Nach der beeindruckenden Rally steckt der Dax in einer Verschnaufpause. Was für ein versöhnliches Jahresende an der Börse spricht und welche potenziellen Auslöser für Rückschläge Anleger im Blick haben sollten. Quelle: Imago

BörsenWoche Editorial Kann der Dax noch weiter steigen?

Nach der rasanten Herbstrally gibt der Dax zum Wochenauftakt nach. Was trotzdem für die Trendwende spricht und wie Anleger erkennen, ob es nochmal turbulent am Markt wird. Ein Kommentar.

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Dax-Anleger dürften sich aktuell zwei Fragen stellen: Ist die Erholung nachhaltig – und wie weit können die Kurse noch steigen? Charttechnisch spricht vieles für eine echte Trendwende. Bei dieser Form der Analyse werden aus historischen Kursdaten Muster abgeleitet, um die zukünftige Kursentwicklung zu prognostizieren. Charttechnik ist keine Wunderwaffe, aber auch kein Humbug. Zwar lassen sich aus der Vergangenheit nur bedingt Schlüsse für die Zukunft ziehen. Da aber viele Investoren charttechnische Signale in ihre Investitionsentscheidungen einbeziehen, gibt es bei signifikanten Marken häufig einen Herdeneffekt.

Mit der kometenhaften Rally, die den Dax vom Jahrestief Ende September in der Spitze um 22 Prozent nach oben katapultierte, hat der Index viele dieser wichtigen Marken überschritten – etwa die langfristige Trendlinie, die den Durchschnittskurs der vergangenen 200 Handelstage abbildet und derzeit bei rund 13.550 Punkten verläuft. Im Februar rutschte der Dax nachhaltig unter diese Linie und leitete damit den Abwärtstrend ein. Das Überschreiten spricht nun für weiter steigende Kurse. Mit dem Kursplus von einem Fünftel ist der Dax zudem formal in den Bullenmarkt übergegangen. Zwar ist der Index nach dem rasanten Anstieg stark überkauft – eine Korrektur dürfte folgen. Dass in den vergangenen vier Handelstagen der tiefste Tageskurs stets höher lag als der Tiefpunkt des Vortages, zeugt für den Moment allerdings von Trendstärke. Erst ein Rutsch unter den Bereich um 14.150 Punkte würde für wieder fallende Kurse sprechen. Das Aufwärtspotenzial scheint jedoch ebenfalls begrenzt: Bei rund 14.700 Punkten liegt ein hartnäckiger Widerstand.

So weit, so charttechnisch. Der tatsächliche Kursverlauf hängt natürlich von weiteren Faktoren ab – die allerdings keine klare Tendenz signalisieren. Das größte Risiko für die Märkte bleibt der Krieg in der Ukraine, und Putin ist unberechenbar. Wie ein Ende des Desasters aussehen könnte, bleibt schwer prognostizierbar.

Auf Makroebene dreht sich weiterhin alles um Inflation und Zinswende. Die jüngsten Daten waren ein maßgeblicher Treiber für die Herbstrally – vieles spricht dafür, dass der Inflationsgipfel in Europa bald erreicht und in den USA sogar überschritten sein könnte. Zweistellige Teuerungsraten in Europa und knapp acht Prozent Preissteigerung in den USA sind immer noch problematisch. Dennoch ist zu erwarten, dass die kommenden Zinsschritte zumindest in den USA schwächer ausfallen und in größeren Abständen vorgenommen werden. Für die Märkte ist das ein starker Kurstreiber. Und selbst die jüngsten Quartalszahlen, von vielen Investoren nach den überraschend soliden Ergebnissen des zweiten Quartals mit Spannung erwartet, fielen erneut besser aus als vermutet.

Das Börsenjahr 2022 könnte also einigermaßen versöhnlich enden. Dennoch scheint eine ordentliche Portion Optimismus in den Kursen zu stecken: Sollte die Inflation wider Erwarten erneut anziehen, brechen die Unternehmensergebnisse zum Jahresende ein oder nimmt der Krieg eine unerwartete Wendung, könnte das schnell wieder für Turbulenzen sorgen.

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Ich wünsche Ihnen eine schöne, turbulenzfreie Woche.

Ihr Lukas Schmitt

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