Die Frage „Wie viel verdienen Sie?“ gilt immer noch als weitgehend tabu. 70 Prozent der deutschen Fach- und Führungskräfte sprechen nicht mit Arbeitskollegen über ihr Einkommen, ergab kürzlich eine Umfrage der Online-Stellenbörse Stepstone. Damit gehören die Deutschen zu den verschwiegensten Arbeitnehmern in Europa.
Dennoch bestimmen Diskussionen rund um Gehalt und Gerechtigkeit derzeit wieder einmal die öffentliche Debatte – angefangen bei der Frage, ob ein Ehrensold in Höhe von jährlich knapp 200 000 Euro angemessen ist für einen Bundespräsidenten, der nach 20 Monaten mit 52 Jahren aus dem Amt scheidet, über das öffentliche Lamento des Wall-Street-Bankers Andrew Schiff, der per Zeitungsinterview elementare Existenzsorgen beklagte – weil sein Jahressalär im Jahr 2011 aufgrund ausgefallener Boni auf umgerechnet 266 000 Euro geschrumpft sei. Oder die Millionengehälter von Konzernchefs wie Telekom-Boss René Obermann, der 2011 3,3 Millionen Euro einstrich. Bis hin zu den Tarifverhandlungen, die derzeit in vielen Branchen anstehen.
Belohnungen für die Belegschaft
So verlangt die Gewerkschaft Verdi für die etwa zwei Millionen Beschäftigten bei Bund und Kommunen 6,5 Prozent mehr Lohn – eine Forderung, die Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich prompt als „jenseits jeder realistischen Vorstellung“ zurückwies. Verdi-Chef Frank Bsirske drohte, dass bei einem Scheitern „die entsprechende Antwort“ kommen werde.
Dabei ist die längst erfolgt: Manche Unternehmen gönnen ihren Angestellten den sprichwörtlichen Schluck aus der Pulle – auch ohne nächtelange Verhandlungen.
Ende Februar kündigte Bayer an, seine Belegschaft für die guten Zahlen zu belohnen: Insgesamt 600 Millionen Euro schüttet der Pharma- und Chemiekonzern Ende April als Erfolgsbeteiligung an seine weltweit 112 000 Beschäftigten aus – davon 300 Millionen Euro alleine in Deutschland.
Dieselbe Summe gönnt BASF seinen Mitarbeitern, während die Tarifbeschäftigten bei Daimler 4100 Euro als Prämie erhalten. Und Konkurrent Porsche gestattet seinen Angestellten gar ein Extra von 7600 Euro – als „genial-intergalaktische Sonderzahlung“, so Betriebsratschef Uwe Hück.