In welcher Hinsicht?
Seit dem 1. November dürfen bei uns gleichgeschlechtliche Paare heiraten. Und das im Jahr 2017! Selbst die Amerikaner haben das vor uns geschafft und die sind viel prüder. In den USA ist es übrigens auch schon seit Jahrzehnten völlig normal, dass Frauen Flugzeuge fliegen und beim Militär sind. Und auch im Sport: Die Spielerinnen der amerikanischen Frauen-Fußball-Nationalmannschaft sind Ikonen, die kennt jeder im Land. Die kleinen Mädchen haben da ganz starke Vorbilder. Beim Thema Gleichberechtigung sind Länder wie England oder Frankreich Deutschland weit voraus.
Was glauben Sie: Warum hinkt Deutschland hinterher?
Das hat viele Gründe. In den Zwanzigerjahren lebten Frauen ja auch bei uns sehr fortschrittlich, sie kämpften um ihr Wahlrecht. In den Dreißigern und Vierzigern gab es da einen Rückschritt, was Frauenrechte anging. Frauen sollten an den Herd und möglichst viele Kinder kriegen. Auch in den Fünfzigerjahren war es das Ideal, dass ein so genannter richtiger Mann genug Geld verdient, damit seine Frau zuhause bleiben konnte. Diese Prägungen haben bis heute Spuren hinterlassen. In der DDR wiederum gab es andere Ideale, andere Lebensweisen, auch das merkt man bis heute.
Sind Sie in Ihrem Berufsleben Vorurteilen begegnet?
Ja, es gibt da zwei Arten von Vorurteilen. Die einen äußern sich sehr bewusst. Das sind vor allem ältere Männer oder Frauen, die mich kennenlernen und fragen: „Was, du bist Pilotin? So eine kleine Frau in so einem großen Flugzeug?!“ Und dann gibt es auch einige wenige Männer, die Pilot werden wollen, weil sie sich dabei so männlich fühlen können. Wenn dann eine kleine, zierliche Frau daherkommt und den Job besser macht, ist das doof fürs Selbstbild. Dann kommen schon mal blöde Sprüche. Mit dieser Art von Vorurteilen kann ich aber ganz gut umgehen.
Fakten zu Frauen im Weltall
Vor über 50 Jahren flog die sowjetische Kosmonautin Valentina Tereschkowa am 16. Juni 1963 als erste Frau ins Weltall.
Nur jeder sechste Astronaut ist weiblich. Seit 1988 gibt es gemischte Esa-Teams aus Männern und Frauen. Vom Jahr 1999 an sei der Anteil von 15 Prozent an weiblichen Bewerbern und Astronautinnen gleich geblieben, erklärt der ehemalige belgische Raumfahrer Frank De Winne. Eine Frauenquote allein des Männerüberschusses wegen sei jedoch völlig ausgeschlossen.
Zum internationalen Verein „Women in Aerospace“ (Frauen in der Raumfahrt) gehören 500 Frauen, knapp 30 Prozent stammen aus Deutschland.
Die Kandidatin, die 2020 ins All fliegen soll, wäre nicht die erste Astronautin, die auf privat finanzierter Mission im Weltraum unterwegs ist. Die Britin Helen Sharman hatte sich 1989 auf einen Radiospot hin für eine kommerzielle sowjetisch-britische Mission beworben und war aus 13.000 Bewerbern ausgewählt worden. 1991 flog sie zur Raumstation Mir.
Zuletzt stellte die Italienerin Samantha Cristoforetti den Langzeitrekord für Frauen mit fast 200 Tagen im Weltraum auf.
Ok, und was ist mit den unbewussten Vorurteilen?
Mit denen ist es viel schwieriger als Betroffene vernünftig umzugehen. Vor einiger Zeit bin ich an einen neuen Dienstort gekommen und hatte einen neuen Chef. Jemand, der mich sehr gut kannte, hat mich angerufen und mir von einer Führungsposition erzählt, für die ich gut geeignet wäre und bat mich, mich darauf zu bewerben. Der Vorgesetzte hörte davon und sagte: „Nee, die ist dafür doch viel zu jung und viel zu unerfahren, das geht gar nicht.“ Alle anderen, die zu dem Zeitpunkt auf vergleichbaren Positionen waren, waren zwar älter als ich, hatten aber tatsächlich weniger Erfahrung – in allen Aspekten: weniger Flugstunden, weniger Führungserfahrung.
Körperliche Belastungen: Was Astronauten aushalten müssen
Im Weltall herrscht aber Schwerelosigkeit. Dort gibt es keine Schwerkraft, gegen die das Herz anpumpen muss. Das Blut fließt genauso einfach nach oben wie nach unten. Also muss das Herz eines Astronauten eigentlich gar nicht so schwer arbeiten wie auf der Erde. Tut es aber trotzdem. Der Körper des Astronauten muss sich erst an die neue Umgebung gewöhnen und das dauert ein paar Wochen. So lange pumpt das Herz kräftig weiter. Der Astronaut hat deswegen mehr Blut im Kopf als sonst. Etwa eineinhalb Liter Flüssigkeit gelangen so in den Kopf und lässt ihn leicht geschwollen und größer aussehen. „Puffy Face“ wird das im Fachjargon genannt. Folgen können massive Kopfschmerzen sein. Gleichzeitig fehlt das Blut an den Beinen. Kalte Füße und dünnere Beine sind die Folge. Landen die Astronauten wieder auf der Erde, wird durch die Gravitation plötzlich so viel Blut aus dem Kopf abgezogen, dass eine Ohnmacht kaum zu vermeiden ist.
Neben der hohen Strahlung im All sind der Knochen- und der Muskelabbau eines der wichtigsten medizinischen Probleme. In der Schwerelosigkeit geht monatlich bis zu eineinhalb Prozent Knochensubstanz verloren. Besonders betroffen sind der Hüft- und der Wirbelsäulenbereich. Weil Arme und Beine gar nicht mehr belastet werden, bilden sich die Muskeln zurück. Der Muskel- und Knochenschwund ist im All nicht das größte Problem, erst bei der Rückkehr auf die Erde werden die Konsequenzen deutlich. Langsam muss der Körper wieder aufgebaut und trainiert werden.
Ohne die Gravitation können sich die Wirbelsäule und die Bandscheiben viel besser entspannen. Die Astronauten wachsen regelrecht, um etwa zwei Zentimeter. Das Resultat sind nicht selten starke Schmerzen, weil die Lendenwirbel auf die Nerven drücken.
Weil das Blut anders durch den Körper fließt, wird auch die linke Herzkammer um bis zu zehn Prozent kleiner. Auch die Zahl der roten Blutkörperchen sinkt. Der Körper wird nicht mehr so stark mit Sauerstoff versorgt, so dass Menschen im All häufiger müde sind als auf der Erde.
So richtig hungrig sind Astronauten nicht. Jeder zweite Astronaut klagt über Appetitlosigkeit.
Während es auf See durch den Wellengang schaukelt, schweben Astronauten durch die Luft. In beiden Fällen gibt es keinen festen Grund unter den Füßen. Normalerweise üben winzige Kristalle im Gleichgewichtsorgan des Innenohres einen Druck auf die Sinneshärchen aus, die auf diesem Weg dem Körper die Richtung der Schwerkraft anzeigen. In der Schwerelosigkeit fällt dieser Effekt weg, so dass es kein oben und kein unten mehr gibt. Der Körper reagiert mit Erbrechen und Schweißausbrüchen – bis sich der Körper daran gewöhnt hat. Unterstützt wird das ganze durch eine optische Überforderung, da die Augen ständig unterschiedliche Informationen geliefert bekommen. Hat sich der Körper endlich an diesen Zustand gewöhnt, geht es meist wieder auf die Erde, wo das ganze Spiel andersherum wieder von statten geht. Der Körper muss sich erneut an die Schwerkraft gewöhnen.
Unsere Haut reguliert unter anderem den Wasser- und Temperaturhaushalt des Körpers und verhindert das Eindringen von Krankheitserregern. Außerdem schützt sie vor UV-Strahlung. Im All wird die Haut besonders beansprucht. Forschungen des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums (DLR) haben gezeigt, dass die Haut der Astronauten während ihres sechsmonatigen Aufenthalts auf der Internationalen Raumstation (ISS) sich ähnlich verändert, wie der Alterungsprozess bei Menschen auf der Erde. Die Oberflächenstruktur der Haut wir gröber, die Elastizität nimmt ab. Die gute Nachricht: Die Haut bleibt nicht alt. Sie regeneriert sich wieder und sieht nach etwa einem Jahr wieder normal aus.
Wie erklären Sie sich das Verhalten?
Mein Chef hatte einfach eine kleine, zierliche Frau gesehen, noch ziemlich jung, irgendwie neu – ich passte einfach nicht in das Bild, das er vor Augen hatte. Er hatte Zweifel, ob ich mich gegen die ganzen Männer durchsetzen kann.
Wie sind Sie damit umgegangen?
„Die fressen Sie doch beim lebendigen Leib“, hat er zu mir gesagt. Aber er kannte mich eben noch nicht: Mich frisst überhaupt niemand.