Einlagensicherung So will Brüssel die Sparguthaben absichern

In Deutschland sind Sparguthaben schon jetzt weitgehend abgesichert. Andere EU-Länder sind noch nicht so weit. Das will die EU-Kommission ändern. Doch dazu hagelt es reichlich Kritik.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Die EU-Kommission will die Sparguthaben der Europäer sichern und hat einen Vorschlag zur Einlagensicherung unterbreitet. Quelle: dpa

Straßburg In ganz Europa sollen Sparer nicht mehr um ihre Notgroschen fürchten müssen. Selbst wenn eine Bank pleitegeht, soll das Ersparte auf dem Konto geschützt sein. Die EU-Kommission hat am Dienstag einen Vorschlag für eine europäische Sicherung der Sparguthaben gemacht. Im Fachjargon heißt das Einlagensicherung. Es ist die dritte Säule der europäischen Bankenunion. Dies ist auch eine Reaktion auf die weltweite Finanzkrise, die die Pleite der US-Bank Lehman Brothers 2008 ausgelöst hatte. Steuerzahler und Bankkunden sollen nicht mehr für die Fehler von Banken haften, lautet das Ziel. Wir erklären, worum es bei dem Kommissionsvorschlag geht.

Wie sind Ersparnisse bislang gesichert?

Wenn eine Bank in Deutschland pleitegeht und ihren Kunden nicht mehr die Ersparnisse auszahlen kann, greift der gesetzlich garantierte Schutz von bis zu 100.000 Euro pro Kunde und pro Bank. Der Fonds schützt die Einlagen, also das Geld, das Kunden auf dem Girokonto, dem Sparbuch oder als Sparbrief oder Termingeld angelegt haben. Nicht geschützt sind dagegen Inhaberschuldverschreibungen oder Zertifikate.

Dieses Mindestschutzniveau gilt seit Juli in allen 28 EU-Staaten. Im kommenden Jahr sollen Sparer in Deutschland zudem schneller an ihr Geld kommen, nämlich ab Juli bereits nach sieben statt nach 20 Tagen.

Was ändert sich für deutsche Sparer?

Zunächst einmal gar nichts. Statt einer nationalen Garantie bekämen sie eine europäische Garantie. Denn die nationalen Systeme zur Einlagensicherung würden in einem europäischen System zusammengeführt – allerdings schrittweise. In den nächsten Jahren soll bis 2024 ein europäischer Versicherungstopf entstehen, der bei Bankenpleiten die Ersparnisse auf Konten und Sparbüchern bis 100.000 Euro garantiert.


Auch Sparkassen müssen einzahlen

Woran entzündet sich die heftige Kritik aus Deutschland?

Die Bundesregierung und die Banken argumentieren, dass das solide deutsche System ausgehöhlt wird. Und dass deutsche Sparer mit den über viele Jahre gefüllten Sicherungstöpfen für marode Banken in anderen Ländern haften müssen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) lässt verlauten, die EU-Kommission setze „falsche Prioritäten und Anreize“. Schließlich könnten Krisenbanken aus anderen Ländern darauf vertrauen, mit Hilfe von Bankkunden aus wirtschaftlich leistungsstarken Staaten wie Deutschland gerettet zu werden. Denn in vielen Euro-Staaten gibt es – im Gegensatz zu Deutschland – keine solchen Sicherungssysteme. 15 von 28 EU-Staaten haben die 2014 beschlossene Richtlinie zum Aufbau einer nationalen Einlagensicherung noch nicht umgesetzt. Kritiker sprechen gar von „Enteignung der deutschen Bankkunden“ und von einem „Raubzug gegen deutsche Sparer“.

Wie stehen andere EU-Länder dazu?

Kritik kommt auch aus Österreich. Finanzminister Hans Jörg Schelling sagt: „Ich sehe das genauso skeptisch wie die meisten Mitgliedsländer.“ Der französische Finanzminister Michel Sapin hingegen betont: „Frankreich befürwortet eine sehr starke Vergemeinschaftung.“

Sind denn die deutschen Sparkassen auch betroffen?

Ja. Die deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken haben seit langem eigene Systeme zur Einlagensicherung. Sie hatten darum gekämpft, nicht in den gemeinsamen Topf einzahlen zu müssen. Ihr System darf nach bisherigen Plänen zwar weiterexistieren. Sie müssen aber einen Teil ihres bisher in Eigenregie verwalteten Einlagenschutzes in den EU-Topf einzahlen. EU-Kommissar Jonathan Hill lehnt Ausnahmen ab: „Alle Banken (...) werden dort mitmachen.“


43 Milliarden als Sicherheitspolster

Wie kommt die EU-Kommission Deutschland entgegen?

Banken sollen je nach ihrem Geschäftsmodell Beiträge in den Topf zahlen. Wer mehr Risiken eingeht, muss mehr beitragen – Sparkassen also eher weniger. Zudem setzt Brüssel auf Sicherheitsklauseln, damit Banken in Europa erst gar nicht mehr pleitegehen. Dazu gehören Obergrenzen, damit Geldhäuser Staaten nur begrenzt Großkredite leihen und weniger Staatsanleihen halten. Sie sollen sich auch solider refinanzieren. Diese Zusagen reichen der Bundesregierung aber nicht.

Wie schnell soll der europäische Fonds entstehen?

Da lässt man sich Zeit. Der Aufbau ist in drei Stufen geplant. Erst von 2024 an wäre der europäische Fonds eine Vollversicherung. Am Schluss sollen die Beiträge 0,8 Prozent der gesicherten Einlagen betragen. Dann würde der Topf 43 Milliarden Euro enthalten.

Wie geht es jetzt weiter?

Wann die Pläne zur Einlagensicherung verabschiedet werden, ist offen. Sie benötigen noch die Zustimmung vom EU-Parlament und den EU-Staaten. Wegen der Kritik dürfte es langwierige Debatten geben.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%