Ich habe 2010 einen Tag mit dem weltberühmten spanische Extremsportler und Skibergsteiger Kílian Jornet verbracht. Kílian verbringt die meiste Zeit seines Lebens in den Bergen. Im kommenden Jahr wird er den Mount Everest besteigen. Er war schon auf dem Kilimanjaro, Aconcagua, Montblanc und Cervino (jeweils knackte er den Rekord der schnellsten Besteigung). Er sei sich vor einer solchen Tour immer im Klaren darüber, was sein Ziel ist, nur an den einzelnen Etappen dorthin habe er häufig Zweifel. Er sei sich der Umgebung bewusst, den Veränderungen des Wetters, den losen Felsen. Er müsse seinen Weg ständig überdenken.
Wenn er dagegen mit seinem Camping-Van nach Barcelona fährt, was er mehrmals im Jahr macht, dann sehe er Menschen, die ganz zuversichtlich und selbstsicher die Straßen rauf und runter laufen. Sie sehen aus, als wüssten sie genau, was ihr nächster Schritt sei. Dabei hätten sie keine Ahnung davon, wo hin sie wollen. Dies ist ein gutes Beispiel für Menschen, die sehr beschäftigt sind und solchen, die dadurch tatsächlich auch irgendwo ankommen.
Ergo: Menschen, die immer sehr beschäftigt sind und tatsächlich produktiven Menschen. Die beiden Typen unterscheiden sich in elf Punkten:
1. Schwer beschäftigte Menschen wollen so wirken, als hätten sie eine Mission. Produktive Menschen haben eine Mission.
Menschen, die immer beschäftigt sind, überspielen ihre Zweifel mit Arbeit. Sie treten gerne betont selbstbewusst auf.
Produktive Menschen gehen offen mit Zweifeln um, weil sie eine klares Ziel vor Augen haben.
Wie gehen Sie mit Stress und Ärger um?
Denken Sie darüber nach, welche Faktoren Stress auslösen und bringen Sie diese in eine Rangfolge. Nicht alle Gründe wiegen gleich schwer. Stressauslöser, die bisher als unumgänglich gelten, könnten zu körperlicher und seelischer Beeinträchtigung führen.
In kritischen Situationen spontan regieren zu können, ist nicht nur auf der Straße wichtig. Auch im Büro sollte die Bedeutung des Bauchgefühls nicht unterschätzt werden. Wer in Situationen mit Kollegen und Kunden zu kopflastig reagiert, kann sie in Sekunden vergraulen. Laut Conen ist Intuition lernbar – und kann wieder erweckt werden, falls man dazu bereit ist.
Jede Veränderung schenkt ein Stück neues Leben. Dennoch ist nicht jeder Unmut Grund genug, alles über den Haufen zu werfen. Veränderung ist kein Allheilmittel. Tiefen durchzustehen ist das eine, chronischer Frust das andere.
Viele vermeiden es über Jahre, sich Erschöpfung einzugestehen. Ein Burnout kann ein schleichender Prozess sein. Jahrelanger Medikamenten, Alkoholmissbrauch, Autoimmunerkrankungen oder psychische Auffälligkeiten weisen auf Erschöpfung hin.
Lernen Sie ihre Sinne wieder einzusetzen. Riechen und fühlen Sie die Natur oder konzentrieren Sie sich auf die verschiedenen Bestandteile ihres Essens. Verlangsamen Sie eine Aktivität wenn es möglich ist und genießen Sie den Augenblick. Versuchen Sie die Umgebung abzuscannen und sich einzuprägen.
Das Chamäleon sollte das Tier dieses Jahrhunderts werden. Es zeigt alle Fähigkeit, die heute notwendig sind. Vor allem kann es sich auf veränderte Bedingungen einstellen. Es geht nicht darum, seine Authentizität zu verlieren. Es geht darum, sich nicht mehr zu wünschen, dass alles wieder so wird, wie es mal war. Das macht unglücklich. Wagen Sie in der Jobkrise den Sprung in eine zweite Karriere.
Hinterfragen Sie, wo Sie wie viel Energie investieren und ob es sich lohnt. Hinterfragen Sie Ihre innere Motivation und konzipieren Sie um. Schaffen Sie es Ihr Energielevel unter Kontrolle zu halten, bleibt mehr für die Freizeit über.
Achten Sie nicht nur darauf, was Personen in Ihrem Umfeld sagen, sondern auch, wie sie es sagen. Die Wechselwirkung mit dem Gegenüber und die Umstände einer Konversation beeinflussen das Ergebnis in hohem Maße.
Stellen Sie sich vor, Sie wären Gast im Ratequiz „Was bin ich?“. Welche Eigenschaften, und dazu zählen eben auch die kleinen Fähigkeiten, machen Sie aus? Protokollieren Sie die Bereiche, die bisher noch nicht ausreichend zur Geltung kommen. Da gibt es bestimmt mehrere.
Eine positive Selbstbewertung senkt das Stresslevel. Fangen Sie morgens an mit einer positiven Grundstimmung und versuchen Sie, dieses Gefühl den Tag zu halten. Positive Selbstgespräche oder kurze tägliche Ritual helfen dabei. Auch malen, schreiben oder eine freundliche Büroeinrichtung wirken positiv.
Dabei sollte die Selbstbeobachtung nicht vergessen werden. Intuitive Selbstkontrolle hilft, während eines Gesprächs die Reaktionen seines Gegenübers nicht zu übersehen. Wie Sie auf andere wirken, lässt sich leicht bei einem Abschied erkennen. Ist die Situation entspannter, als bei der Begrüßung, hat sich der Gesprächspartner wohl gefühlt.
Seminare, lebenslanges Lernen, neue Herausforderungen. Nutzen Sie wirklich alle Ihre Bildungsurlaubstage? Haben Sie wirklich schon alles gelernt, was Sie sich vorgenommen haben? Trainieren Sie, nicht zu schnell zu satt zu sein und fordern Sie von sich selbst, mehr aus sich zu machen.
Ärger kann in kürzester Zeit zu Antriebslosigkeit führen. Das Take-Care-Prinzip soll helfen, sich weniger zu ärgern: Versuchen Sie zunächst, Ärger von sich fernzuhalten. Nicht jede Meinungsverschiedenheit mit Kollegen oder den Nachbarn ist einen Streit wert. Falls es doch dazu kommen sollte, distanzieren Sie sich innerlich. Einen Witz machen kann helfen. Sollte es doch heftiger kommen, ist es wichtig, sich beim Sport oder einen Urschrei abzureagieren.
Egal ob im Beruf oder im Privatleben, eine Entscheidung sollte nicht alleine aus dem Kopf heraus getroffen werden. Beziehen Sie Ihren Bauch mit ein. Auch wenn Sie ein Gefühl rational nicht nachvollziehen können, sollten Sie versuchen, es zu ergründen. Es könnte sein, dass ihre innere Stimme weiser ist, als Sie in diesem Augenblick.
Seien Sie die Schlange, nicht das Kaninchen. Reagieren Sie schneller als die anderen. Also erwarten Sie stets das Unerwartete, lernen Sie zu improvisieren, lösen Sie sich rasch von Denkmustern. Und vor allem: verändern sie Gewohnheiten.
Wer sich aufgibt, wird zum Spielball der Umgebung. Bestärken Sie sich jeden Tag darin, dass Sie über Ihr eigenes Lebens bestimmen. Conen empfiehlt: „Lernen Sie mitten im Geschehen zu sein und doch darüber zu stehen.“ Sie kommen mit Störungen besser um, wenn Sie sich als freier und selbstbestimmter Mensch fühlen.
2. Besonders beschäftigte Menschen haben viele Prioritäten, produktive Menschen hingegen wenige.
Das Leben ist ein Frage der Prioritäten. Wer nur drei Prioritäten hat, der hat auch echte Prioritäten. Eine Prioritätenliste mit 25 Punkten ist aber mehr Chaos, als alles andere. Das Pareto-Prinzip geht davon aus, dass 80 Prozent des angestrebten Erfolgs aus 20 Prozent des Aufwands resultiert, den man betreibt. Henry Ford hat beispielsweise sein Vermögen nicht dadurch erwirtschaftet, dass er besonders clevere Autos, sondern besonders clevere Produktionssysteme erfunden hat.
Daraus könnte man ableiten: Beschäftigte Menschen bauen bessere Autos. Produktive Menschen entwickeln bessere Systeme, um Autos zu bauen.
3. Viel beschäftigte Menschen sagen schnelle „Ja“. Produktive Menschen nehmen sich Zeit, eine Zusage zu machen.
Warren Buffets Definition von Integrität lautet: „In den meisten Fällen muss man ‚Nein‘ sagen“. Denn wenn man zu allem „Ja“ sagt, verfolgt man die Prioritäten anderer.
Integrität bedeutet, dass die eigenen Werte klar sind und man seine Energie darauf verwendet diesen zu entsprechen.
4. Menschen, die sehr beschäftigt sind, fokussieren sich auf ihr Handeln, produktive Menschen darauf, dass sie genau so handeln, wie es nötig ist.
Um sich auf die Top-20-Prozent seiner Handlungen konzentrieren zu können, muss man sich im Klaren sein, was diese Handlungen genau sind. Man sollte sich lieber ein Tagebuch zulegen und jeden Tag fünf Minuten Zeit nehmen um den zurückliegenden Tag zu reflektieren und aufschreiben, woran man gearbeitet hat und woran nicht. Und man sollte etwas Zeit dafür aufbringen, darüber nachzudenken, was einen inspiriert.
Leider dokumentieren die meisten ihr Leben bei Facebook mit Status-Updates.
Beschäftigte Menschen sprechen darüber, wie viel sie zu tun haben.
5. Beschäftigte Menschen halten sich alle Türen offen. Produktive Menschen schließen Türen.
Als junger Mensch ist es richtig, sich alle Optionen offen zu halten und alles auszuprobieren. Es ist richtig, reisen zu wollen, eine neue Sprache zu erlernen, einen Berg zu besteigen, sich an der Universität einschreiben oder in einem anderen Land leben zu wollen. Aber ab einem bestimmten Punkt im Leben muss man sich fokussieren. Mit 20 Jahren ist das größte Kompliment, das man bekommen kann, dass man großes Potential habe. Mit 40 gesagt zu bekommen, man habe viele Möglichkeiten, ist weniger erbaulich. Und wer mit 60 gesagt bekommt, in ihm schlummere großes Potenzial, der darf sich zu Recht beleidigt fühlen.
6. Sehr beschäftigte Menschen sprechen darüber, wie viel sie zu tun haben. Produktive Menschen lassen die Ergebnisse für sich sprechen.
Stephen King sagt: ”Ein Schriftsteller produziert Wörter. Produziere Wörter, dann bist Du ein Schriftsteller. Wenn Du keine Wörter produzierst, bist Du kein Schriftsteller”. Es ist ganz klar eine binäre Sache.
Ich habe zunehmend weniger Interesse daran, was Menschen mir erzählen, was sie machen werden - ich frage danach, was sie bereits geleistet haben. Die Leistungen der Vergangenheit sind die einzigen guten Indikatoren für die zukünftigen Leistungen.
Denn sich produktiv zu fühlen ist nicht das gleiche, wie produktiv zu sein. Das ist wichtig, Ich kann mich sehr produktiv fühlen, während ich Mincraft spiele. Ich kann mich unproduktiv fühlen, während ich einen ausgezeichneten Blog-Beitrag schreibe.
So fällt das Nein sagen leichter
Machen Sie sich klar, warum Ihnen das Nein sagen schwer fällt. Haben Sie Angst vor Ablehnung, vor Verlust von Sympathien, Retourkutschen? Malen Sie sich die Konsequenzen Ihrer Ablehnung aus: Was kann denn schlimmstenfalls passieren, wenn Sie Nein sagen?
Bevor sie zu etwas Ja oder Nein sagen, denken Sie in Ruhe darüber nach: Haben Sie Zeit, sich um den Hund Ihres Nachbarn zu kümmern? Wen oder was müssen Sie dafür vernachlässigen? Müssen Sie Ihr Hobby vernachlässigen, weil Sie die Abendrunde mit dem Nachbarshund drehen müssen? Wie groß ist der Druck, der Ihnen durch diese zusätzliche Aufgabe entsteht?
Machen Sie sich klar, wem und was Sie Ihre Zeit opfern wollen. Machen Sie nichts, das Ihnen unwichtig erscheint, wenn Sie dafür Ihrer Meinung nach Wichtiges vernachlässigen müssen.
Wenn Sie prinzipiell bereit sind, beispielsweise dem Kollegen beim Umzug zu helfen, bloß nicht den ganzen Tag dafür Zeit haben, sagen Sie das. Setzen Sie zeitliche Grenzen.
Auch in anderen Bereichen gilt: Kommunizieren Sie, was Sie bereit zu tun sind und was nicht.
Sagen Sie nicht: „Ich würde ja sehr gerne, aber mein Partner wird dann wieder sauer...“ oder ähnliches. Sondern sagen Sie klar, dass Sie etwas nicht wollen oder keine Zeit dafür haben.
7. Sehr beschäftigte Menschen sprechen darüber, wie wenig Zeit sie haben. Produktive Menschen nehmen sich die Zeit für Dinge, die ihnen wirklich wichtig sind.
Die Zeit, die wir für Entschuldigungen verschwenden, können wir nicht nutzen, um produktiv zu werden. Während beschäftigte Menschen sich also Entschuldigungen zurecht legen, warum sie etwas nicht tun können, nutzen produktive Menschen diese Zeit, um etwas zu tun.
8. Beschäftigte Menschen sind Multitasking-fähig. Produktive Menschen fokussieren.
Produktive Menschen sind sich über ihren Fokus im Klaren. Kennen Sie die Pomodoro-Technik? Sie ist hart, aber effektiv. Bestimmen Sie eine Aufgabe, die erledigt werden muss. Stellen Sie einen Wecker auf 20 Minuten. Arbeiten Sie an der Aufgabe, bis Sie den Wecker hören. Jegliche Ablenkung (ich muss Mails checken, ich muss mir was zu trinken holen, ich muss zur Toilette) lassen sie erst danach zu und stellen die Wecker wieder auf 20 Minuten. Wie viele Pomodoros können Sie an einem Tag vollenden?
9. Beschäftigte Menschen antworten schnell auf Emails. Produktive Menschen nehmen sich dafür Zeit.
Wenn Sie sofort auf jede Mail antworten, teilen Sie Ihren Arbeitsalltag und Ihr Leben in tausend kleine Stücke, um den Prioritäten anderer Menschen zu entsprechen.
Die größten Fehler beim Einsatz von E-Mails
„Welche negativen Auswirkungen ergeben sich aus einem unreflektierten Umgang mit dem Medium E-Mail?“ Der E-Mail-Spezialist Günter Weick, der mit seinen Kollegen von SofTrust Consulting seit 2001 die E-Mail-Kultur internationaler Unternehmen gestaltet, nennt in seinem Buch „Wenn E-Mails nerven“ zwölf potentielle negative Nebenwirkungen.
Eine davon ist die Verschwendung von Arbeitszeit. Beratungsgesellschaften beziffern den Wert der verlorenen Arbeitszeit auf mehrere Milliarden Euro jährlich.
E-Mails haben Suchtpotenzial. Auf lange Sicht leisten die Mitarbeiter so in der regulären Arbeitszeit weniger.
Wer sich von E-Mails treiben lässt, ermüdet schneller, wie Studien belegen. Die ständigen Unterbrechungen durch Emails erhöhen das Bournout-Risiko.
Jeder dürfte es schon mal erlebt haben, dass der Text einer E-Mail falsch verstanden wird. Missverständnisse passieren einfach sehr viel häufiger als in direkten Gesprächen. Zudem treten auch fachliche Fehler leichter auf.
Hierarchien haben sich ja nicht aus Zufall gebildet. Wer berichtet was an wen – das umgeht die E-Mail-Kommunikation viel häufiger, als es alle Beteiligten wahr haben wollen. Vielleicht geht der „kleine Dienstweg“ per Email manchmal schneller, aber das geht zu Lasten von Zuverlässigkeit und Qualität.
Anstatt richtig in Prozessen organisiert zu sein, wird vieles immer wieder als Einzelfall betrachtet. Das ist nicht nur aufwendiger, sondern es passieren auch mehr Fehler.
Soziologen und Psychologen sagen, dass jene Menschen, die vor allem elektronisch kommunizieren, die Fähigkeit und das Interesse verlieren, sich mit Menschen direkt auseinanderzusetzen.
Es gibt viele Themen, in den E-Mails einfach die uneffektivere Kommunikationsform sind (siehe Seite 2). Die Geschäftsvorfälle dauern länger als notwendig und erfordern mehr Aufwand. So manches Thema, das sich per E-Mail über Wochen hinzieht, ist in einer Zehn-Minuten-Besprechung vom Tisch.
Das dringende Kleine im Posteingang wird wichtiger als das wirklich wichtige Große. Auch das ist ein Nachteil der E-Mail-Kommunikation. Umso wichtiger ist es, sich da gut zu organisieren.
Es kommt schnell zu einem Realitätsverlust: Mitarbeiter schicken Dutzende E-Mails durch die Gegend und glauben, sie hätten wirklich gearbeitet. Doch wie produktiv sind die meisten E-Mails wirklich? Hat man für das Unternehmen tatsächlich so viel bewegt, wie man in derselben Zeit hätte können?
Wer über weitere Strecken des Tages auf eingehende E-Mails reagiert, hat folglich weniger Zeit zum Agieren. Das frustriert den Einzelnen und bringt dem Unternehmen wenig.
Jeder will E-Mails schnell vom Tisch haben. Also wo immer möglich gilt da die Devise: weiterleiten statt erledigen.
10. Schwer beschäftigte Menschen wollen, dass auch andere Menschen viel zu tun haben. Produktive Menschen schätzen Effektivität.
Stark beschäftigte Manger zählen die Arbeitsstunden, produktive Manger schauen nur auf das Ergebnis. Beschäftigte Menschen wollen für ihre Anstrengung geschätzt werden. Nicht für ihre Ergebnisse.
11. Beschäftigte Menschen reden darüber, wie sie sich verändern werden. Produktive Menschen machen es einfach.
Verschwenden Sie weniger Zeit darauf, zu erzählen, was Sie machen wollen, sondern überlegen Sie sich den ersten Schritt dahin. Machen Sie genau das. Es ist erstaunlich, wie das Universum die Person belohnt, die aufhört zu reden und einfach mal macht.
Conor Neill ist Dozent an der IESE Business School München/Barcelona und Präsident von Vistage.