Amorelie-Gründerin Lea-Sophie Cramer „Diesen Mut zu springen kann man lernen“

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„Das Wasser wird wärmer“

Wieso?
Ich war so müde. Ich hatte einfach keine Lust mehr, Leute zu treffen und über Businesspläne zu sprechen.

Aber Sie haben dann doch zueinander gefunden.
Und auch das war Zufall: Das Restaurant, das Sebastian ausgesucht hat, war 50 Meter von meiner Wohnung entfernt. Und so habe ich mich doch aufgerafft. Als wir uns dann gegenüber saßen, hat es sofort Klick gemacht: Wir hatten die gleiche Passion. Und dort entstand schon die Idee zu Amorelie. Auf den 50 Meter zurück in meine Wohnung habe ich gedacht: Das ist es!

Fiel es Ihnen dieses Mal leichter zu springen?
Ja, ich habe mir selbst mehr vertraut. Wir haben damals schon die Opportunitätskosten durchkalkuliert. Uns war klar, wenn das schief geht, dann wären wir nicht nur mit einem Unternehmen gescheitert. Sondern mit dem Versuch, einen Shop fürs Liebesleben aufzubauen. Das ist ja ein sensibles Thema. Wir waren uns sicher, dass wir damit gerade bei großen Konzernen viele Türen zugefallen wären. Am Ende haben wir uns gesagt: Selbst wenn wir uns die Hälfte der Chancen verschließen, dann sind das vermutlich die Jobs, die für uns sowieso nicht die richtigen wären.

Das heißt, je häufiger man springt, desto leichter fällt es?
Ich denke schon, dass man da eine gewisse Erfahrung entwickelt: Ich weiß, dass ich mich im kalten Wasser wohl fühle. Letztlich ist dieses Bauchgefühl ja die Sammlung meiner Erfahrungen. Man durchdenkt es nicht, sondern erspürt: Ich kann das. Diesen Mut zu springen, kann man erlernen. Und dann kann man das auch genießen, weil man weiß: Das Wasser wird wärmer.

Denken Sie nicht, dass man der Typ dafür sein muss?
Ich mache tatsächlich ganz viele Sachen, die sich erst einmal unangenehm anfühlen, aber die mich weiterbringen. Ich habe letzte Woche zum Beispiel mit dem Boxen angefangen. Da wusste ich, dass ich erst einmal einen auf die Nase bekommen. Es macht mir Spaß, neue Dinge auszuprobieren. Aber das war nicht immer so.

Wie hat sich das denn geändert?
Als Kind war ich eher schüchtern. Wenn ich mit meinen Eltern essen war, habe ich extra langsam getrunken, weil ich Angst hatte, dass ich selbst mir beim Kellner ein neues Getränk bestellen müsste, wenn ich noch Durst habe. Und das habe ich mich nicht getraut.

Kann man sich heute kaum noch vorstellen.
Meine Eltern haben mich immer wieder sanft in diese neuen Situationen gedrückt. Meine heutige Extrovertierheit, die ist nicht antrainiert. Das bin ich. Aber ich brauchte jemanden, der mich immer wieder fordert. Und der mir gleichzeitig Sicherheit gibt.

Hat diese Rolle dann später, zu Beginn ihrer Karriere, Oliver Samwer übernommen?
In gewisser Weise schon. Die meisten Leute würden vermutlich bei Sicherheit nicht gerade an ihn denken. Aber ich hatte das Gefühl, er weiß, was er tut. Und es hilft, wenn man Menschen hat, denen man vertraut, die gewisse Wege schon gegangen sind – und die wissen, ob man sich da gerade verrennt.

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