Nach nicht einmal zwei Jahren ist für den Lieferplattformbetreiber Delivery Hero wieder Schluss im Dax; eine baldige Rückkehr unwahrscheinlich. Quelle: imago images

Delivery Hero Dieser Abstieg ist eine Chance für den Dax

Delivery Hero hatte 2020 im Leitindex das Skandalunternehmen Wirecard ersetzt. Ein echter Neuanfang war das nicht. Der ist erst jetzt, da auch Delivery Hero den Dax verlässt, möglich.

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Eine Woche noch, dann ist Schluss. Am 20. Juni wird das Kapitel „Delivery Hero im Dax“ enden. Fast auf den Tag genau zwei Jahre, nachdem es begonnen hatte. Das war der 18. Juni 2020. Der Tag, an dem der Wirecard-Skandal aufflog, was letztlich dazu führte, dass Wirecard im September desselben Jahres den Dax verlassen musste und durch den Lieferplattformbetreiber aus Berlin ersetzt wurde.

Die Delivery-Hero-Aktie hatte zuvor durch die Coronakrise einen extremen Hype erlebt. Zuletzt aber verlor sie binnen eines halben Jahres in der Spitze gut drei Viertel an Wert und muss ihren Dax-Platz daher jetzt wieder abgeben. Ganz ehrlich: Gut so!

Denn, Ironie der Geschichte: Wegen des Wirecard-Skandals hat die Deutsche Börse ihre Indexregeln vergangenes Jahr angepasst. Hätten sie schon 2020 gegolten, Delivery Hero wäre erst gar nicht aufgestiegen.

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Denn die Börse schreibt nun unter anderem vor, dass neue Dax-Mitglieder mindestens zwei Jahre lang ein positives Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) vorweisen müssen. Delivery Hero aber ist hoch defizitär. Allein in den vergangenen beiden Jahren summieren sich die operativen Verluste – ohne Abschreibungen, wohlgemerkt – auf knapp zwei Milliarden Euro.

Als Wirecard-Ersatz, der doch im Dax eine neue Ära der Solidität einleiten sollte, war Delivery Hero auch deshalb von Anfang an ungeeignet, die Dax-Mitgliedschaft ein historischer Zufall. Dafür freilich kann das Unternehmen nichts. So waren eben seinerzeit die Regeln.

Es hat aber auch selbst kräftig dazu beigetragen, dass viele Investorinnen und Investoren ihm nun keine Tränen nachweinen. Delivery Hero etwa fällt immer wieder mit seiner verworrenen Finanzkommunikation auf. Ertragskennzahlen wie Nettogewinn, Betriebsgewinn (Ebit) oder Ebitda fehlen in den Kapitalmarkt-Mitteilungen der Berliner zu ihren Geschäftszahlen.

Maximal ist vom „bereinigten Ebitda“ die Rede; einer Kennzahl also, von der allerlei Unangenehmes abgezogen wird. Zum Beispiel die Vergütung des Managements in Aktien, wie man einer Fußnote auf Seite 69 des Geschäftsberichts entnehmen kann. Die Aussagekraft solcher Fantasiezahlen ist entsprechend gering.

Auch die Kommunikation mit der Öffentlichkeit war, sagen wir: ausbaufähig. Als einer von ganz wenigen Dax-Konzernen hat Delivery Hero keine Telefonnummer für Presseanfragen angegeben. Als ich im März die Dax-Unternehmen zum Format ihrer Hauptversammlung abfragte, haben fast alle geantwortet – nur Delivery Hero ließ meine Mail gänzlich unbeantwortet.

Dass Chef Niklas Östberg der letzten Hauptversammlung mit Verweis auf wichtigere Dinge schlicht fernblieb, rundet das wenig schmeichelhafte Bild dieses Konzerns und seines Umgangs mit Öffentlichkeit und Kapitalmarkt ab. Es sollte Anlegerinnen und Anlegern zu denken geben. Bei Delivery Hero scheinen sie auf der Prioritätenliste recht weit unten zu stehen.

In Börsenliga zwei kann der Konzern nun darüber nachdenken, ob das in Zukunft so bleiben darf. Zeit genug dafür sollte da sein. Für die Rückkehr in den Dax bräuchte es schließlich zunächst zwei Jahre mit positivem Ebitda. Die prognostizieren Analysten für 2024 und 2025. Wie realistisch das ist, dieser Frage ist meine Kollegin Melanie Bergermann nachgegangen. Hier können Sie ihre große Analyse zu Delivery Hero lesen.

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Woche an der Börse

Ihr Georg Buschmann

Hier geht's zum aktuellen Finanzbrief.

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