in unserer aktuellen Titelgeschichte.

Wer nach soliden Dividenden sucht, wird in diesem Bereich aber kaum fündig – während die oben genannten Unternehmen ihre Anteilseigner üppig beteiligen, teils gar mit zweistelligen Renditen. Auch deutsche Konzerne wollen sich dieses Jahr in Sachen Dividende wieder großzügiger zeigen, planen zum Teil Rekordausschüttungen. Für Aktionäre ist das aber nicht immer erfreulich: Sobald Substanz ausgeschüttet wird, drückt das langfristig die Gesamterträge. Wo nachhaltige Dividenden gezahlt werden und welche Unternehmen in den Dax-Indizes die Ausschüttungen am schnellsten steigern, beschreibt mein Kollege Georg Buschmann in unserer Analyse auf Seite 2.

Im BörsenWoche-Podcast dreht sich diese Woche ebenfalls alles um Dividenden. Zu Gast ist Investor Christian Röhl. Er stellt seine aktuelle Dividendenstudie vor und verrät welche Kriterien eine Dividenden-Aktie erfüllen sollte, damit Anleger sie guten Gewissens ins Depot legen können.

Womit wir wieder beim Depotmanagement wären. Passiven Anlegern stehen angesichts der aktuellen Gemengelage mittelfristig eher maue Renditen ins Haus. Wer langfristig und risikoscheu anlegt, sollte trotzdem bei passiven Anlageprodukten bleiben – da ist die historische Datenlage eindeutig. Wer allerdings mittelfristig gute Renditen erzielen will, dem bleiben aktiv gemanagte Fonds oder Geldanlage auf eigene Faust – zum Beispiel mithilfe der BörsenWoche. Seit der Auflage 2015 erzielten unsere Musterdopts unter dem Strich die doppelte Rendite des Dax – Steuern und Gebühren inklusive. Schauen Sie doch mal rein.



Ganz gleich, ob aktiv oder passiv: Investoren sollten sich auf weiterhin volatile Zeiten einstellen. Denn die Inflation und eine mindestens stark wackelnde Konjunktur werden uns noch eine Weile erhalten bleiben. Da bin ich optimistisch.

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Woche.

Hier geht's zum aktuellen Finanzbrief.

Ihr Lukas Schmitt

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