Arbeitsorganisation Sind Sie beschäftigt oder produktiv?

Es gibt Menschen, die sind immer gestresst und haben nie Zeit. Dafür erreichen sie wenig. Andere sind stets entspannt, leisten aber Großes. Beide unterscheiden sich in ihrer Arbeitsweise und ihrem Verhalten grundlegend.

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Wie Sie tote Zeit effektiv nutzen
Tipp 1: In kürzeren Einheiten denken Wer kleiner denkt, schafft oft mehr. Experten raten daher, sich den Tag in 96 kleine 15-Minuten Blöcke aufzuteilen. Das heißt nicht, dass alle Tätigkeiten nur eine Viertelstunde dauern sollen, hilft aber dabei, den Tag besser zu planen. Große Aufgaben, die vorher noch erschlagend wirkten, erscheinen so auf einmal lösbar und weniger aufwendig als noch zuvor. Und plötzlich ergeben sich plötzlich kleine 15-minütige Pausen zwischen zwei Terminen, die dann effektiv genutzt werden können. Quelle: dpa
Erledigte Aufgaben abhakenDieser Trick stammt aus dem Bereich des Zeitmanagements und der Selbstorganisation. Selbst kleine und scheinbar ganz banale Aufgaben können Spaß machen, wenn Sie diese auf einer To-Do-Liste aufschreiben und dann Stück für Stück abhaken. Das geht am besten ganz altmodisch mit Stift und Papier. Bereits der Vorgang des Aufschreibens und dann das Gefühl beim Durchstreichen oder abhaken einer Aufgabe kann Ihre Stimmung enorm steigern. Quelle: Fotolia
Tipp 3: Wartezeit als Pause willkommen heißen Auch locker lassen schadet nicht. Nicht jede 15-minütige Pause muss aktiv genutzt werden. Im Gegenteil: Oft ist es effektiver, 15 Minuten lang einfach mal nichts zu tun, aus dem Fenster zu schauen oder einen Tee zu trinken. Denn genau diese Pausen brauchen wir als notwendige Regenerationsphasen. Quelle: dpa
Tipp 4: ZeitmanagementBevor Sie einen Termin ansetzen, eine Konferenz oder ein Meeting, sollten Sie sich genau überlegen, wie viel Zeit Sie dafür einplanen wollen. Jede Einladung bei Outlook ist für eine Stunde, auch wenn viele Themen oft in 20 Minuten bei einem Kaffee hätten besprochen werden können. Natürlich braucht es Koordination, sobald externe Personen oder mehr als zwei bis drei Personen beteiligt sind. Aber wenn nicht jeder Teilnehmer 80 Prozent seiner Woche mit einstündigen Meetings blockiert hat, finden sich auch einfacher kurze Zeitfenster. Quelle: AP
Tipp 5: Bus- und Bahnfahrten effektiv nutzenSchon auf dem Weg ins Büro lässt sich Zeit sinnvoll nutzen. Viele Leute sind auf dem Bahnsteig, in Bussen oder Bahnen permanent mit ihrem Handy beschäftigt. Der Grund: Wer unterwegs E-Mails und Social-Media Kanäle checkt und kurz beantwortet, muss das im Laufe des Tages nicht mehr machen. Auch im Zug geht das prima, dort gibt es oft sogar Laptop-Arbeitsplätz und Steckdosen. Auch während der Wartezeiten, bis der Zug kommt, können Sie Dinge auf ihrer To-Do Liste abhaken. Quelle: REUTERS
Tipp 6: Selbstbeobachtung Achten Sie auf sich und Ihre Art zu arbeiten. Denn jeder Mensch ist anders. Während der eine ein Morgenmensch ist, der schon nach dem Frühstück viel erledigen kann, dann stehen sie früh auf und reservieren Sie sich eine störungsfreie Zeit, in der Sie in Ruhe arbeiten. Sind Sie ein Morgenmuffel und erst ab mittags so richtig warmgelaufen, dann starten Sie lieber gemütlich in den Tag. Teilen Sie sich Ihren Tag ein, so wie es Ihnen am effektivsten erscheint. Quelle: dpa/dpaweb
Tipp 7: Zeitinseln schaffenWenn Sie Ihren Tag in 15-Minuten-Blöcke aufgeteilt haben und feststellen, dass Sie komplett ausgebucht sind, schaffen Sie sich bewusst kleine Zeitinseln. Regenerationsphasen fördern die Konzentration und ein kleiner Power-Nap oder ein fünfminütiger Spaziergang fördern die Leistungsfähigkeit. Quelle: dpa

Ich habe 2010 einen Tag mit dem weltberühmten spanische Extremsportler und Skibergsteiger Kílian Jornet verbracht. Kílian verbringt die meiste Zeit seines Lebens in den Bergen. Im kommenden Jahr wird er den Mount Everest besteigen. Er war schon auf dem Kilimanjaro, Aconcagua, Montblanc und Cervino (jeweils knackte er den Rekord der schnellsten Besteigung). Er sei sich vor einer solchen Tour immer im Klaren darüber, was sein Ziel ist, nur an den einzelnen Etappen dorthin habe er häufig Zweifel. Er sei sich der Umgebung bewusst, den Veränderungen des Wetters, den losen Felsen. Er müsse seinen Weg ständig überdenken.

Wenn er dagegen mit seinem Camping-Van nach Barcelona fährt, was er mehrmals im Jahr macht, dann sehe er Menschen, die ganz zuversichtlich und selbstsicher die Straßen rauf und runter laufen. Sie sehen aus, als wüssten sie genau, was ihr nächster Schritt sei. Dabei hätten sie keine Ahnung davon, wo hin sie wollen. Dies ist ein gutes Beispiel für Menschen, die sehr beschäftigt sind und solchen, die dadurch tatsächlich auch irgendwo ankommen.

Ergo: Menschen, die immer sehr beschäftigt sind und tatsächlich produktiven Menschen. Die beiden Typen unterscheiden sich in elf Punkten:

1. Schwer beschäftigte Menschen wollen so wirken, als hätten sie eine Mission. Produktive Menschen haben eine Mission.

Menschen, die immer beschäftigt sind, überspielen ihre Zweifel mit Arbeit. Sie treten gerne betont selbstbewusst auf.

Produktive Menschen gehen offen mit Zweifeln um, weil sie eine klares Ziel vor Augen haben.

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2. Besonders beschäftigte Menschen haben viele Prioritäten, produktive Menschen hingegen wenige.

Das Leben ist ein Frage der Prioritäten. Wer nur drei Prioritäten hat, der hat auch echte Prioritäten. Eine Prioritätenliste mit 25 Punkten ist aber mehr Chaos, als alles andere. Das Pareto-Prinzip geht davon aus, dass 80 Prozent des angestrebten Erfolgs aus 20 Prozent des Aufwands resultiert, den man betreibt. Henry Ford hat beispielsweise sein Vermögen nicht dadurch erwirtschaftet, dass er besonders clevere Autos, sondern besonders clevere Produktionssysteme erfunden hat.

Daraus könnte man ableiten: Beschäftigte Menschen bauen bessere Autos. Produktive Menschen entwickeln bessere Systeme, um Autos zu bauen.

3. Viel beschäftigte Menschen sagen schnelle „Ja“. Produktive Menschen nehmen sich Zeit, eine Zusage zu machen.

Warren Buffets Definition von Integrität lautet: „In den meisten Fällen muss man ‚Nein‘ sagen“. Denn wenn man zu allem „Ja“ sagt, verfolgt man die Prioritäten anderer.

Integrität bedeutet, dass die eigenen Werte klar sind und man seine Energie darauf verwendet diesen zu entsprechen.

4. Menschen, die sehr beschäftigt sind, fokussieren sich auf ihr Handeln, produktive Menschen darauf, dass sie genau so handeln, wie es nötig ist.

Um sich auf die Top-20-Prozent seiner Handlungen konzentrieren zu können, muss man sich im Klaren sein, was diese Handlungen genau sind. Man sollte sich lieber ein Tagebuch zulegen und jeden Tag fünf Minuten Zeit nehmen um den zurückliegenden Tag zu reflektieren und aufschreiben, woran man gearbeitet hat und woran nicht. Und man sollte etwas Zeit dafür aufbringen, darüber nachzudenken, was einen inspiriert.

Leider dokumentieren die meisten ihr Leben bei Facebook mit Status-Updates.

Beschäftigte Menschen sprechen darüber, wie viel sie zu tun haben.

5. Beschäftigte Menschen halten sich alle Türen offen. Produktive Menschen schließen Türen.

Als junger Mensch ist es richtig, sich alle Optionen offen zu halten und alles auszuprobieren. Es ist richtig, reisen zu wollen, eine neue Sprache zu erlernen, einen Berg zu besteigen, sich an der Universität einschreiben oder in einem anderen Land leben zu wollen. Aber ab einem bestimmten Punkt im Leben muss man sich fokussieren. Mit 20 Jahren ist das größte Kompliment, das man bekommen kann, dass man großes Potential habe. Mit 40 gesagt zu bekommen, man habe viele Möglichkeiten, ist weniger erbaulich. Und wer mit 60 gesagt bekommt, in ihm schlummere großes Potenzial, der darf sich zu Recht beleidigt fühlen.

6. Sehr beschäftigte Menschen sprechen darüber, wie viel sie zu tun haben. Produktive Menschen lassen die Ergebnisse für sich sprechen.

Stephen King sagt: ”Ein Schriftsteller produziert Wörter. Produziere Wörter, dann bist Du ein Schriftsteller. Wenn Du keine Wörter produzierst, bist Du kein Schriftsteller”. Es ist ganz klar eine binäre Sache.

Ich habe zunehmend weniger Interesse daran, was Menschen mir erzählen, was sie machen werden - ich frage danach, was sie bereits geleistet haben. Die Leistungen der Vergangenheit sind die einzigen guten Indikatoren für die zukünftigen Leistungen.
Denn sich produktiv zu fühlen ist nicht das gleiche, wie produktiv zu sein. Das ist wichtig, Ich kann mich sehr produktiv fühlen, während ich Mincraft spiele. Ich kann mich unproduktiv fühlen, während ich einen ausgezeichneten Blog-Beitrag schreibe.

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7. Sehr beschäftigte Menschen sprechen darüber, wie wenig Zeit sie haben. Produktive Menschen nehmen sich die Zeit für Dinge, die ihnen wirklich wichtig sind.

Die Zeit, die wir für Entschuldigungen verschwenden, können wir nicht nutzen, um produktiv zu werden. Während beschäftigte Menschen sich also Entschuldigungen zurecht legen, warum sie etwas nicht tun können, nutzen produktive Menschen diese Zeit, um etwas zu tun.

8. Beschäftigte Menschen sind Multitasking-fähig. Produktive Menschen fokussieren.

Produktive Menschen sind sich über ihren Fokus im Klaren. Kennen Sie die Pomodoro-Technik? Sie ist hart, aber effektiv. Bestimmen Sie eine Aufgabe, die erledigt werden muss. Stellen Sie einen Wecker auf 20 Minuten. Arbeiten Sie an der Aufgabe, bis Sie den Wecker hören. Jegliche Ablenkung (ich muss Mails checken, ich muss mir was zu trinken holen, ich muss zur Toilette) lassen sie erst danach zu und stellen die Wecker wieder auf 20 Minuten. Wie viele Pomodoros können Sie an einem Tag vollenden?

9. Beschäftigte Menschen antworten schnell auf Emails. Produktive Menschen nehmen sich dafür Zeit.

Wenn Sie sofort auf jede Mail antworten, teilen Sie Ihren Arbeitsalltag und Ihr Leben in tausend kleine Stücke, um den Prioritäten anderer Menschen zu entsprechen.

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10. Schwer beschäftigte Menschen wollen, dass auch andere Menschen viel zu tun haben. Produktive Menschen schätzen Effektivität.

Stark beschäftigte Manger zählen die Arbeitsstunden, produktive Manger schauen nur auf das Ergebnis. Beschäftigte Menschen wollen für ihre Anstrengung geschätzt werden. Nicht für ihre Ergebnisse.

11. Beschäftigte Menschen reden darüber, wie sie sich verändern werden. Produktive Menschen machen es einfach.

Verschwenden Sie weniger Zeit darauf, zu erzählen, was Sie machen wollen, sondern überlegen Sie sich den ersten Schritt dahin. Machen Sie genau das. Es ist erstaunlich, wie das Universum die Person belohnt, die aufhört zu reden und einfach mal macht.


Conor Neill ist Dozent an der IESE Business School München/Barcelona und Präsident von Vistage.

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