ARCHIV - ILLUSTRATION - Ein Bauhelm hängt am 01.08.2013 in Untergruppenbach (Baden-Württemberg) auf einer Baustelle. (zu dpa «Experten: Im November kaum Bewegung auf bayerischem Arbeitsmarkt» vom 25.11.2017) Foto: Daniel Bockwoldt/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ Quelle: dpa

BörsenWoche Editorial So bekommen Sie Stabilität ins Depot

Gerade in diesem turbulenten Börsenjahr ist es von Vorteil, mit Stoppkursen anzulegen. Aber solche automatischen Verlustbegrenzungen haben auch ihre Nachteile.

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Schlechte Menschenrechtslage, die korrupte Fifa und nun auch noch ein erneut blamables Vorrundenaus der deutschen Elf: Die Fußball-WM in Katar hat hierzulande wenige Freunde. Zumindest aber Aktionäre des börsennotierten Wettanbieters bet-at-home dürften heilfroh sein, dass es das hochumstrittene Fußballturnier im Wüstenstaat gibt. Denn weil Zocker durch die 64 Spiele der WM reichlich Gelegenheit haben, Geld da zu lassen, erhöhte bet-at-home vergangene Woche die Jahresprognose. Es war endlich mal wieder eine gute Nachricht für das seit Jahren kriselnde Unternehmen, das zu seinen besten Zeiten mal eine Milliarde Euro wert und im SDax vertreten war.

Übrig sind davon heute noch rund 50 Millionen Euro, der Kurs ist von 150 Euro auf 7,40 Euro je Aktie kollabiert − minus 95 Prozent. Ein Verlust, der an unserem spekulativen Depot glücklicherweise vorbeiging. Denn weil wir dort bei Aktien mit Stoppkursen arbeiten und diese regelmäßig nachziehen, fliegen allzu schlecht laufende Titel raus, bevor es zu einem solchen Komplettdesaster kommen kann. Im Fall von bet-at-home haben wir sogar schon früher die Reißleine gezogen und im Januar 2018 verkauft, bevor die Aktie durch den Stopp von damals 85 Euro gefallen wäre. Seinerzeit schrieben wir: „Das Geschäftsmodell ist in Gefahr. Dass Chef Franz Ömer zuletzt ein riesiges Aktienpaket verkauft hat, ist in dieser Situation ein fatales Signal“ (BöWo 141). So kamen wir zu 101 Euro aus der Nummer heraus, mit Miniverlust statt Totalausfall.

In anderen Fällen haben wir ganz direkt von Stoppkursen profitiert. Spotify etwa verabschiedeten wir im Mai 2021 nach Unterschreiten des Stoppkurses von 190 Euro aus dem Depot; 150 Prozent über dem aktuellen Kurs. Und Shop Apotheke Europe sauste, nachdem wir die Aktie für rund 40 Euro gekauft hatten und sie in einem extremen Coronahype bis über 200 Euro geklettert war, im Juli 2021 durch unseren auf 140 Euro nachgezogenen Stopp. Um dahin zurück zu kommen, müsste der Kurs sich jetzt nahezu verdreifachen.

Klar ist natürlich auch, dass Stoppkurse nicht nur heilsam wirken. Beim Chiphersteller Elmos Semiconductor, dem Medizintechniker Eckert & Ziegler oder dem Windturbinenhersteller Vestas führte ein teils nur minimales und kurzes Unterschreiten des Stoppkurses dazu, dass wir wegen des dadurch ausgelösten Verkaufs anschließend teils lange und steile Rallys verpassten. Das ist ärgerlich, wenn man grundsätzlich von Unternehmen überzeugt ist. Nur bewahren Stoppkurse Investoren eben auch davor, sich zu verrennen und an Ideen festzuhalten, die schlicht nicht aufgegangen sind –wie seinerzeit bet-at-home. Dass man durch sie ab und zu auch gute Gelegenheiten verpasst, gehört zum Spiel dazu.

Im Depot wirken Stoppkurse langfristig wie Stoßdämpfer, die extreme Bewegungen verhindern; nach oben wie nach unten. Wer also Wert auf Stabilität legt, kann zu diesem Mittel greifen. Denn, ganz ehrlich: Die psychologische Hürde, eine schlecht gelaufene Aktie mit Verlust aus dem Depot zu werfen, ist groß. Wer automatisiert beim Unterschreiten gewisser Grenzwerte verkauft, kommt an ihr vorbei und trickst die eigene Psyche aus.

Ihr

Georg Buschmann

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