Ärztemangel "Auch ein deutscher Landarzt kann über 200.000 Euro verdienen"

Die Geschichte des neuseeländischen Landarztes, der keinen Kompagnon trotz üppigen Verdienstes findet, ist von deutschen Verhältnissen nicht weit entfernt. Roland Stahl von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung über die Vorlieben junger Mediziner.

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Ärzte für ländliche Praxen zu finden, ist nicht einfach. Quelle: dpa

WirtschaftsWoche: Der Fall eines neuseeländischen Landarztes geht derzeit durch die Medien, der keinen Kompagnon findet – trotz eines Gehaltes von 240.000 Euro. Ist das in Deutschland auch denkbar?

Roland Stahl: Gerade bei den grundversorgenden Ärzten, die man vor Ort braucht, ist es nicht einfach, Praxen in ländlichen Gebieten zu besetzen.

Warum?

Der generelle gesellschaftliche Trend der Urbanisierung betrifft alle jungen Menschen, also auch Mediziner. Außerdem können sich junge Mediziner aussuchen, wo und wie sie arbeiten wollen.

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Sind Mediziner denn urbaner als Elektriker oder Metzger? Man hört selten Klagen, dass es an Land-Elektrikern oder Land-Metzgern mangelt?

Man kann, glaube ich, nicht sagen, dass Mediziner urbaner sind. Vielleicht liegt es daran, dass der Anspruch an den Hausarzt ein anderer ist als an den Handwerker. Die Nähe des Arztes ist ein persönlicheres Bedürfnis. Aber selbst, wenn es uns gelänge, jede Landarztpraxis zu besetzen, würden vermutlich die zeitlichen Ansprüche vieler Menschen enttäuscht. Bei den heutigen Ärzten hat sich die Einstellung zum Stellenwert von Familie und Beruf gewandelt. Den Arzt, der permanent über 24 Stunden und sieben Tage pro Woche ansprechbar ist, gibt es nur noch in Fernsehserien.

Erwarten das denn die Patienten in ländlichen Gebieten eher als in großen Städten?

Ich glaube schon, dass das so ist. Als Arzt kennt Sie im Dorf jeder. Viele Ärzte vom Lande erzählen mir, dass die Patienten eben auch am Wochenende vor der Türe stehen. Auf dem Land müssen Sie deutlich mehr Hausbesuche machen.

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Und die jungen Ärzte können es sich heutzutage aussuchen, wo sie arbeiten?

Ja. Es gibt nicht nur in Deutschland sondern in ganz Europa viel mehr Nachfrage nach niedergelassenen Ärzten als niederlassungswillige Ärzte. Kommunen und kassenärztliche Vereinigungen sorgen zwar dafür, dass die Standorte attraktiv sind. Aber Medizinstudenten werden während ihres Studiums mit der Niederlassung nicht konfrontiert und die Konkurrenz an Alternativen zur Landarztpraxis ist groß. Junge Ärzte sind in der beneidenswerten Situation, dass sie letztlich frei entscheiden können, was sie machen wollen.

Verdient ein niedergelassener Arzt denn in der Stadt auch besser?
Im Gegenteil. Wahrscheinlich verdient man auf dem Land eher mehr. Die finanziellen Aspekte spielen da letztlich wohl gar nicht die ausschlaggebende Rolle.

Ein Landarzt kann also, wie der Kollege in Neuseeland, über 200.000 Euro im Jahr verdienen?

Ja, das ist durchaus drin. Es kommt natürlich auf den Standort an. Und je mehr Patienten Sie betreuen, desto anstrengender ist es natürlich auch.

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