Ausbildung von Führungskräften Manager müssen mehr sein als "Nieten in Nadelstreifen"

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Simple BWL-Theorien schaden mehr, als sie nutzen

Auf der Strecke bleiben Manager, die versuchen, überwiegend auf Basis der BWL-dominierten akademischen Ausbildung ihre Unternehmen zu steuern. Sie erleiden fast zwangsläufig Schiffsbruch mit ihren auf Rationalität (genauer gesagt auf ihre eigene Rationalität) begründeten Lösungskonzepten. Es ist gut beobachtbar, dass die Manager zum Durchsetzen der vereinfachten Konzepte Macht einsetzen – in der Folge bürokratisiert das Unternehmen zunehmend.

Auch in den USA diskutiert man über die simplen Theoriemodelle, die in der Praxis verwendet werden und bei steigender Komplexität mehr Schaden anrichten als sie nutzen. Der angesehene Stanforder Professor Jeffrey Pfeffer fragt beispielsweise in einem Artikel „Why do bad management theories persist?“ und findet Antworten auch im akademischen System.

Mehr „Opfer“ als „Täter“

Um die Erwartungen ihrer Umwelt zu erfüllen und angesichts der schwachen theoretischen Basis, auf die Manager üblicherweise zurückgreifen müssen, bleibt ihnen oft gar nichts anderes übrig, als wie beschrieben zu agieren. Nur müssen sie dann oft eher als „Opfer“ denn als „Täter“ betrachtet werden. Dass dies aber in der Praxis so nicht üblich ist, zeigen Umfragen bei (Nachwuchs-) Führungskräftetrainings. Dort findet man überwiegend kein gemeinsames Verständnis, was denn nun „Führung“ oder „Management“ sei und warum beide wichtig für Organisationen sind. Aber der Großteil der in Seminaren und Lehrgängen befragten unteren oder mittleren Führungskräfte hält das obere Management des eigenen Unternehmens für „unprofessionell“ – allerdings ohne dabei den Begriff „professionell“ zu hinterfragen.

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Ein dreiwöchiger Kurs reicht nicht aus

Wissenschaftliche Analysen zum Professionalisierungsgrad von Management führen aber zu einem ähnlichen Ergebnis. Management ist keine Profession. Es fehlt vor allem an zwei Dingen: einer Standesvertretung, die auf Standards und Weiterentwicklung der Profession achtet; und an einem Kern von akademischem Wissen und einer Ausbildung, die eine Profession begründen. Würden Sie zu einem Arzt gehen, der im Vorberuf Metzger war und dann vielleicht in drei einwöchigen „Arzt Development“-Ausbildungen Praxisvorstellungen vermittelt bekommt? Für Manager inmitten ihrer komplexen Umwelt ist eine derartige Karriere aber leider viel zu häufig Realität.

Die fehlende Professionalisierung – insbesondere im Umgang mit hoher sozialer Komplexität – scheint ein Hauptgrund zu sein, warum Westeuropa in einer Phase immer effizienterer Ausbeutung alter Innovationen verharrt, radikale Veränderungen aber kaum möglich sind.  Eine Wissensbasis, bestehend aus einer theoriebasierten akademischen Managementausbildung und einer darauffolgenden Praxisphase, wie unter Ärzten und Anwälten üblich, ist auch für das Management in unserer komplexen Welt unabdingbar.

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