Bei Aktionären kommen Rückkaufprogramme in der Regel gut an. Genaueres Hinsehen zahlt sich allerdings aus. Quelle: Imago

BörsenWoche 397: Editorial Augen auf beim Aktienrückkauf

Eigene Aktien zurückzukaufen kann für Unternehmen die beste Gewinnverwendung sein – oder fragwürdige Kurskosmetik. Worauf Anleger bei Rückkaufprogrammen achten sollten.

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Aktienrückkäufe im Volumen von 1,26 Billionen Dollar genehmigten US-Unternehmen im vergangenen Jahr – ein Rekordwert. Das missfällt offenbar US-Präsident Joe Biden: Er fordert, die seit diesem Jahr fällige Steuer von einem Prozent auf Rückkäufe zu vervierfachen. Der US-Präsident hofft, dass Unternehmen durch die Steuer Anreize bekommen, ihr Geld direkt in die US-Wirtschaft zu investieren. Dabei dürften auch vier Prozent Steuer die Konzerne kaum abhalten, Liquiditätsüberschüsse in die eigene Aktie zu stecken.

Es gibt gute Gründe, eigene Aktien zu kaufen. Etwa, wenn Unternehmen keine passenden Übernahme- oder Investitionsziele finden. So ist es gerade in der Finanzbranche. Beflügelt von der Zinswende fuhren Großbanken 2022 Rekordgewinne ein. UBS, Deutsche Bank, Commerzbank und BNP Paribas etwa nutzen das nun und kaufen die eigene Aktie.

Bei Aktionären kommen Rückkaufprogramme gut an: So wie jüngst beim US-Konzern Meta, früher Facebook. Der gab Anfang Februar bekannt, sein laufendes Rückkaufprogramm um 40 Milliarden Dollar aufzustocken. Die Aktie schoss innerhalb weniger Tage ein knappes Drittel in die Höhe. Analysten hatten häufig bemängelt, dass Meta nicht sorgsam genug mit den eigenen Finanzen haushalte. Zudem wird die Aktie gerade unter dem Durchschnittspreis der vergangenen Jahre gehandelt.

Meta signalisiert mit dem Aktienrückkauf Optimismus fürs Geschäft und lässt den Kursrutsch als Kaufgelegenheit wirken. Wenn Unternehmen eigene Aktien zurückkaufen, steigt der Anteil bestehender Aktionäre automatisch an. Das soll im Idealfall den Kurs stützen.

Auch wenn es mal wirklich brennt, kaufen Unternehmen zur Kurspflege gerne eigene Aktien zurück. Der inzwischen insolvente Zahlungsdienstleister Wirecard etwa griff zu, als Presseberichte über Bilanz-Unstimmigkeiten die Aktie abstürzen ließen. Der Fall zeigt: Man muss bei Aktienrückkäufen genau hinschauen und im Zweifel konsequent entscheiden. Wer den Eindruck hat, ein Unternehmen kaschiere mit Rückkäufen gravierende Probleme, sollte sich von der Aktie trennen. Rückkäufe helfen dann nicht, zumal sie den finanziellen Spielraum von Unternehmen einengen. Aktien zu kaufen kostet schließlich Geld. Und das sollte im Idealfall nicht auf Pump finanziert werden, sondern aus dem freien Cashflow.

Spannend dürfte der Fall United Internet (UI) werden. Die Aktie des Telekommunikationskonzerns ist seit Jahren im Sinkflug. Nun will der Konzern aus Montabaur 300 Millionen Euro in Rückkäufe stecken. Dabei verschlingt der Ausbau der 5G-Netzinfrastruktur bei der Tochter 1&1 enorme Summen. UI könnte das Geld also auch operativ gebrauchen. Der Aktienkurs stieg nach der Meldung dennoch erst einmal leicht an. Wie nachhaltig das ist, muss sich zeigen. Einen Automatismus, dass Aktienrückkäufe zu steigenden Kursen führen, gibt es nicht.

Genauso wenig wie stichhaltige Gründe, Unternehmen mittels Steuer in ihrer Entscheidungsfreiheit über Investitionen zu beschneiden. In einer Marktwirtschaft handeln sie effizienzmaximierend. Würden Staaten die Wirkung ihrer eigenen Investitionen so aufmerksam hinterfragen wie die der Unternehmen, wäre das womöglich der größte Werttreiber für die gesamte Wirtschaft.

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Woche an der Börse.

Ihr

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