Arbeitgeber-Award Vodafone hat die beste Arbeitsatmosphäre

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Offen über Burn-out sprechen

Eine Besonderheit ist die Thematisierung psychischer Erkrankungen: „Während andere Unternehmen damit eher verschämt umgehen, sucht Vodafone den offenen Dialog“, sagt Weihofen. Der Telekommunikationskonzern bietet sowohl eine psychosomatische Sprechstunde als auch Infoveranstaltungen zu Burn-out und Depression an. Außerdem befragt Vodafone Abteilungen mit erhöhtem Krankenstand. „Dadurch können wir proaktiv auf mögliche Belastungen wie Lärm reagieren“, sagt Barnard. Denn auch er weiß: Es lohnt sich, auf das Verlangen der Mitarbeiter einzugehen.

Diese Erkenntnis hat sich auch beim Mittelständler Komsa durchgesetzt. Der Dienstleister hat seinen Hauptsitz in Hartmannsdorf, zwölf Kilometer nordwestlich von Chemnitz. Deshalb muss er deutlich stärker um Fachkräfte buhlen als in den beliebten Metropolen von Hamburg bis München. Komsa tut dies bislang mit Erfolg. Seit 2007 ist die Belegschaft von 1000 auf 1500 Mitarbeiter gewachsen.

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Weil Komsa etwas für die strukturschwache Region tun will, konzentriert sich das Unternehmen bei der Rekrutierung zunächst auf Hartmannsdorf. Kann dort kein Kandidat gefunden werden, schaut sich Personalleiterin Katrin Haubold im Umkreis um, dann in ganz Sachsen, dann in den angrenzenden Bundesländern. „Wann immer es möglich ist, versuchen wir, unsere Region zu stärken“, sagt sie. „Auch im Einkauf oder bei der Vergabe von Bauaufträgen arbeiten wir bevorzugt mit regionalen Anbietern.“

Verlässt ein wertvoller Mitarbeiter die Region, sucht Komsa eine Möglichkeit, ihn weiterzubeschäftigen. Eine Vertrieblerin etwa zog vor zwei Jahren nach Hessen und arbeitet seitdem ohne Probleme komplett von zu Hause.

Diese Flexibilität schätzen sowohl Angestellte als auch die Jury: „In einer solchen Stringenz habe ich die Orientierung an den unterschiedlichen Lebensphasen der Belegschaft noch nicht gesehen“, sagt Klös vom IW. Komsa versucht, individuelle Konzepte je nach Lebenslage anzubieten, die der Mitarbeiter vorher mit seiner Führungskraft aushandelt. „Wir signalisieren den Angestellten, dass wir über alles sprechen können“, sagt Haubold.

Das Angebot von Komsa ist vielfältig: betriebseigene Kita, Jobsharing, Lebensarbeitszeitkonten. Um sich nicht zu verzetteln, schafft Komsa regelmäßig nicht genutzte Angebote ab. „Auch das geschieht in Absprache mit den Mitarbeitern“, sagt Haubold. „Sie stehen bei uns im Mittelpunkt.“

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Diese Philosophie ist bei Porsche noch überraschend neu. „Unter der Führung Wendelin Wiedekings wurde Personal nur verwaltet, nicht entwickelt“, sagt BWL-Professorin Rump. „Heute ist das komplett anders.“

Nicht umsonst erhält auch Porsche den Deutschen Arbeitgeber Award. Vor allem im Bereich Karrieremöglichkeiten haben die Stuttgarter gut abgeschnitten. „Porsche schaut sehr genau hin, identifiziert und entwickelt Talente in allen Bereichen“, sagt Klös.

Vielversprechende Praktikanten werden in das Pole-Position-Programm aufgenommen und nach ihrem Praktikum mit Konzernnachrichten und Stellenangeboten zu Abschlussarbeiten versorgt. Ein wirksames Instrument: 86 Prozent der Mitarbeiter mit Hochschulabschluss waren zuvor Praktikant bei Porsche.

Wer mindestens drei Jahre beim Autobauer arbeitet und das Zeug zur Führungskraft hat, kann an einem zweijährigen Programm zur Nachwuchsförderung teilnehmen.

Die jungen Hoffnungsträger erhalten theoretischen Unterricht, verlassen aber auch für einige Monate ihre gewohnte Abteilung oder gar den Standort. „Das fördert das bereichsübergreifende, vernetzte und internationale Denken und Handeln“, sagt Elke Lücke, Leiterin der Personalentwicklung. Außerdem bekommen sie ein Projekt, an dem sie ihr erlerntes Wissen anwenden. Eine Gruppe organisiert derzeit etwa einen Wohltätigkeitslauf. Sie entwickelt nicht nur die Idee, sondern muss auch die Finanzierung klären und die gesamte Veranstaltung planen. „Uns ist es wichtig, dass sie das Projekt alleine stemmen“, sagt Lücke.

Lernen durch konkrete Projekte ist auch ein Bestandteil in der Berufsausbildung. Das neue Ausbildungszentrum in Stuttgart eröffnet im September. Dort steht unter anderem eine Lackieranlage, an der die Lehrlinge trainiert werden.

Doch die Entwicklung hört keineswegs nach der Ausbildung auf. Auch ältere Mitarbeiter aus der Produktion haben Zugang zu Sprachkursen und Fachtrainings. „Nur so können sie bei den Technologiesprüngen mithalten“, sagt Lücke.

Denn Ingenieure und Facharbeiter sind heute nicht mehr auf der Suche nach der klassischen Karriere, wo bei Firmeneintritt schon klar ist, wie die Laufbahn bis zur Rente aussieht. Hier mal eine neue Abteilung, da mal ein spannendes Projekt – so geht zeitgemäße Weiterentwicklung. „Was bei vielen nur Lippenbekenntnis ist“, sagt Rump, „hat Porsche innerhalb kurzer Zeit in Angriff genommen. Die Werdegänge sind in Bewegung.“

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