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BörsenWoche Editorial Die BaFin beißt – endlich!

Die BaFin stellt im Abschluss des Immobilienkonzerns Adler weitere Fehler fest – und trifft damit auf Widerstand beim Unternehmen. Gut, dass die Behörde ihre Konfliktscheu ablegt.

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Im Fall des skandalerschütterten Immobilienkonzerns Adler Group und seiner ebenfalls börsennotierten Tochter Adler Real Estate greift die deutsche Finanzaufsicht BaFin weiter durch. Bereits im August hatte sie Fehler im Geschäftsabschluss 2019 der Adler Real Estate festgestellt.

Vergangene Woche legte sie noch einmal nach: Adler habe in jenem Abschluss zudem fälschlicherweise ein Unternehmen in der eigenen Bilanz konsolidiert und damit das Konzerngesamtergebnis um gut eine halbe Milliarde Euro zu hoch ausgewiesen, so die Behörde. Die Konsolidierung habe außerdem dazu geführt, dass Adler eine geringere Verschuldung ausgewiesen habe. Und, dritter Punkt, Adler habe nicht dokumentiert, welche Vertragspartner des Konzerns nahestehende Personen seien.

Das Unternehmen selbst hält die Bilanzierung für richtig und hat inzwischen angekündigt, gegen die Feststellungen der BaFin vor Gericht zu ziehen. Das zeigt, dass die Maßnahmen der Aufsicht weh tun.

„Eine Aufsicht mit Biss“ hatte der jetzige Kanzler und damalige Finanzminister Olaf Scholz nach dem Wirecard-Skandal ja auch versprochen. Im Fall Adler löst sie das nun ein. Eine andere Lehre aus der Wirecard-Pleite war, die Bilanzprüfung transparenter zu machen. Denn auch der Abschluss des einstigen Dax-Konzerns war lange geprüft worden, fast anderthalb Jahre. Ergebnisse aber drangen bis zur Pleite nicht nach außen.

Jetzt ist das anders: Die nun veröffentlichte Fehlerfeststellung zum Adler-Abschluss ist ein so genanntes Zwischenergebnis. Die Prüfung dauert bereits seit Februar an. Nach dem im August veröffentlichten Fehler ist das bereits der zweite Zwischenstand für die Öffentlichkeit.

Allerdings zeigt sich auch bei Adler, wo noch Probleme in der Bilanzkontrolle liegen. Denn die Vorwürfe gegen den Konzern gibt es schon lange. Richtig Fahrt aufgenommen haben sie vor gut einem Jahr, als der Spekulant Fraser Perring einen entsprechenden Bericht zur Aktie veröffentlichte, deren wesentliche Vorwürfe die BaFin inzwischen bestätigt hat. Der Anspruch einer wirklich effektiven Finanzaufsicht müsste aber sein, solchen Schmu selbst aufzudecken und nicht bloß ohnehin bekannten Vorwürfen hinterher zu recherchieren.

Und, so löblich es ist, dass jetzt mehr Klarheit herrscht zur Bilanz von Adler: Es geht hier um den Jahresabschluss zum 31. Dezember 2019. Das ist eine ganze Weile her. Gut zweieinhalb Jahre nach Veröffentlichung des Berichts eines Unternehmens mutmaßliche Fehler festzustellen, ist zu spät.

Für betroffene Anlegerinnen und Anleger ist der Schaden schließlich längst entstanden: Der Kurs der Mutter Adler Group hat ‧inzwischen binnen eines Jahres rund 85 Prozent verloren. Die Fehlerfeststellungen haben ihn nicht mehr groß bewegt. Ebenso wie jenen der Adler Real Estate, die aufgrund eines sehr kleinen Streubesitzes aber ohnehin bei den wenigsten Privatinvestoren noch eine Rolle spielen dürfte.

Für BaFin-Chef Mark Branson also bleibt eine Menge zu tun. Der Fall Adler zeigt aber zumindest, dass die BaFin sich nach Jahren, in denen bei der Aufsicht börsennotierter Unternehmen zu wenig passierte, in die richtige Richtung bewegt.

Ihr

Georg Buschmann

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