Quelle: Mauritius Images

BörsenWoche 405: Editorial Katerstimmung bei Cannabis-Aktionären

Warum Cannabis-Aktionäre vom Legalisierungsentwurf der Bundesregierung enttäuscht sind und wie Anleger auch in unruhigen Zeiten krisensichere Aktien finden. Ein Kommentar.

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Erinnern Sie sich noch an die Ice-Bucket-Challenge? Dabei kippten sich Privatleute und Stars vor laufender Kamera eimerweise Eiswasser über den Kopf, um auf die Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) aufmerksam zu machen. Für besonderes Aufsehen sorgte das Video von Cem Özdemir: Der Grünen-Politiker vollzog die Herausforderung auf einer Dachterrasse neben einer Hanfpflanze. Das Video ging viral, Zuschauer fragten sich: Darf der das eigentlich? Er durfte. Und erklärte die Aktion zum subtilen politischen Statement.

Fast zehn Jahre später, vergangene Woche, verkündete Özdemir stolz: „Wir geben das Hanf frei.“ Die Ampel hat ihr Eckpunktepapier zur Cannabis-Legalisierung vorgelegt, der Gesetzentwurf soll noch diesen Monat folgen. Die Eckpunkte: 25 Gramm Cannabis sind künftig für den Eigenbedarf gestattet, der heimische Anbau bleibt bis zu drei Pflanzen straffrei. Außerdem dürfen gemeinnützige Vereine Cannabis anbauen und an ihre Mitglieder weitergeben. Ein Meilenstein für die Konsumenten.

Katerstimmung herrscht hingegen bei Cannabis-Aktionären. Die Industrie spekuliert seit langem auf die Legalisierung in Deutschland – mit den neuen Regelungen lässt sich aber zumindest kurzfristig kaum mehr Geld verdienen als zuvor. Die Rendite der meisten Gras-Aktien fällt bisher wenig berauschend aus. Legalisierungsgerüchte sorgen zwar regelmäßig für Kurskapriolen – doch die Kursgewinne lösten sich stets in Rauch auf. Die größten Werte sind in den vergangenen fünf Jahren um 90 Prozent und mehr gefallen. Ein Spiegelbild enttäuschter Anlegerhoffnungen.

Das theoretische Potenzial ist zwar enorm: Die Marktforscher von Grand View Research rechnen bis 2030 mit einem legalen Marktvolumen von 135 Milliarden Euro. Voraussetzung dafür sind aber weitere Legalisierungen. Besondere Hoffnung ruht dabei auf den USA, wo es allerdings in dieser Hinsicht schleppend vorangeht. Perspektivisch könnten sich dennoch interessante Spekulationsmöglichkeiten ergeben, etwa mit der Aktie des Marktführers Tilray.

Das US-Unternehmen ist seit der Übernahme des Konkurrenten Aphria im Jahr 2020 in einer guten Wettbewerbsposition und mit einem breiten Portfolio in 20 Märkten aktiv. Zur aktuell 2,4-fachen Umsatzbewertung ist die Aktie für einen Wachstumswert zudem theoretisch attraktiv bewertet. Nettoprofite gab es auf Jahresbasis in der Unternehmensgeschichte noch nie, der Cashflow könnte dieses Jahr allerdings erstmals ins Positive drehen. Erste Nettogewinne sollen 2026 sprudeln – und das Unternehmen soll dann schuldenfrei sein.

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Wenn es so kommt, könnte die heute hochspekulative Aktie gar ein krisenfester Wert werden: Genussmittel verkaufen sich auch in schlechten Zeiten gut. Ob Gras in die Liga von Wein und Schokolade aufrückt, ist aber alles andere als klar. Die Entwicklung der Branche dürfte noch einige Zeit von politischen Entscheidungen abhängen. Solange der hartnäckige Abwärtstrend nicht dreht, bleiben Tilray und Co. Zockerpapiere. Wie Anleger krisenfeste Werte finden und welche Branchen und Aktien langfristig Stabilität versprechen, haben wir in unserer dieswöchigen Analyse für Sie recherchiert.

Ich wünsche Ihnen eine berauschende Woche!

Ihr Lukas Schmitt

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