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Arbeitgeberranking 2020 Warum Absolventen die Autobranche meiden

Autobauer: Warum Absolventen die Autobranche meiden Quelle: dpa

Nach fünf Jahren Krise büßt Deutschlands Vorzeigeindustrie auch bei jungen Berufseinsteigern an Beliebtheit ein. Nur ein Sportwagenbauer kann sich im aktuellen Arbeitgeberranking gegen den Branchentrend wehren.

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Die deutschen Automobilkonzerne haben schwere Jahre hinter sich: Zuerst verloren sie an Glaubwürdigkeit bei Kunden und im Rest der Öffentlichkeit, weil einige Hersteller, allen voran Volkswagen, die Abgaswerte ihrer Dieselmotoren manipuliert hatten. Während die Branche damit beschäftigt war, die Scherben der Vergangenheit aufzusammeln, vergaß sie die Zukunft. In der Zwischenzeit fertigt der amerikanische Konkurrent Tesla elektrisch betriebene und annähernd selbstfahrende Autos in Serie und hat die hiesigen Hersteller in der Mobilität von Morgen vorerst abgehängt. 

Und als wären all die negativen Nachrichten nicht schon genug, bahnt sich nun ein neues Problem für die Autokonzerne an: Sie verlieren als Arbeitgeber bei Studierenden an Attraktivität. Das geht aus dem aktuellen Arbeitgeberranking der Employer-Branding-Beratung Universum hervor, das der WirtschaftsWoche exklusiv vorliegt. Rund 47.000 Studierende wurden befragt, bei welchen Arbeitgebern sie am liebsten nach dem Hochschulabschluss einsteigen würden. 

Darin lässt sich die Krise der Automobilkonzerne nun erstmals ablesen: Bei den Wirtschaftswissenschaftlern belegen sie zwar noch drei der ersten fünf Plätze, bei den Ingenieuren gar vier. Doch bei den Absolventen der Informationstechnik rutschen Audi, Daimler, BMW und Volkswagen sichtbar ab, bei Naturwissenschaftlern werden vor allem Daimler, BMW und VW unbeliebter. Und selbst dort, wo die Autokonzerne nach wie vor an der Spitze stehen, lässt sich ein Wandel erkennen: Sowohl unter den Ingenieuren als auch unter den Wirtschaftswissenschaftlern werden die deutschen Autokonzerne deutlich seltener als Lieblingsarbeitgeber genannt.

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Auch Zulieferer verlieren an Beliebtheit, so verliert etwa Bosch bei den Wirtschaftswissenschaftlern im Vergleich zum Vorjahr fünf Plätze und landet nun auf dem 13. Rang. Bei den Ingenieuren kann sich Bosch trotz Einbußen auf dem fünften Platz halten, derweil rutschen die beiden großen Konkurrenten Continental (minus vier Plätze) und ZF (minus zwei Plätze) sichtbar ab und landen nur noch auf den Rängen 23 und 25. 

Starke Konkurrenz aus den USA

Für Tina Smetana ist der Wandel der Branche hin zu einer nachhaltigeren Mobilität die Ursache für den sinkenden Zuspruch. „Viele der betroffenen Betriebe haben Stellenabbau in größerem Umfang angekündigt“, sagt Smetana, die das Deutschlandgeschäft von Universum verantwortet. Dazu kommt eine erstarkende Konkurrenz aus unerwarteter Richtung: Bei Wirtschaftswissenschaftlern landen die Internetkonzernen Google und Apple unter den vier beliebtesten Arbeitgebern. „Bislang wurden diese Plätze ausschließlich von den Autokonzernen belegt“, sagt Smetana. 

Doch nicht nur Daimler, BMW und Co. werden unbeliebter. Energiekonzerne wie RWE und E.On, Finanzinstitute wie die Deutsche Bank und Goldman Sachs oder Dienstleister wie PwC oder EY steigen im Ranking ebenfalls ab. „Die großen Wirtschaftsprüfer und Banken verlieren bei Wirtschaftswissenschaftlern nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Schweiz und in den USA an Beliebtheit“, sagt Tina Smetana. Sie vermutet eine geänderte Einstellung der Studierenden zum Arbeitsleben als Grund. „Sie wollen gutes Geld verdienen, aber dafür nicht mehr zwanzig Stunden am Tag arbeiten. Auch das, was prestigeträchtig ist, wandelt sich“, so Smetana, „Bei Banken hat der Markterfolg früher darauf eingezahlt, das fehlt nun. Da ist Google heute prestigeträchtiger.“

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Doch auch in Krisenbranchen ist es nicht unmöglich, sich dem Trend zur Wehr zu setzen. Bei den Autobauern widersetzt sich die Stuttgarter Volkswagen-Tochter Porsche dem Abwärtssog. Bei Wirtschaftswissenschaftlern hält Porsche sich auf dem zweiten, bei Ingenieuren auf dem ersten Platz, wenngleich auch Porsche hier in Maßen an Zuspruch verliert. Bei den Informatikern klettert Porsche um drei Plätze auf den vierten Rang – nur geschlagen von den Techgrößen Google, Microsoft und Apple. Und bei Naturwissenschaftlern zieht Porsche zwei Ränge nach oben auf Platz zehn. Selbst unter Geisteswissenschaftlern, die in diesem Jahr zum ersten Mal Teil des Rankings sind, ist Porsche auf dem 20. Platz deutlich besser postiert als alle Konkurrenten.

Für Tina Smetana ist es nicht nur sinnvoll, sondern überlebenswichtig, das Arbeitgeberimage auch in schweren Zeiten zu polieren. Denn die etablierten Unternehmen müssen sich mit immer neuen Konkurrenten um die jungen Talente streiten. Vor fünf Jahren gaben die für das Ranking befragten Studierenden noch im Schnitt 18 Arbeitgeber an, die für sie infrage kommen. Heute sind es fast 24. „Der Wettbewerb um die Berufseinsteiger wird besonders in den IT-Berufen stärker“, sagt Tina Smetana, „Nicht jedes Unternehmen wird die Talente bekommen, die es braucht.“

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