FILE PHOTO: FILE PHOTO: The logo for Goldman Sachs is seen on the trading floor at the New York Stock Exchange (NYSE) in New York City, New York, U.S., November 17, 2021. REUTERS/Andrew Kelly/File Photo/File Photo Quelle: Reuters

BörsenWoche 402: Editorial Anleihen sind endgültig zurück – zum Glück!

Scalable bietet als erster Neobroker den Handel mit Festverzinslichen an; zum Start gibt's eine Anleihe von Goldman Sachs. Bonds sind damit zurück im Investment-Mainstream. Drei Gründe, wieso das gut ist.

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Haben Sie‘s schon mitbekommen? Scalable Capital macht jetzt in Anleihen. Der Neobroker mit Sitz in München kündigte in der vergangenen Woche an, dass er ab sofort den Handel von Bonds über seine App ermöglicht. Für Neobroker ist das eine kleine Revolution.

Denn Festverzinsliche galten bei den hippen Unternehmen lange als etwa so trendy wie weiße Tennissocken in Sandalen. Aktien, Derivate und natürlich Kryptowährungen kann man schon lange bei Smartphone-Brokern wie Trade Republic oder eben Scalable handeln. Aber ein schnöder Bond? Das ist Neuland.

Goldman geht voran

Kein Wunder also, dass Scalable die Kundschaft erst einmal behutsam an die Anlageklasse heranführen muss. Direkt unter dem Anleiheangebot wird erklärt, wieso Anleihekurse schwanken und wann es überhaupt diese ominösen „Zinsen“ gibt. Herrlich.

Noch ist das Angebot sehr überschaubar. Es steht nämlich genau eine Anleihe zur „Auswahl“. Die dürfte eigens für den Anleihestart bei Scalable aufgelegt worden sein. Es handelt sich um einen mit 3,1 Prozent verzinsten dreijährigen Bond der Investmentbank Goldman Sachs, dem ehemaligen Arbeitgeber der beiden Gründer des Neobrokers. Die Zahl der handelbaren Anleihen werde nun „der Kundennachfrage entsprechend“ ausgebaut.

Obwohl also die Anfänge recht bescheiden sind, macht die Geschichte doch eins deutlich: Bonds sind zurück im öffentlichen Bewusstsein.

Das Comeback halte ich aus drei Gründen für positiv. Erstens sind kurzfristige Anleihen bester Bonität eine gute Alternative, um Cash zu parken. Gute zweieinhalb Prozent gibt es mit zweijährigen Bundesanleihen derzeit. Die müssen Sie mit kurzfristigen Bankeinlagen erst einmal schaffen. Und: Gerade die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass es sinnvoll ist, auch kurzfristiges Geld zu streuen statt alles auf einem Konto zu parken.

Zweitens bringen Anleihen wieder planbare Erträge. Zwei, drei oder vier Prozent mögen angesichts von Inflationsraten knapp unter neun mickrig wirken. Aber: Dass es am Aktienmarkt mittelfristig erheblich besser läuft, ist mindestens nicht garantiert. Die letzte Hochinflationsphase in den 1970er-Jahren war für Aktien sogar äußerst schlecht (viel schlechter noch als für Anleihen). Das macht nominal stabile Erträge attraktiver – zumal es Anleihen ja auch in inflationsgeschützter Form gibt, wie wir sie in unserem konservativen Depot halten.

Drittens: Es gibt wieder Chancen. Jahrelang hatten Bonds ein asymmetrisches Chance/Risiko-Verhältnis. Sie versprachen minimale Renditen, waren dafür aber absturzgefährdet, wenn die Zinsen drehen. So geschehen im vergangenen Jahr. Die Abwärtsrisiken sind seitdem zwar nicht verschwunden. Aber: Weil die Renditen nicht mehr bei null oder darunter liegen, gibt es wieder Spielraum für fallende Zinsen und entsprechend steigende Kurse. Etwa, wenn die derzeit hohen Zinsen ihre Bremswirkung für die Wirtschaft voll entfalten, eine Rezession auslösen und im Zuge dessen auch die Marktrenditen wieder fallen. Langlaufende Staatsanleihen wären dann ziemlich sicher ein gefragtes Asset.

Anleihen gehören also (wieder) in jedes ausgewogene Depot. Schön, dass das auch die Neobroker so sehen.

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Ihr Georg Buschmann

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