Aus schulmedizinischer Sicht bleiben die Effekte radikalen und längeren Fastens umstritten, obwohl Menschen berichten, dass sie sich nach einer entsprechenden Kur "wie neugeboren" fühlen.
"Bei einer Nulldiät baut der Körper Protein aus Muskeln ab", erklärt der Ernährungswissenschaftler Nicolai Worm, Professor an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement in Saarbrücken, im Gesundheitsmagazin "Apotheken Umschau". Das führe oft schon nach kurzer Zeit zu einem Eiweißmangel. Zudem litten unsere nützlichen Darmbakterien unter dem Nahrungsentzug, immungeschwächte Menschen könnten noch anfälliger für Infekte werden.
Experten raten zum Intervallfasten
"Ich empfehle lieber weichere Formen der Enthaltsamkeit, insbesondere wenn ein Ziel lautet, durch das Fasten abzunehmen", rät Diehm. Dass solche abgeschwächten Fastenrituale wie das Intervallfasten positive Auswirkungen haben können, gilt als belegt.
Regelmäßiges 24-stündiges Fasten beispielsweise reduziert das Herzinfarktrisiko. Der Verzicht auf eine eintägige Glucosezufuhr verschafft zudem der Bauchspeicheldrüse eine Verschnaufpause.
"Es wird immer deutlicher, dass die Frage, wann wir essen, ein bedeutende Rolle spielt", sagt Diehm. Bei Versuchen an Mäusen hat sich gezeigt, dass bei gleich großer Nahrungsmenge jene Mäuse "schlanker" blieben, die ihre Kalorien in einem Zeitraum von nur acht Stunden zu sich nahmen - den Rest der Zeit also fasteten. "Gezieltes, jedoch nicht überzogenes Fasten ist aus meiner Sicht die einzige Chance, langfristig Gewicht zu reduzieren", resümiert Diehm.
Verzicht auf Alkohol und Fleisch ist sinnvoll
Grundsätzlich lässt sich gegen ein kleines Glas Rotwein am Abend aus medizinischer Sicht nichts einwenden. Trotzdem plädieren Experten für den temporären Verzicht auf Alkohol oder Fleisch. „Natürlich macht das Sinn. Es senkt die Harnsäure und Cholesterinwerte, der Blutzucker reguliert sich und das Geschmacksempfinden verbessert sich“, erklärt die Chemnitzer Ernährungsberaterin Candy Cermak. Das Eisen im Fleisch könne man beispielsweise mit pflanzlichen Lebensmitteln kompensieren. Der Verzicht auf Alkohol, Fleisch und Süßigkeiten habe zudem einen schönen Nebeneffekt, wie Cermak sagt: „Meist purzeln auch noch ein paar Pfunde.“
Die Deutschen stehen auf Wurst und Fleisch
Für viele Deutsche ist ein Frühstück ohne Wurst kaum vorstellbar. Eine repräsentative Befragung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) hat ergeben, dass 85 Prozent aller Deutschen den Verzehr von Fleisch und Wurst als „selbstverständlich und naturbewusst“ ansehen. 83 Prozent der Befragten wollen unter keinen Umständen auf den Verzehr von Fleisch und Wurstwaren verzichten.
Die Studie zeigt, dass jeder zweite Deutsche zumindest einmal am Tag Wurst oder Fleisch verzehrt. Ein Viertel der Befragten hat ein schlechtes Gewissen, wenn er an die geschlachteten Tiere denkt. Knapp 42 Prozent achten beim Fleischeinkauf jedoch insbesondere auf einen möglichst günstigen Preis.
Über 80 Prozent der Befragten essen gerne gegrilltes Fleisch und gegrillte Würstchen. Das Grillen ist eines der beliebtesten Hobbys der Deutschen und ganz klar eine Männerdomäne. Sechs von zehn Befragten sind der Meinung, dass „Männer einfach mehr Fleisch zum Essen brauchen als Frauen.“ Frauen sind hingegen weniger häufig bedingungslose Fleischesser. Sie haben nicht nur häufiger gesundheitliche Bedenken beim Fleischkonsum, sie achten auch eher auf die Herkunft des Fleisches.
Nur etwas mehr als jeder Dritte (36 Prozent der Befragten) gab an, beim Fleischkonsum vorsichtiger geworden zu sein. Die Fleischskandale der vergangenen Jahre haben zu einem Umdenken bei vielen Fleischkonsumenten geführt: Ein Drittel der Studienteilnehmer sagt, dass eine vegetarische Ernährung gesünder sei. Außerdem könne der Verzicht auf Fleisch Gesundheitsrisiken vorbeugen.
Während sich ein Großteil der Befragten beim Fleischkonsum mit gesundheitlichen Risiken konfrontiert sieht, verzichten nur 15 Prozent generell auf Fleisch. Lediglich drei Prozent gaben an, sich ausschließlich vegetarisch zu ernähren. Zwölf Prozent der Befragten kaufen ausschließlich Bio-Fleisch. Allerdings legen 65 Prozent der Befragten laut der Studie keinen besonderen Wert auf die artgerechte Haltung der Tiere.
Doch nach Meinung vieler Befragter ist Fleisch nicht gleich Fleisch: 58 Prozent der Befragten gaben an, Geflügel – sogenanntes „weißes Fleisch“– sei gesünder als „rotes Fleisch“ von Rind oder Schwein. Doch die Geflügelskandale der vergangenen Jahre beunruhigen die deutschen Fleischkonsumenten. 29 Prozent kaufen ihr Fleisch deshalb direkt bei Bauern oder Erzeugern.
Fleischkonsum als Gruppenzwang? Knapp 19 Prozent der Studienteilnehmer gaben an, weniger Fleisch und Wurst einkaufen zu wollen, Familie oder Partner wollten aber nicht auf Fleisch verzichten. Insbesondere Frauen haben ein ambivalentes Verhältnis zum Fleischkonsum. Ein Viertel der weiblichen Studienteilnehmer gab an, zumindest zeitweise auf den Verzehr von Fleisch oder Wurstwaren zu verzichten.
Alter, Bildung und Herkunft der Befragten spielten eine Rolle: So achten 54 Prozente der 20- bis 29-Jährigen beim Fleischeinkauf auf einen günstigen Preis. Dagegen haben 34 Prozent der Jüngsten (14- bis 19-Jährige) ein schlechtes Gewissen, wenn sie beim Fleischkonsum an die geschlachteten Tiere denken. Menschen mit höherer Schuldbildung essen weniger Fleisch, als Menschen mit niedriger Bildung. In den neuen Bundesländern waren 90 Prozent aller Befragten der Meinung, dass Fleischessen beim Menschen naturbedingt ist.
Die durch den „Wort & Bild Verlag“ veröffentlichte Studie wurde von der GfK-Marktforschung vom 9. bis zum 27. August 2013 als telefonische Befragung durchgeführt. In diesem Rahmen wurden 2094 Befragte im Alter ab 14 Jahren befragt. Die nach Quoten gezogene Stichprobe gilt als repräsentativ für die Bundesrepublik Deutschland.
Einfach ist Fasten natürlich nicht. Gerade, wenn man seit Weihnachten aus dem Vollen geschöpft hat. „Ja, man braucht eine Eingewöhnungszeit und Willensstärke, denn die Verführung lauert überall“, bestätigt Claudia Szymula, Sprecherin der Krankenkasse Barmer in Sachsen. In den ersten Tagen sei der Drang groß, in die alten Gewohnheiten zurückzufallen. Es helfe aber, wenn dann die anderen einen an die guten Vorsätze erinnern: „Fasten in der Gruppe ist leichter.“
Nach geraumer Zeit werde der Verzicht immer einfacher. Welche Form des Fastens bei wem am besten zum Erfolg führt, sollte jeder für sich austesten, so der Ärztliche Direktor der Max Grundig Klinik abschließend.